Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
die große Druckmaschine wurde sogar abgestellt. Dafür schien der Verkehr in den benachbarten Bibliotheksräumen zugenommen zu haben.
Nach dem Essen blieben Konstantin und Cenimnir nicht mehr lange. Die Beiden bekamen jeder einige kleine Eisenbarren ausgezahlt, dann brachte Cenimnir Konstantin nach Hause. Er bedeutete Konstantin, er solle sich den Weg merken. Obwohl er es jetzt offenbar eilig hatte, hielt er bei einem Straßenhändler an, der unter anderem robuste Arbeitsmesser und Macheten verkaufte. Nach einigem Handeln erstand er für Konstantin beides. Die Summe, die er auslegen musste, betrug ein Vielfaches dessen, was Konstantin heute verdient hatte, und Cenimnir legte durchaus Wert darauf, Konstantin klar zu machen, dass er das Geld zurückzahlen müsse. Die heutigen Einnahmen wollte er aber nicht annehmen. Erst als sie wieder in Konstantins Unterkunft ankamen, gelang es ihm zu erklären warum: Das Geld brauchte Konstantin vollständig für die Miete. Für ´H´Selljin´. Richtig, so heißt der Kerl, der mich heute Morgen oder wie man das nennen soll, aufgelesen hat. Dann gehört ihm also mein Haus. Wie soll ich die Miete bezahlen und Cenimnir zurückzahlen, was er mir geliehen hat, wenn ich am Tag nur sieben von diesen Eisenstücken verdiene?
Cenimnir hatte sich verabschiedet. Konstantin fiel nun ein, dass er sich da womöglich zu viele Sorgen machte. Immerhin konnte er nicht erwarten, an einem endlos langen Tag nur ein paar Stunden arbeiten zu müssen, um genug zu bekommen, sich eine Grundausstattung zu kaufen und einen Bungalow zu mieten. Ich habe wirklich Glück gehabt, so schnell Freunde zu finden.
Kurze Zeit später brach ein weiteres Gewitter los. Konstantin versuchte, es in der Laube auszusitzen. Diesmal fiel etwas mehr Regen, doch das Meiste spielte sich erneut unten im Tal ab. Anschließend kam die Sonne noch einmal heraus, und Konstantin döste im Stuhl an seinem Gartenteich. Dann setzte Dunkelheit ein und ein Moskitoschwarm fiel über ihn her. Er flüchtete in seine Schlafhütte, und bald darauf sank er in lebhafte Träume. Zunächst blieb alles verwirrend. Zwischendurch schreckte er auf, erinnerte sich aber nur noch unbestimmt daran, dass der Drucker Ganem ihn beschimpft und auf Spanisch aufgefordert hatte, ihm immer mehr Miete zu bezahlen. Als er dafür nicht genug hatte, nahm er ihm sein neues Messer und die Machete weg. Na, was der Traum bedeutet, ist ja nun wirklich nicht schwer zu erraten.
Nur wenige Minuten lag Konstantin wach und lauschte auf die Straßengeräusche, die trotz der Finsternis anhielten, dann döste er wieder ein. Jetzt wurden seine Träume angenehmer. Die Leute nannten ihn hochachtungsvoll ´H´Commissar Constantin´ und er schritt durch diese wunderbare Welt, um im Sherlock Holmes–Kostüm, mit reihenweise genialen Einfällen schwierige Kriminalfälle aufzuklären. Dieser Traum gefiel ihm ungemein gut. Später dachte er daran zurück und war nicht sicher, ob er nicht trotzdem nur den zweiten Platz belegte. Denn danach erschien ihm die wunderschöne Frau aus der Bibliothek, die er frech ´ H´Ciwarthan´, also ´wichtiger, wunderbarer Mensch´ getauft hatte. Doch in seinen Träumen konnte er schon einiges von dem anwenden, was er später am Tag gelernt hatte, deshalb betonte er den Begriff jetzt korrekt als ´H´CiwarTHAN´, was ´wichtige und wunderbare Frau` bedeutete. In seinem Traum sollte diese kleine Korrektur ganz entscheidend für die Handlung werden.
Nie endende Nacht
Verena war sich vage bewusst, dass sie nicht bei Verstand war. Sie hatte keine Kontrolle über ihre Gedanken und Handlungen. Erst jubelte sie haltlos, weil sie die anderen Judokas wiedergefunden hatte. Bernd küsste sie sogar auf den Mund! Ein Teil ihres Wesens reagierte darauf mit erheblichem Selbstekel, ein anderer mit jäh aufflackerndem Begehren. Ihr überwiegendes Gefühl war blanker Hass. Daher begann sie, die am Waldboden gesammelten leuchtenden Steine nach Bernd zu werfen. Sie war aber mit der Auswahl ihrer Ziele nicht zimperlich und bedachte alle Anderen ebenfalls reichlich.
Da überwanden ihre Mitstreiter schlagartig ihre Lethargie und rangen sie zu Boden, wo sie sie festhielten und mit zwei Judogürteln fesselten, damit sie sich und andere nicht verletzen konnte. Verena, die nicht nur den meisten im Judo überlegen, sondern zu allem Überfluss auch noch eine Meisterin in Karate war, machte von diesen Fähigkeiten trotz ihres Zustandes effektiv Gebrauch, bevor ihren Gefährten das
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