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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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durchaus nicht. Und irgendwie beruhigend. Leute, die unter falschem Namen lebten, waren Außenseiter der Gesellschaft. Und wenn sie ermordet wurden, waren sie selber schuld. Sie mußten zweifellos damit rechnen. Insoweit war ich immerhin noch ein echter Schweizer Bürger, um es so zu empfinden. Vermutlich bestand wirklich kein triftiger Grund, um Monsieur Bondy alias Sergiu Soundso zu weinen.
    Etwas getröstet machte ich mich auf den Weg zu Ruedi. Nicht ohne vorher Amigo das Abendessen in seiner Schüssel neben der Haustür zu servieren. Und siehe da – er hatte bereits darauf gewartet. Er tauchte wie ein Schatten aus den Büschen auf, begrüßte mich mit einem kurzen Schweifwedeln und begann dann zu speisen. Obwohl ich da herumstand.
    »Aus dir wird noch ein vernünftiger Hund«, sagte ich. »Ist gar nicht so schwer. Ich habe es dir ja gleich prophezeit. Du kapierst es schneller als viele Menschen. Da gibt es nämlich eine ganze Menge blöder Hunde darunter. Kannst du mir vielleicht erklären, warum das so ist?«
    Er konnte es nicht, und ich setzte meinen Weg zum Doktorhaus fort.
    Am nächsten Morgen verschlief ich beinahe die Stunde des morgendlichen Ausrittes. Es war spät geworden beim Ruedi und seiner Familie. Natürlich hatten wir uns zuerst über die Ereignisse des Tages unterhalten, und bis wir bei uns selber landeten, war die Schweizer Polizeistunde schon überschritten. Dabei leerten wir einen Krug Wein nach dem anderen, froh darüber, daß sich unsere alte Freundschaft so mühelos wieder einstellte.
    Ich erwachte mit einem Ruck, schaute auf die Uhr und sprang aus dem Bett. Nun aber los! Sonst ritt Annabelle ohne mich. Ich stieß den Fensterladen auf, blauer Himmel wie jeden Tag bisher, unten blitzte der See nicht weniger blau als der Himmel dem Tag entgegen. Schön! Wunderschön war es hier! Mein Kopf war leicht und frei, keine Spur von Kater, aber den bekam man eben bei unserem Wein nicht, auch wenn man ein paar Dezi zuviel erwischt hatte.
    Erst als ich ins Bad hinüberging, fiel mir wieder ein, was gestern passiert war. Ich warf einen schiefen Blick auf die Tür vom Apfelkammerli, die harmlos und alltäglich aussah, ganz unschuldig, als hätte sie nie ein furchtbares Geheimnis gehütet. Was eigentlich würde heute passieren? Kam die Polizei wieder? Würde Wachtmeister Schnyder, der Sheriff, mit grimmiger Miene weiterhin das Haus durchforschen, vielleicht auf der Suche nach anderen vermißten Sommergästen, oder kam der Kommissär aus der Kantonshauptstadt wieder heraus, um nach verdächtigen Spuren zu suchen? Das alles paßte so schlecht hierher. Ich konnte mir vorstellen, daß auch die Polizei in Verlegenheit war, wie man eine Untersuchung unter diesem strahlenden Sommerhimmel führte.
    Während mein Rasierapparat surrte, fiel mir auch alles andere wieder ein, was gestern passiert war. Meine Begegnungen abends im Park, erst der Kriminalrat a.D. aus Frankfurt, und dann die verstörte Ilona am Seeufer. Armes Mädchen! Ihr stand es bevor, heute den untersuchenden Herren mitzuteilen, was sie noch wußte, beziehungsweise zu wissen meinte. Auf jeden Fall wünschte ich ihr, sie hätte es mit dem Kommissär und nicht mit dem Sheriff zu tun.
    Tante Hille war schon auf und ließ mich nicht aus dem Haus ohne eine Tasse Kaffee und ein Gipferl. Meinen Einwand, daß ich nach dem Reiten frühstücken könnte, ließ sie nicht gelten. Nüchtern kam man bei ihr nicht über die Türschwelle, das wußte ich von früher her.
    Bojar war heute schon gesattelt und blickte mir gespannt entgegen. Er machte ein Gesicht, als freue er sich auf den Ausritt.
    »Na endlich!« sagte Annabelle und schwang sich auf Chérie. »Ich dachte schon, du hast verschlafen.«
    »Beinahe, teuerste Prinzessin«, sagte ich. »Ich war doch gestern beim Ruedi. Da ist es spät geworden.«
    »Ich habe heute nacht auch schlecht geschlafen«, sagte sie mit gerunzelter Stirn. »Diese Sache da von gestern, also ich mußte immer daran denken. Und Hélène war vollkommen fertig.«
    »Verständlich«, sagte ich. »Wie geht es ihr jetzt?«
    »Ach, ich glaube besser. Sie ist jedenfalls schon unterwegs.«
    »Unterwegs?«
    »Ja. Sie ist nach A. gefahren. Der Kommissär bat sie, heute hinüberzukommen. Ich nehme an, er will sich über die Gäste berichten lassen, die in letzter Zeit hier waren.«
    Und zu dem Jungen sagte sie in scharfem Ton, ehe wir losritten: »Bitte, Jeannot, misten Sie endlich heute die Boxen aus. Der Stall ist in einem verheerenden Zustand.

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