Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
das Unheimliche daran bemerkte.
»Vielleicht sollte ich lieber gehen«, sagte sie.
»Vielleicht.«
»Es tut mir leid.«
»Das muss es nicht. Wie du schon sagtest – es gibt immer etwas Neues, womit man sich arrangieren muss.«
Er lächelte sie an und umarmte sie auf eine freundliche, aber nicht überhebliche Art. Er war wirklich ein toller Kerl, und sie hätte sich fast eingeredet, dass sie ihre Hungerattacken genauso gut ignorieren und mit dem Date weitermachen konnte. Da knurrte ihr Magen.
»Entschuldige mich bitte.«
Sie eilte zurück zu ihrer Wohnung und riss die Tür auf. Die Monster saßen im Wohnzimmer und sahen fern. Außer Vorm.
»Wo ist er?«, fragte sie.
Sie deuteten in Richtung Küche.
»Natürlich, wo sonst?«
Sie fand Vorm den Hungrigen über den Küchentresen gebeugt, wo er Thunfischsalat auf Brot verteilte.
»Was soll das?«
»Ich mach mir ein Sandwich«, sagte er. »Willst du auch eins?«
»Nein, ich will kein Sandwich, und stell dich nicht dumm. Du machst etwas mit mir!«
Das pelzige grüne Wesen verschlang das Sandwich mit einem Bissen und fing schon an, sich noch eines zuzubereiten. »Sicher, dass du keines willst?«
»Versuch nicht, mich abzulenken!«
»Wenn ich versuchen würde, dich abzulenken, würde ich dir nichts zu essen anbieten.« Er hielt ihr eine Platte mit einem Dutzend Sandwiches hin. »Iss. Vertrau mir. Dann geht es dir besser.«
Sie schnappte sich eines und biss hinein. Es schmeckte so gut. Es war das beste Sandwich, das sie je gegessen hatte. Das beste Sandwich, das überhaupt je gegessen wurde, beschloss sie.
»Die geheime Zutat ist Schlagsahne«, sagte Vorm. »Außerdem finde ich, dass ihm die Sägespäne eine angenehme Textur verleihen.«
Sie wälzte die Zunge im Mund herum und nickte. Er hatte recht.
»Weißt du, was gut dazu passen würde?«, fragte sie. »Kupfer. Ich glaube, ich habe ein paar Pennies in der Kommode.«
»Interessant!«
Diana ging die Münzen holen, aber sie machte nur ein paar Schritte, bevor sie innehielt.
»Denke ich ernsthaft darüber nach, Pennies zu essen?«
»Gibt es etwas, bei dem du nicht daran denkst, es zu essen?«, fragte Vorm.
Sie dachte gründlich darüber nach und stellte fest, dass ihr alles, woran sie dachte, egal wie bizarr oder unappetitlich es auch sein mochte, essbar erschien. Sie versuchte, nicht zu lange an etwas allzu Ekliges zu denken, obwohl ihr auch dabei das Wasser im Mund zusammenlief.
»Ich würde keinen Flokati essen.« Diese Erkenntnis freute und empörte sie gleichermaßen.
»Gut. Obwohl Flokatis ziemlich lecker sind, wenn ich so sagen darf.«
Sie setzte sich zu ihm an den Tisch und zwang sich, ein Sandwich mit langsamen, bewussten Bissen zu essen. Schon der bloße Akt des Essens entspannte sie irgendwie. Die zweckmäßige Eleganz der Kaubewegung ihrer Kiefer. Der wunderbare transformative Prozess, wenn etwas zerstört wurde, nur um dann Teil von etwas anderem zu werden. Sie hatte es ihr ganzes Leben für selbstverständlich betrachtet, aber jetzt fühlte sie die Partikel zwischen ihren Zähnen tanzen, leichtfüßig auf ihrer Zunge springen, ihre Kehle hinabgleiten. Es war erotisch und heilig, rein und ursprünglich. Es war schön, ein Sakrament.
»O Gott.« Sie schloss die Augen und schmeckte jedes Element ihrer Mahlzeit. Sie war einem Orgasmus wesentlich näher, als sie zugeben wollte.
»Das ist Transferenz«, sagte Vorm.
»Hör auf damit!«
»Ich kann nicht. Das mache nicht ich. Es passiert einfach manchmal. Wenn die Umstände stimmen.«
»Was für Umstände?«
»Das weiß ich auch nicht so recht. Ich habe schließlich keine Bedienungsanleitung dafür.«
»Es ist, als hätte ich Hunger, und ich weiß, dass ich diesen Hunger niemals stillen kann, aber ich muss es trotzdem versuchen.« Sie nahm sich noch ein Sandwich und verschlang es ohne einen Gedanken an irgendwelche Tischmanieren. »Wie kannst du so leben?«
»Ich wurde hungrig geboren, und ich werde immer hungrig sein. Ich arrangiere mich einfach damit.«
»Das muss so furchtbar sein!«
»Es ist nicht immer leicht«, sagte er, »aber es ist mein natürlicher Daseinszustand. Ich habe immer gedacht, es müsse furchtbar sein, ein welkender Fleischsack zu sein, der ständig gegen entropische Kräfte ankämpft, die irgendwann all eure Funktionen in die Einzelteile ihrer Materie zerfallen lassen, damit sie dann neu verteilt und wiederaufbereitet werden, was sich in einem endlosen Kampf gegen das Chaos wiederholt, von dem ihr leugnet, dass
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