Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
eine Papiertüte voller Batterien in der rechten Hand hatte, um sie alle auszutauschen.
»Das sind nicht zufällig kosmische Rauchmelder?«, fragte sie. »Wenn sie leer sind, fliegt nicht gleich das Universum in die Luft, oder?«
»Nö. Das sind nur Vorsichtsmaßnahmen. Man kann nie vorsichtig genug sein.«
»Oh, gut.« Sie lachte vor sich hin. Es war albern zu glauben, dass alles, was West tat, große Bedeutung hätte. Es war ebenso lächerlich anzunehmen, dass alles in diesem Apartmentgebäude durch unsichtbare Fäden mit etwas Entscheidendem in dem Universum dort draußen verbunden war.
Er kletterte herunter und wiederholte die kurze Reise den Flur entlang zu einem weiteren Rauchmelder. Sie wollte behilflich sein und wies ihn darauf hin, dass er einen ausgelassen hatte.
West blieb stehen und wirbelte mit unerwarteter Energie zu ihr herum. »Den lassen wir in Ruhe, Nummer Fünf. Bei dem einen tauschen wir niemals die Batterien aus. Egal, wie oft er danach piepst.«
Der Rauchmelder piepste.
Er schaute ihn böse an. »Halt die Klappe!«
Er piepste lauter.
»Ignorier ihn einfach«, sagte West.
Diana dachte über die kleine weiße Scheibe nach, die über ihrem Kopf befestigt war. Welche großen und furchtbaren Auswirkungen mochte es wohl haben, wenn sie frische Batterien hineinsteckte, sobald West nicht hinsah?
Sie wollte es wissen. Dafür gab sie Zaps transferierter Neugier die Schuld, aber es ging noch tiefer. Der Verstand hasste Mysterien. Er mochte Dinge, die Sinn ergaben oder zumindest vorhersehbar waren. So war die menschliche Natur. Deshalb wurden manche Leute Wissenschaftler, Theologen oder Philosophen, die sich der Erforschung dieser Mysterien verschrieben, und andere wählten den einfachen Weg und gaben eisern vor, diese Mysterien existierten gar nicht. Aber ihre Spezies war nicht den ganzen Weg in die Zivilisation gekrochen, indem sie nicht über Dinge nachgedacht, sie analysiert, sie auseinandergenommen und in phantasievollen, experimentellen Kombinationen wieder zusammengesetzt hatte, nur um zu sehen, was dann geschah. Zaps Einfluss hatte ihre natürliche Wissbegierde nur verstärkt.
Aber es waren nicht nur sie und Zap. Der Rauchmelder selbst flüsterte ihr Verführungen zu. Sie hatte sich an diese Art von Geflüster längst gewöhnt und schob es beiseite, genau wie ihre Fragen.
Sie machte sich nützlich, indem sie West die Leiter hielt, während er sich den Flur entlang vorarbeitete.
»Ich brauche Ihre Hilfe. Ich weiß nicht, mit wem ich sonst darüber sprechen soll, und ich dachte, Sie hätten vielleicht eine brauchbare Sicht auf die Dinge.«
Er grunzte.
»Sie helfen doch Leuten, nicht wahr? Sie halten das Universum am Laufen und das alles, oder?«
»Nicht so ganz.«
»Aber ich habe Sie dabei gesehen. Ich habe Ihnen geholfen.«
Er nickte. »Ich halte ein paar Dinge in Ordnung. Allerdings nichts fürchterlich Wichtiges.«
»Nicht wichtig? Ohne Sie wäre die Welt voller Rieseninsekten aus der Zukunft, oder wir schwebten alle im Weltall herum.«
»Diese Dinge würden sich trotzdem von selbst erledigen. Oder auch nicht. Auf lange Sicht ist das relativ egal.«
Eine Gesprächspause entstand, während sie zum nächsten Rauchmelder weitergingen.
»Egal? Wie können Sie das sagen? Ohne Sie wären ein paar Leute tot. Zum Geier, sie hätten vielleicht nie existiert, wenn Sie nicht wären.«
Er lehnte sich an die Leiter. »Und wenn sie nie existiert hätten, wer würde das denn merken?«
»Sie können einfach nicht so gleichgültig sein. Warum würden Sie sonst diesen Job machen?«
»Das ist eine seltsame Frage. Warum tut jemand etwas? Warum duschen Leute, wenn sie doch wissen, dass sie wieder schmutzig werden? Warum essen sie, wenn sie wissen, dass sie wieder hungrig werden? Immer und immer wieder, bis sie irgendwann sterben. Und sie werden sterben. Warum also zum Arzt gehen, wenn man krank ist? Man zögert das Unvermeidliche nur hinaus. Aber wenigstens hat man etwas zu tun, während man darauf wartet, dass das Unvermeidliche eintritt.«
»Wenn Sie das so sagen, klingt alles so bedeutungslos.«
West antwortete: »Und wer sagt, dass es nicht so ist? Menschen. Ihr seid immer so davon besessen, einen Sinn in allem zu finden. Aber nicht wirklich. Denn wenn ihr Sinn sagt, dann meint ihr eigentlich Besonderheit . Ihr wollt eine warme, freundliche Umarmung von einem kalten, gleichgültigen Universum. Ihr wollt, dass alles, was ihr tut, wichtig ist und alles, was ihr denkt, katalogisiert und
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