Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
unfehlbar hat also doch Furcht vor Schlangen!
Das Reptil zischte wieder und stieß noch einmal mit einem Fauchen zu. Verena war zu sehr in ihrem Triumph gefangen, um sich vor irgendetwas zu fürchten oder sich davon ernsthaft ablenken zu lassen. Sie fixierte weiter den Mann, und als der Schlangenkopf am Rande ihres Gesichtsfeldes auftauchte, schlug sie blitzschnell mit der Handkante zu. U nd jetzt bist du dran, Barwarin. Ohne einen weiteren Gedanken an die Schlange zu verschwenden, [40] ging sie auf Barwarin zu. „Die wollte ich dir noch zurückgeben du Hund!“, rief sie und ohrfeigte ihn.
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Es braucht einiges, einen so gestandenen Waldläufer aus der Fassung zu bringen. Verenas Methode funktionierte jedoch zuverlässig. Die beiläufige Exekution einer tödlich giftigen Schlange, nachdem sie demonstrativ ihre einzige Waffe weggeworfen hatte, hatte Barwarin vollkommen aus der Fassung gebracht. Daraufhin kam die junge Frau schreiend auf ihn zu. Er war sich sicher, jetzt erginge es ihm genauso wie dem Tier. Der Ausdruck in Verenas Augen war unverkennbar. Entscheidend zu spät riss er die Arme hoch, um den Hieb abzuwehren. Dabei boxte er, ohne es zu beabsichtigen, leicht gegen ihre Brust.
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Verena hatte nicht darüber nachgedacht, was sie tun würde, falls der Flegel sich wehrte. Doch einen Hieb gegen die Brust wollte sie sich nicht gefallen lassen. Rasch ging sie weiter auf ihren unmöglichen Retter los. Sie war zwar zornig, doch ihn mit Karatetechniken zusammenzuschlagen, kam nur im echten Notfall für sie infrage. Karate war für sie Sport und kein Mordwerkzeug. Sie verlegte sich auf das weniger brutale Judo. Ruck zuck lag der Mann im matschigen, sumpfigen Moos. Leider war ihr dieses Ergebnis nicht befriedigend genug. Daher griff sie wild entschlossen erneut an. Sie wollte den Mann nicht nur besiegen, sie wollte in seine Augen sehen, wenn sein Kampfwille brach und er aufgab.
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Die Frau war wie eine Furie. Immer wenn er wieder auf die Beine kam, machte sie diesen Erfolg sofort zunichte. Dafür schlug sie nicht einmal zu. Er konnte machen, was er wollte. Wenn er sich zurückhielt, griff sie ungestüm an, versuchte er seinerseits, sie zu packen oder umzurennen, flog er dadurch nur noch höher und weiter durch die Luft. Diese junge Frau war ein wahres Wunder! Bald begriff er, dass sie ihm mit nichts was sie tat wirklich schadete, und er begann, den Kampf zu genießen. Er versuchte, seine Angriffe zu variieren, und voller Bewunderung stellte er fest, wie sie seine Kraft stets vollkommen selbstverständlich gegen ihn wandte, als wäre er ein Tollpatsch. Sie besiegte ihn immer und immer wieder. Er selbst wandte kaum noch Kraft auf und genoss das wilde Spiel. Er merkte, dass diese H´Verena auf die Dauer ermüdete. Sie griff weiter an und ihr gehörte Sieg um Sieg, aber was sie eigentlich wollte, schien ihr zu entgleiten. Bald würde sie durch die Hitze ihre Attacken abbrechen müssen und irgendwie hätte sie dann verloren, ohne dass er sie auch nur einmal annähernd besiegen konnte. Er sah bereits den Schatten der Enttäuschung in ihrem Gesicht, das zu Beginn dieser Machtdemonstration so herrlich aufgeblüht war.
Er wollte sie auf keinen Fall verlieren sehen! Also ließ er sich nach Luft japsend auf den Rücken fallen. Verdammt, das hat sie durchschaut!
Mit gesteigerter Wut warf Verena sich auf ihn.
Eine Stunde später lagen beide vollkommen erschöpft und ohne Kleider nebeneinander. Barwarin fragte sich benommen, wo er in diesem Moment den Impuls hergenommen hatte, sie zu umarmen und zu küssen. Danach hatte es jedenfalls für beide kein Halten mehr gegeben.
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Verena war nun vollkommen verwirrt. Doch sie konnte nicht unglücklich darüber sein, was zwischen ihr und Barwarin geschehen war. Dazu war alles viel zu wundervoll gewesen! Ich verstehe den Mann nicht. Wenigstens bis gestern hat er mich noch gehaßt, so viel steht fest. Und jetzt? Nein, er hat nicht nur einfach mit mir geschlafen, weil er ein geiler Bock ist. Es war ihm wichtig, was ich spüre. Das war mit Bernd in den besten Zeiten nicht so. Oh Gott, ich habe aber keine Ahnung, was er jetzt für mich fühlt. Viel schlimmer noch, ich weiß nicht so recht, wie ich für ihn empfinde. Wenn das hier in irgendeiner Wohnung passiert wäre, würde ich jetzt erst mal fortrennen. Aber das ist der verfluchte, endlose Dschungel, aus dem man scheinbar nicht fortlaufen kann!
Also muss ich mir wohl hier und jetzt über einige Dinge klar werden.
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