Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
dass ich mich öfter herbemühen könnte, und mit meinen Studien läuft mir die Zeit davon. Aber da ich heute Morgen sowieso noch zum Klinkenputzen in der Neustadt zu tun hatte, konnte ich nicht widerstehen noch einmal hierher zu kommen, bevor ich zur Bibliothek gehe. Außerdem weiß ich nicht, wie lange ich dies noch genießen kann. Auf der Feier vermochte ich, diesen schrecklich aufgeblasenen Saladan zu überzeugen, für mich einzutreten, aber möglicherweise reicht das nicht. Wenn ich ehrlich bin: Ich kann nicht behaupten, dass es für die Stadt wirklich vorteilhaft wäre, mich gewähren zu lassen. Meine Studien bringen ja niemandem etwas, obzwar ich am Ende einige Aufzeichnungen hierlassen werde. Jedenfalls sind es zu meinem Bedauern gerade die vernünftigeren Entscheidungsträger, wie etwa Celljin, die ich nicht von meinem Standpunkt überzeugen konnte.“
„Wie kann es vernünftig sein, Euch aus der Stadt vertreiben zu lassen!“, fuhr Konstantin empört auf. Doch Vaíl unterbrach ihn, indem sie ihm erneut sanft über den Arm strich.
„Constantin, ich bitte Euch. Es ist nun einmal so, dass die natürlichen Ressourcen von Großstädten generell eng begrenzt sind. Zu viele Einwohner können den Tod einer Stadt und letztlich der meisten ihrer Bewohner bedeuten. Ich persönlich würde alles tun, um meine Heimatstadt zu schützen! Alles. Ich verstehe daher auch gut, dass man hier darauf achtet, dass die Richtlinien für die Länge von Besuchen eingehalten werden und Ausnahmen nicht allzu freimütig gewährt werden. Ich bin auch nicht in einer Notlage, die rechtfertigen würde, Hilfe zu verlangen. Wenn ich nicht mehr bleiben kann, ist es mir möglich, einfach so ein Schiff zu besteigen und die Bibliotheken der nächsten Stadt an der Küste zu nutzen. Das wäre ärgerlich, weil es hier wertvolle und einzigartige Quellentexte gibt und weil ich mich inzwischen auch ein wenig zu Hause fühle. Aber tragisch wäre es nicht. Außerdem könnte ich in einem Jahr zurückkehren.“
„Entschuldigung, ähm ich wollte nicht … ich meine … ähm. Für einen Besuch bei mir werdet Ihr aber doch hoffentlich trotzdem noch Zeit finden, oder?“, fragte Konstantin.
Die Erschütterung in seiner Stimme musste sowohl für Cenimnir als auch für Vaíl unverkennbar sein. Cenimnir schüttelte nur unmerklich aber stumm den Kopf.
Vaíl dagegen lachte erneut ihr offenes Lachen. „Constantin! So viel Zeit hattet Ihr doch noch gar nicht, Euch in mich zu verlieben“, entgegnete sie ohne Spott in der Stimme. „Sorgt Euch nicht zu sehr um mich. Noch ist ja nichts entschieden. Und natürlich stehe ich zu meinem Wort und besuche Euch zu Hause. Nein, wartet! Mehr als nur einmal. Ich hoffe damit könnt Ihr Euch für den Anfang zufriedengeben. Aber genug von mir. Ich brenne vor Neugier, was Ihr mir von Eurem Treffen mit Celljin preisgeben könnt. Ich sagte doch schon, dass ich ein neugieriger Mensch bin, oder? Zu viel über mich selbst zu reden, langweilt mich nur. Das wollt Ihr mir doch wohl nicht zumuten.“
Jetzt war es an Konstantin, sich ein Auflachen zu gönnen. Er erzählte Vaíl mit großer Begeisterung von den neuen Möglichkeiten, die sich in der vergangenen Nacht in seinem Leben eröffnet hatten. Sie berieten zu dritt noch einmal, wie es bei diesem Plan mit Konstantins finanzieller Sicherheit stand, konnten aber keine ernsthaften Probleme erkennen.
Schließlich brachen sie gemeinsam von dem See auf, um zum Neustadttunnel und zurück in die Altstadt zu wandern. Dabei verlor Konstantin einen großen Teil seiner Befangenheit. Immerhin war jetzt keiner von ihnen mehr nackt. Noch bevor sie den mehrere Kilometer langen Durchgang in die Altstadt erreichten, waren sie eifrig damit beschäftigt im Detail zu planen, was Konstantin alles für sein Eigenheim benötigen würde, wenn es ihm denn erst gehörte.
Cenimnir konnte Konstantin erst bei einer späteren Begebenheit über die Dinge aufklären, die er über die Tunnelanlage zu sagen hatte, etwa dass es bereits zwei mit Karren befahrbare Röhren für beide Richtungen gab und dazu drei engere Fußgängerröhren und das weitere im Bau waren.
Statt sich mit diesen Dingen zu befassen, heckten Vaíl und Konstantin den Plan aus, den Holzschuppen auf seinem Grundstück abzureißen und durch ein kleineres Steinhaus zu ersetzen. Dadurch würde der malerische Platz am Teich etwas vergrößert werden. Nachdem sie den Tunnel durchquert hatten, musste Vaíl bald nach links zur Bibliothek
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