Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Außerdem hatte sie die heftige Bewegung in der dicken Judokleidung bei mehr als tropischen Temperaturen überhitzt, und diese Informationen begannen verräterische Teile ihres Hirns jetzt zu verarbeiten.
*
Alexander war bei dem Kampf nicht ernstlich verletzt worden. Er hatte letztlich zwei Gegner mit Schulterwürfen in die Tiefe geschickt. Er lebte und stand aufrecht. Lisa hingegen war nur bis in eine sitzende Position gelangt und betastete ihren langen Schnitt und eine weitere Axtwunde auf der Stirn, die auch zu ihrem Sturz geführt hatte. Ihre Hände und das zerfetzte Unterhemd waren voller Blut. Alex fühlte sich erst mal einfach nur überfordert. Dann gelang es ihm, sich zusammenzunehmen. Die Blutung stoppen. Dafür brauche ich Verbandsstoff. Muss wohl meine Ärmel mit einem von diesen Steinbeilen zerteilen.
Nachdem er zumindest den tiefsten Bereich von Lisas Wunde verbunden hatte, zog er dem Mädchen noch seine eigene, nun ärmellose Jacke über. Das zerrissene Unterhemd bedeckte, so zerrupft, wie es jetzt war, die gerade erst wachsenden Brüste des jungen Mädchens nicht mehr. Es war ihr überdeutlich anzusehen, wie sehr sie sich deswegen, trotz aller viel gravierenderen Probleme, schämte.
Nachdem er damit fertig war, musste Alex erkennen, dass Verena aufgehört hatte, zu kotzen und in ihrem eigenen Erbrochenen kollabiert war. Er rollte sie sogleich in stabile Seitenlage. Dann erst kam er auf den Gedanken, Herzschlag und Atmung zu überprüfen. Ich mache alles in der falschen Reihenfolge! Aber zumindest lebt sie anscheinend. Warum ist sie überhaupt abgeklappt?
Seine Untersuchung brachte die neue, mit einem großen Blutfleck umgebene Verletzung am unteren Rücken Verenas zum Vorschein. Doch Alex kam zu dem Schluss, dass die schmutzige Wunde zwar später noch zum Problem werden könnte, dass aber die Blutung so gut wie gestoppt hatte. Er zog es vor, sich hier nicht an einem Verband zu versuchen. Alexander bemerkte seinen eigenen unerträglichen Durst und kam endlich auf den Gedanken, dass vielleicht Wasser eine Besserung von Verenas Zustand bewirken könne. Er köpfte eine Liane mit einem erbeuteten Steinbeil und war positiv überrascht, wie gut das ging. Er wollte Verena schon den herauslaufenden Saft einflößen, als er registrierte, dass das Zeug auf seinem Arm brennende rote Flecken hinterließ. Das war wieder mal knapp! Ich hätte dran denken müssen, den Saft zu testen. Jetzt kann ich aber nicht viel herumsuchen. Blätter mit Wasser drin gibt es hier reichlich. Ich kann da jetzt nicht wählerisch sein, die Mädchen brauchen sofort viel zu Trinken und ich auch.
Tatsächlich gelang es ihm, Verena Wasser einzuflößen. Er schnitt außerdem einige große Blattschalen ab, die gleich mehrere Liter von dem kostbaren Nass enthielten, und stellte sie neben Lisa. Verena war zwar mittlerweile aufgewacht, aber sie war so benommen, dass er sich sicher war, dass sie noch für längere Zeit handlungsunfähig wäre, vorausgesetzt, dass sie nicht sowieso starb. Ich kann keine inneren Verletzungen ausschließen. Dieses pessimistische Denken hilft mir jetzt nicht! Ich muss schleunigst nach Mira und Bernd suchen. Vielleicht haben sie überlebt und brauchen meine Hilfe. Dazu muss ich aber die Mädchen allein lassen.
„Lisa! Ich klettere jetzt da runter und suche nach Bernd und Mira! Du solltest noch liegenbleiben, wenn möglich. Aber es wäre gut, wenn du Verena viel von dem Wasser einflößen würdest, das ich euch hingestellt habe. Hier, ich lege dir einen schweren Knüppel und eins von den Steinbeilen hin. Damit kannst du dich verteidigen. Versuch trotzdem zu rufen, wenn irgendwas nicht stimmt.“
Lisas Antwort war nur ein Flüstern: „Schau auch, dass die Schweinehunde alle tot sind! Und Alex? Danke.“
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Verena kam, wie Alexander vermutet hatte, langsam und zudem mit pochenden Kopfschmerzen wieder zu sich. Lisa, die krampfhaft einen Knüppel umklammert hielt und sich die ganze Zeit angstvoll umsah, war ihr in dieser Zeit keine große moralische Unterstützung. Zu ihrer ungeheuren Erleichterung stellte sie fest, dass Alex bereits zurückkehrte. „Hast du sie gefunden, Alex?“, fragte sie unumwunden.
„Ich habe Spuren gefunden. Die sind nach einem tiefen Fall in einem sehr dicken Moospolster gelandet und haben sich anschließend da rausgewühlt. Ich weiß nur nicht, wo sie hin sind. Ich hatte einen von den Leuchtsteinen dabei. Aber sehr weit habe ich mich dort unten nicht vorgewagt. Da gingen
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