Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
ganz frei war, besser als bei früheren Besprechungen. Erik rückte, soweit das in dem für so viele Menschen engen Raum möglich war, von der eifrigen Diskussion ab und hörte nur noch mit einem Ohr hin. Das würde allemal reichen. Wenn er sich später noch entschloss, seine Meinung zu äußern, war das ja auch nicht verkehrt. Um sich abzulenken, starrte er hinaus in die winterlich wirkende Gebirgswelt. Hinter ihm artete die Diskussion in einen heftigen Streit aus. Die Stimmen wurden lauter und bekamen einen gereizten Unterton. Dass wenigstens niemand ausfallend wurde oder herumschrie, war nur Katjas Einfluss zu verdanken. Von den lauten Stimmen angelockt kamen nach und nach alle Anderen dazu und quetschten sich halb in den Raum. Zu Eriks Entsetzen ließen sie es nicht dabei bewenden, sich über die Situation ins Bild setzen zu lassen, sondern fühlten sich berufen, Beiträge zu leisten. Aus den meisten sprach eher nackte Überlebensangst als kluge Abwägung der Argumente. Woll´n die denn gar nicht mehr aufhören? Das bringt doch sowieso nichts.
Katja rief schließlich alle energisch zur Ordnung: „Schluss jetzt! Ich denke, ich konnte mir ein Bild von eueren Positionen machen. Wenn ich noch Anführerin sein soll, werde ich mich jetzt allein mit Lena beraten und eine Entscheidung fällen, wie wir vorgehen. Also, wie gesagt, wenn ich weiter eure Anführerin sein soll, lasst uns jetzt allein und diskutiert draußen weiter Ausrüstungsfragen.“
Tatsächlich reichte Katjas Autorität aus, um sich durchzusetzen, wie Erik fasziniert beobachten konnte. „Erik, du solltest auch rausgehen, wenn du Katja nicht als Chefin beschädigen möchtest!“, mahnte Lena streng an.
Verdammt, wie sag´ ich das jetzt, ohne dass die glauben ich hätt´ was gegen Katja als Chefin? Wenn ich weiter stumm hier stehe wird Lena tierisch sauer. Ich muss aber erzählen, was ich gerade gesehen habe. Ich muss!
„Äh, ihr sollt alles entscheiden“, erklärte Erik erst mal mit unsicherer Stimme, wusste dann aber nicht, wie er weitermachen sollte und verstummte.
Kurz bevor Lena ihn zur Schnecke machen konnte, weil er noch hier war, fühlte sich Katja genötigt einzugreifen: „Erik, du hast hart an der Ausrüstung gearbeitet und zu der Diskussion hast du kaum mehr etwas gesagt. Also wenn du jetzt noch mal kurz deine Meinung zusammenfassen möchtest, tu das. Dann musst du aber gehen!“ Katja brachte sogar ein ermutigendes Lächeln zustande.
„Äh, ja, genau, das will ich! Ich weiß nur nicht richtig, wie ich das sagen soll!“, stieß Erik dankbar für dieses Lob und die Aufforderung, seine Meinung zu sagen hervor. „Ich habe vorgeschlagen, dass wir nach der Polarstation suchen sollen. Ich hab´ meine Meinung geändert. Es gibt keine Polarstation hier.“
Die beiden jungen Frauen sahen ihn an, als habe er endgültig den Verstand verloren. Irgendwann ging Erik auf, dass er noch gar nicht alles erklärt hatte. Verlegen auf einem Bein stehend fuhr er fort: „Kapitän Sven hat sich geirrt. Wenn ihr rausschaut, werdet ihr sehen, dass es mittlerweile eben doch dunkel wird. Das ist aber nicht der Polarwinter. Auch am Südpol gibt es nur einen Mond. Und der ist auch nicht so groß und grün.“
*
Konstantin betrachtete fasziniert die riesige, mit Wasserkraft betriebene Druckmaschine. Er stellte erstaunt fest, dass einige wenige Teile daran, wie etwa die Abdichtungen der Tintenkartuschen, aus Kunststoff bestanden. Er hatte in der Stadt keinen Plastikgegenstand gesehen und war sich sicher, dass er so etwas bemerkt hätte. Also stellen sie hier Kunststoff her, wenn irgendwas mit Holz und Metall gar nicht mehr umzusetzen ist, schloss er. Das Ding ist nicht kleiner als die Geräte, die bei uns in einer Großdruckerei standen, als Zeitungen noch auf Papier gedruckt wurden. Langsam läuft das Ungetüm auch nicht gerade.
Cathur ließ ihm nicht viel Zeit, um sich alles anzusehen. Stattdessen stellte er ihn mehreren Leuten vor, die hier arbeiteten. Banem, Cuma und Venigara waren die einzigen Namen, die er sich so schnell bei der ganzen Ablenkung merken konnte. Ihm fiel auf, dass die Anderen Cathur als „Senimnir“, ansprachen und hatte Mühe, die Frage, wieso das so sei, zu klären. „Cathur“, sei sein Beruf, nicht sein Name, vermittelte ihm der Mann, den er jetzt wohl Cenimnir nennen musste. Eine Erklärung, was genau dieser Beruf sei, erhielt Konstantin erst viel später. Jetzt war es … Cenimnir … viel wichtiger ihm zu vermitteln, wozu
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