Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
gab es Menschen, die etwas Positives in ihm sehen konnten, ob er ihnen dazu nun Anlass gab oder nicht.
Es kam noch besser, als sie ihn auf die Südamerikatour mitgenommen hatten. Erst konnte er sich nicht richtig mit der Idee anfreunden, weil er dazu seinen Fernseher zurücklassen musste. Aber auf der Reise hatte er jeden Tag, ja fast jede Stunde Dinge tatsächlich zu sehen bekommen, an die er nie wirklich geglaubt hatte. Alles war ein großes Abenteuer. Das Beste daran war, dass er gebraucht wurde. Wie oft war seine Kraft nötig gewesen, etwa um Alf, der sich den Fuß verstaucht hatte, bis zur nächsten Ortschaft zu tragen? Einmal war ihm gelungen, einem Einheimischen ein Leinenzelt für eine alte Taschenlampe abzuhandeln. Diese Leistung hatte er allein dadurch erzielt, auf Deutsch auf den Mann einzureden und ausgiebig zu gestikulieren. Wie hatten ihm die Anderen da auf die Schulter geklopft!
Jetzt kann ich für immer so leben! Das war sein erster und wichtigster Gedanke, als ihm die Anderen die veränderte Situation erklärt hatten.
Aber die machen wirklich alle viel zu viel Stress. Is´ doch so. Alles is´ gleich ´n Drama. Warum soll´s mich stör´n, dass die Nacht nu schon 26 Stunden dauert. Is´ doch wurscht. Aber da labern Katja, Lena und der Kapitän ewig dran rum. Wir sollten einfach loslaufen, dann komm´n´wer auch irgendwo hin.
Allerdings hatte selbst Rolf seine Sorgen: Hoffentlich gibt´s hier Schnecken. Eigentlich dacht´ ich, ich könnt´ was mit Lena anfangen. Fällt ja wohl jetz´ flach. Und mit Katja penn´n wär´ mir zu stressig.
Mit ´Schnecken´, das sei hier angemerkt, meinte Rolf natürlich schöne Frauen, in denen er grundsätzlich potenzielle Sexualpartnerinnen sah. Irgendwelche weitergehenden Anforderungen stellte er an seine wechselnden Gefährtinnen auch nicht.
Wer ihn nun für diese Denkweise verachtet, hat natürlich zunächsteinmal recht. In jeder Hinsicht, die nichts mit Sex zu tun hatte, waren Frauen für ihn aber einfach nur Menschen. Er hielt sie nicht für dümmer, schwächer, launischer als Männer. Anders als viele wohlsituierte Gutbürgerliche kannte er keinerlei Verachtung für das andere Geschlecht. Wenn seine Sprache dennoch abwertende Begriffe enthielt, dann nur, weil er sich nichts Böses dabei dachte, so daher zu reden, wie er es allzu oft bei Anderen gehört hatte. So viel muss man ihm zugutehalten.
*
Mitten in der endlosen Nacht wachte Konstantin auf und stellte fest, dass er ausgeschlafen war. Er beschloss, aufzustehen und sich zu beschäftigen. Konstantin tastete sich im Dunkeln zum Abort, dann in die Küche. Von den Lebensmitteln war nicht viel übrig. Das Wenige aß er aber auf. Dann spülte er den letzten Teller und beschloss, dass jetzt Tee gut wäre. Es gelang ihm nach geduldigem Herumprobieren mit einem herumliegenden Feuerstahl, ein neues Feuerchen zu entfachen und in einem der Töpfe Wasser zu kochen. Irgendwelche Zutaten für Tee hatte er aber nicht. Deswegen goss er einfach heißes Wasser in seinen bayerischen Humpen und beschloss, es Tee zu nennen.
Auf den Straßen war es jetzt absolut still. Fasziniert betrachtete Konstantin den grünen Mond und fragte sich, ob dort wohl auch einmal durch eine Laune des Schicksals Menschen gelandet waren und was sie dort vorfanden. Viel interessanter ist eigentlich die Frage, wie es bei mir weitergehen soll. Ich denke, ich muss so schnell wie möglich gezielt anfangen Cathur … ach nein, Cenimnir … über die genauen Verhältnisse hier auszufragen, und mir einen Plan machen. Genau genommen weiß ich so ziemlich überhaupt nichts über diesen Ort.
Ich brauche vernünftige Kleidung, wie sie alle tragen. Vielleicht will jemand meine Winterklamotten kaufen, die könnten hier was Besonderes sein. Am besten ich geh´ mal in die Laube und knoble auf den Schiefertafeln aus, was ich alles rauskriegen muss, um zurechtzukommen, und wie ich Cenimnir begreiflich mache, was ich wissen will. Außerdem kann ich jetzt genauso gut ein paar Vokabeln pauken. Es ist zwar ein wenig dunkel, aber vielleicht kann ich morgen eine Lampe organisieren.
Einige Stunden lang übte Konstantin Vokabeln. Er stellte zusammen, was er seiner Ansicht nach alles zum Leben brauchte und welche Fragen er von Cenimnir am dringendsten beantwortet haben wollte. Irgendwann fühlte er sich wieder müde und ging erneut schlafen.
*
Die allgemeinen Geschäfte in der Stadt waren in diesen Stunden vor dem Morgengrauen auf ihrem Höhepunkt.
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