Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
ein Aufbruch nach Hause infrage gekommen war. Dazwischen hatten sie mehrfach ihren Lagerplatz verlegen müssen, entweder, weil die Naturschätze zu sehr ausgedünnt waren, oder weil irgendeine Gefahr, zum Beispiel in Gestalt eines großen Rudels Raubaffen, sich breitmachte.
Mittlerweile war ein Streit darüber ausgebrochen, ob man nun, da man wenigstens wieder etwas zusammenhatte, sogleich nach Hause zurückkehren sollte. Die Catjary erschien in dieser Situation wie ein rettender Engel. Nach nur minutenlangen Verhandlungen konnte Lena das gesamte bisherige Warenkontingent zu einem Spottpreis aufkaufen und eine Vereinbarung über die zukünftige Versorgung des Camps treffen. Die jungen Leute, die nicht länger bleiben wollten, konnten mit der Catjary-Expedition nach Hause zurückkehren. Unter Lenas Leuten fanden sich mühelos genügend, die bereit waren, die dadurch entstehenden Lücken zu schließen.
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Katja konnte ihr Glück nicht fassen. Vor drei Tagen hatte sie Waldläufer losgeschickt, um nach ihren Freunden suchen zu lassen. Die Expedition war überfällig, und es schien durchaus möglich, dass das ganze Unternehmen in einem tragischen Desaster geendet hatte. Sie hatte sich bitterste Vorwürfe gemacht, ein solch gewagtes Unternehmen angeleiert zu haben. Die Waldläufer waren bislang nicht zurückgekehrt. Dafür traf aber die Nachricht ein, dass ein vollkommen erschöpfter Zug von immer noch knapp zweihundert Abenteurern im Marktkontor aufgetaucht war.
Sofort leitete sie alles in die Wege, die Heimkehrer bestmöglich zu versorgen und auch, um die mitgebrachten Waren zu bergen. Denn diejenigen, die mit im Wald gewesen waren, konnte man zunächst nicht zu solchen Arbeiten einsetzen. Selbst Rolf hatte sich dort wo er ankam einfach im Schatten fallen gelassen und war sofort eingeschlafen. Lenas Bericht begann so krude und durcheinander, dass Katja nicht umhinkonnte, ihre Freundin unverzüglich ins Bett zu schicken. Mit Alf verhielt es sich nicht anders. Doktor Benthan diagnostizierte eine nicht weiter gefährliche Schürfwunde am Bein und große Erschöpfung.
Das Meiste musste bis zum nächsten Morgen warten. Dann, in der Phase bis zum ersten Gewitter, hörte sich Katja als Erstes den Bericht von Carrf und von den begleitenden Waldläufern an. So gewann sie einen Überblick über die Geschehnisse. Von Velinas und einigen Mitarbeitern aus dem Kontor ließ sie sich dann helfen, die Sortierung der Waren abzuschließen und die ausstehenden Löhne zu begleichen. Durch letztere Maßnahme schrumpfte auch das Volumen des neuen Warenkontingents auf ein leichter zu bewältigendes Maß zusammen. Die meisten Mitarbeiter akzeptierten Dinge wie Brennholz und Früchte, die zuletzt hauptsächlich gesammelt worden waren, um die Körbe randvoll zu machen, als Teil ihrer Bezahlung. Vieles, was nicht für den Seehandel geeignet war, konnten sie gleich aussortieren und direkt zum Verkauf im Marktkontor anbieten. Tatsächlich kamen erst dadurch die Mittel zur vollständigen Entlohnung der Arbeiter zusammen. Die Verzögerung machte nichts weiter aus, da viele sowieso noch einige Zeit im Kontor blieben, weil sie sich für zu erschöpft hielten, nach Hause zu gehen und weil sich hier Doktor Benthan als Betriebsarzt um ihre nicht seltenen Blessuren kümmerte.
Nach dem Nachmittagsgewitter forderte Katja Lena, Alf und Velinas einen ausführlichen Bericht und eine Einschätzung ab, wobei ihr Sekretär Protokoll zu führen hatte. Dann gab sie ihren Freunden bis zum Abend frei, damit sie die Pilchers im Haupthaus begrüßen konnten und Gelegenheit bekamen, es sich gut gehen zu lassen. Vermutlich werden sie die meiste Zeit in den kalten Bädern verbringen, dachte Katja sich.
Damit vermutete sie richtig, wie sie später erfuhr. Nachdem die erste Erschöpfung überstanden war, hatten diese Räume eine besondere Attraktivität. Im Hochsommer wurde sogar ein höherer Eintrittspreis verlangt, um zu verhindern, dass die ganze Stadt in dieses kühle Refugium drängte. Sollen sie ruhig ihren halben Lohn heute schon dort ausgeben. Dann sind sie wenigstens frisch, wenn wir unsere Lagebesprechung in der Frühnacht machen. Und ich habe Ruhe, meinen eigenen Teil zu tun, mir zu überlegen, was sich aus den interessanten Entwicklungen machen lässt und schon einmal ein bisschen die Puppen tanzen zu lassen ….
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Katja hatte in der Frühnacht aus eigener Tasche ein hervorragendes Buffet für ihre Freunde in das Besprechungszimmer im Hauptsitz im
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