Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
hatten.
Für Alf war die Aufgabe übrig geblieben, in der Druckerei zu bleiben und die Druckaufträge zu überwachen und von hieraus die Aushänge zu organisieren. Er war entnervt, da in dieser Mittagszeit nur wenige Setzer und Drucker bei der Arbeit waren. Manche von ihnen waren offenbar nicht einmal die Schnellsten.
„Tja, Ihr hättet wohl etwas früher oder später kommen müssen, wenn Ihr es so eilig habt. Außer Senigara, die die Handpresse bedient, ist niemand in diesem Raum von der Stammbelegschaft. Da kann es schon mal dauern“, meinte einer der Setzer mit gleichmütigem Ausdruck.
Der Mann war Alfred von Anfang an besonders unsympathisch gewesen. Nicht weil er etwas Unfreundliches gesagt oder getan hätte, sondern weil seine Kleidung nicht richtig zu einem einfachen Setzer passen wollte, da sie auf das, was hier als gehobene Eleganz und leichte Extravaganz gelten mochte, ausgelegt war. Jetzt erwies sich der Mann möglicherweise dennoch als hilfreich, indem er sagte: „Diesen Aushang könnt Ihr Euch vielleicht ersparen. Eine Freundin von mir ist wahrscheinlich genau die Architektin, die Ihr sucht. Sie heißt Vilana. Wenn Ihr ihr erklärt, dass sie eine fortschrittliche Infrastruktur für eine ganze Kleinstadt entwerfen soll, wird sie wahrscheinlich ausflippen vor Freude.“ Der Mann unterbrach sich um seine Koteletten zu zwirbeln. Dieser ungewöhnliche Bartwuchs begann gerade, Alfs Interesse zu wecken, als der Setzer seine Gedanken unterbrach, indem er weitersprach: „Soll ich den Druck davon erst mal zurückstellen, bis Ihr mit ihr gesprochen habt? Hier: Ich notiere Euch ihre Adresse. Grüßt sie von ´Canadalith´. Dann weiß sie, dass Ihr auf meine Empfehlung hin kommt.“
„Danke“, erwiderte Alfred lakonisch. Im Moment war er nicht in der Stimmung seinen schlechten Eindruck von seinem Gegenüber wegen einer einzelnen Freundlichkeit zu korrigieren. Dennoch rang er sich zu einem kurzen Lächeln durch. Er kann ja nichts dafür, dass ich Kopfschmerzen habe und mir die verletzte Backe wehtut , dachte Alf, dem bewusst war, dass seine Vorurteile nicht wirklich angebracht waren.
*
Einige Stunden später hatten sich alle wieder zusammengefunden. Nachdem sie sich lange über den Fortschritt ihrer bisherigen Arbeit hier ausgetauscht hatten, beschloss Lena, es für den Rest des Tages ruhiger angehen zu lassen und gemeinsam durch die Stadt zu schlendern. Irgendwann merkte sie, dass sie in der Nähe des Hauses der empfohlenen Ingenieurin sein mussten und beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und dort gleich einmal vorbeizuschauen.
Das winzige Häuschen wirkte verlassen. Auf ihr Schellen rührte sich erst mal nichts. Lena wollte schon wieder gehen, da wurde die Hoftüre doch noch aufgerissen und eine verweint aussehende, junge Frau stand da und fragte: „Ja? Wie kann ich Euch helfen?“
Rolf reagierte zu Lenas Überraschung als Erster. Bevor jemand anderes etwas sagen konnte, trat er vor und reichte der verdutzt wirkenden Frau ein sauberes Stofftaschentuch. „Bitte verzeiht unsere Nervung. Nein, ich mein´ Störung, richtig? Ich wird Rolf genannt. Aber das soll nicht sagen, dass ich ein schlechter Mensch. … ein schlechter Mensch bin, wollt´ ich sagen. ´Rolf´ ist einfach nur ´n komischer Name von weit her, ja? Denk nicht böse von mir. Das hier sind Velinas, Calfred und meine Chefin C´Lena.“
Einen Augenblick war Lena zu verblüfft, um etwas zu sagen. Was war aus dem Rolf geworden, den sie kannte? Dieser hier jedenfalls hatte sich richtig bemüht, die korrekten Worte zu finden. Wenn er auch gutmütig war, so überraschte es sie doch, zu sehen, dass er so rasch und Aufmerksam auf die Bedürfnisse der jungen Frau eingehen konnte. Kann es sein, dass der Frauenheld Rolf sich gerade jetzt erstmals in seinem Leben wirklich für eine Frau interessiert? Noch dazu für eine, die er erst einen Sekundenbruchteil lang kennt? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Jedenfalls schaut er, für seine Verhältnisse, gehörig verklärt drein, dachte Lena.
Sie besann sich endlich auf ihr Anliegen: „Entschuldigt, wenn wir in einem ungelegenen Augenblick kommen. Wir würden gerne die Ingenieurin sprechen, die hier wohnen soll. Eure Mutter nehme ich an?“
Die junge Frau lächelte matt. „Das passiert mir andauernd. Nein, meine Mutter verstand nicht das Geringste von Technik. Ihr wollt zu mir. Ich bin Vilana“, erklärte sie, um daraufhin erst einmal entschlossen Hände zu schütteln. „Ihr könnt jetzt gerne
Weitere Kostenlose Bücher