Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
eigentlich zu eng für zwei war, die Hängematte.
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„ Nie sah ich eine unscheinbare Knospe zu solcher Pracht erblühen , nie einen Samen beim Keimen eine solche Kraft entfalten. Nie sah ich einen Strudel, der die Boote so schnell verschluckte, wie du, geliebte, verehrte, geachtete H´Verena dir das Wissen und das Wesen einer wahrhaftigen Waldläuferin aneignest. “
Barwarin staunte über sich selbst, dass ihm solche poetischen Worte über die Lippen kamen, obgleich Verena sie auch einige Tage, nachdem sie ein Paar geworden waren, noch nicht wirklich verstehen konnte. Er spürte, dass er einfach irgendwie ausdrücken musste, was er über sie dachte und fühlte. Verena verstand indes genug, um ihm mit einem warmen, liebevollen Lächeln zu antworten.
Sie hatten ihren Marsch gemächlich, aber stetig wieder aufgenommen. Auch wenn Barwarins Ziel nichtmehr die nächste geeignete Stadt war, in der er Verena loswerden könnte, so war es ihm, wie den meisten echten Waldläufern, ein Bedürfnis, in Bewegung zu bleiben. Außerdem hätte er Verena wohl kaum das Wesen des Waldes näherbringen können, hätten sie ein dauerhafteres Lager aufgeschlagen. Im Übrigen brauchte seine neue Gefährtin dringend eine angemessenere Ausrüstung, und dazu mussten sie größere Beutetiere erlegen. Von dem Weg in eine Siedlung, in der sie Ausrüstung, insbesondere aber die im Wald nicht zu bekommenden Metallgegenstände wie Machete, Beil, Messer und Blechtopf kaufen könnten, schreckte er vorerst zurück. Obwohl Verena keinerlei Interesse daran zum Ausdruck brachte, fürchtete er, sie würde ihn verlassen, wenn sie in Siedlungen kamen, die für sie, wie Barwarin glaubte, den gewohnten Lebensraum darstellten.
Die Beziehung zu Verena war bei Weitem nicht seine erste Frauengeschichte. Als berühmter Waldläufer war er in jeder Ortschaft, in die er kam, sofort ein begehrenswerter Held. Er hatte bisher keinen Anlass gesehen, warum er die allgemeine Verehrung durch Teile der Damenwelt nicht ebenso bereitwillig annehmen sollte, wie sie gewährt wurde. Die Meisten dieser kurzen Liebschaften, bedeuteten ihm wenig bis gar nichts. Fühlte er sich doch mal zu einer Frau stark hingezogen, musste er die Beziehung trotzdem rasch wieder beenden, da keine dieser Bekanntschaften bereit gewesen wäre, sein Leben zu teilen. Das war selbst bei seinen wenigen Beziehungen innerhalb der Waldläufergilde nicht grundlegend anders. Barwarin war dafür bekannt, ja berühmt, dass er sich auf allen Ebenen des Waldes, wenn auch mit einer gewissen Abneigung gegen die Pilzhöhlen, zu bewegen wusste. Von diesem Wissen machte er regen Gebrauch. Dabei wollte er sich nicht einmal auf seine Heimatregion, die gemäßigten Breiten nahe des Salzwassermeeres beschränken. Er war auch nicht bereit, bestimmte Pflanzengesellschaften, wie etwa den Egelwald, den sie gerade durchquert hatten, zu meiden. Damit überforderte er sogar seine Gildengefährtinnen so sehr, dass seine längste bisherige Beziehung ein Jahresachtel gewährt hatte. Verena war zwar unerfahrener als ein durchschnittliches Kleinkind, doch sie war vorbehaltlos bereit, alles zu lernen und überall hinzugehen, wo er es für richtig hielt. Auch wenn er sie bisher nur auf den mittleren Ebenen, vor allem dem Dämmerlichtbereich der Querstammzone geführt hatte, die für Unbedarfte erst einmal am leichtesten zu bewältigen waren, zweifelte er nichtmehr daran, dass sie eines Tages eine wahre ´Meisterin aller Ebenen´ werden konnte, sofern sie bei ihm blieb. Wenn sie nur bei mir bleibt.
Wenn sie gerade einmal nicht über hohe Querstämme eilten oder sich gegenseitig etwas lehrten oder, was häufig geschah, miteinander schliefen, versuchten sie sich so gut, wie es ihnen eben gerade möglich war, zu unterhalten. Meist ging es um das Leben, das sie bisher geführt hatten und um die Welt, wie sie sie kannten. Wenn es dieser Tage etwas gab, das Barwarin, abgesehen von der Sorge, Verena könne ihn in der nächsten Stadt verlassen, Unbehagen bereitete, so war es die Tatsache, dass er allzu vieles von dem was sie ihm mit stockenden, sehr lückenhaften Sprachkenntnissen sowie Händen und Füßen erzählte, nicht begreifen und einordnen konnte.
Es wunderte ihn kaum, dass sie von ihrer ´Heimatstadt´ als einem Ort redete, wo es nichts anderes als die Stadt gab - jedenfalls war es das, was Barwarin zu verstehen glaubte. Der Dschungel war einfach kein Teil ihrer Welt. Deswegen kannte sie hier nichts und musste alles wie ein
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