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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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die Märchen bei den Schattenspielen auf In­donesien vorgeführt werden, vielleicht hat sie ja selbst Vorstellungen besucht …«
    »Möglicherweise. Danke.«
    »Keine Ursache. Wie immer gilt, wenn ich noch mehr finde, lasse ich es Ihnen zukommen.«
    »Wann sehen wir uns wieder?«
    Gabriel lächelte breit. »Sie schulden mir noch ein Abendessen, nicht wahr? Das hier war ja sehr nett, aber ich sehe das eher als Arbeitsessen.«
    »Und das Abendessen, das Sie sich vorstellen?«
    »Sollte einen etwas privateren Charakter haben, finden Sie nicht?«
    Lilly wurde rot. Wann war sie das letzte Mal privat mit ­einem Mann ausgegangen?
    »Ich hoffe, ich habe Sie damit nicht erschreckt«, setzte Gabriel hinzu, als er ihr Zögern bemerkte.
    »Nein, keineswegs. Und … Sie haben recht, vielleicht sollten wir …«
    »Nur, wenn Sie es wirklich wollen. Sie sollen wissen, dass ich Ihnen nicht helfe, weil ich mit Ihnen ausgehen will. Meine Hilfe bekommen Sie so oder so, aber ich dachte …«
    »Am Freitag«, platzte es aus Lilly heraus. »Haben Sie da Zeit?«
    Gabriel zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Ja sicher. Und wenn ich wider Erwarten doch einen Termin habe, sage ich ihn ab. Sie sind anscheinend doch eine Schnellentschlossene, oder?«
    »Nun ja, ich weiß nicht, wie lange ich noch hierbleibe. Und wer weiß, vielleicht …«
    »… gefällt es uns dermaßen, dass wir es wiederholen wollen.«
    »Das wäre doch möglich, oder?«
    »Das wäre möglich.« Gabriel sah sie eindringlich an, dann beugte er sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht, Lilly.«
    »Gute Nacht, Gabriel. Kommen Sie gut heim.«
    »Keine Sorge, ich will mir doch das Abendessen nicht entgehen lassen.«
    Damit ging er zu seinem Wagen, winkte noch einmal und stieg ein.

19
    Padang 1910
    Helen liebte es, sich zu verstecken. Wenn sie unter den dichten Büschen hinterm Haus saß und sicher war, dass niemand sie finden konnte, dachte sie sich die wildesten Geschichten aus. Von Prinzen und Rajahs, von Dämonen und wunderschönen Prinzessinnen. Manchmal versteckte sie sich vor ihrer Mutter, manchmal auch vor Miss Hadeland, ihrer holländischen Musiklehrerin.
    »Helen!«, tönte die Stimme ihrer Mutter vom Haus her, doch das Mädchen hörte sie nicht. Sie lief weiter ums Haus herum, in Richtung Gartentor, dorthin, wo dichtes Gebüsch die Sicht auf die Straße versperrte.
    An einer bestimmten Stelle hatten die Äste eine Art schützende Kuppel gebildet, unter der Helen sich wunderbar verstecken konnte.
    Normalerweise war sie hier ganz allein – bis ihre Mutter sie fand natürlich –, doch diesmal erblickte sie vor dem hohen Gartentor eine schlanke, dunkelhaarige Frau, die ein hübsches dunkelblaues Kleid trug. Suchend blickte diese den Weg hinauf, als erwarte sie jemanden. Offenbar hatte sie Helen noch nicht bemerkt. Das Mädchen überlegte. Sollte sie die Frau ansprechen? Ihre Mutter sah es nicht gern, wenn sie mit Fremden redete. Doch galt das auch für jemanden, der eigentlich ganz harmlos aussah? Schließlich fasste sie sich ein Herz und trat hinter dem hohen steinernen Pfosten hervor.
    »Hallo«, sagte sie zu der Frau, die daraufhin ein wenig ­zurückschrak. Mit großen Augen sah sie Helen an. Aber seit wann erschreckte ein kleines Mädchen eine große Frau?
    »Wer bist du denn?«, fragte Helen und lächelte in der Hoffnung, dass die Fremde dann weniger entsetzt dreinschauen würde.
    »Ich …«, sagte die Frau und wirkte immer noch, als hätte sie Angst.
    »Du hast doch bestimmt einen Namen, oder?«, beharrte Helen und überlegte, ob sie die Frau nicht hereinbitten sollte. Die Köchin hatte jetzt sicher schon die Scones fertig, die es immer zum Nachmittagstee gab. Mit Sahne waren sie einfach köstlich und würden sicher auch der Frau schmecken.
    »Ja, ich habe einen Namen«, sagte die Frau, jetzt schon ein bisschen mutiger. Sie hockte sich vor Helen, und diese erkannte nun, dass Tränen in ihren Augen standen.
    »Warum weinst du denn?«, fragte Helen und streckte die Hand nach der Frau aus. Wie hübsch sie doch aussah. Noch nie hatte sie eine Frau gesehen, die so schön war. Nicht einmal ihre Mama war so schön.
    »Ich weine, weil ich so froh bin, dich zu sehen«, sagte die Frau und schloss die Augen, als das Mädchen ihre Wange berührte. Helen spürte deutlich, wie die Frau zu zittern begann, eine Träne rann über ihre Fingerspitzen.
    »Aber wenn du froh bist, musst du doch nicht weinen!« Helen zog ihre Hand zurück und betrachtete

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