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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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aus.«
    »Wenn Sie damit meinen, dass ich schon öfter eines dieser Gefährte gefahren habe, das stimmt. Aber ich sage Ihnen, die Dinger fahren sich leichter, als Sie denken. Auf der Rückfahrt sollten Sie es mal versuchen!«
    Damit schwang er sich auf den Fahrersitz. Lilly betrachtete das Auto noch immer ein bisschen skeptisch, aber wenn ihr Begleiter zuversichtlich war, warum sie dann nicht auch?
    »Na immerhin scheint der Motor in Ordnung zu sein«, witzelte Verheugen, nachdem der Wagen nach kurzen Startschwierigkeiten brüllend angesprungen war. »Steigen Sie ein, ich verspreche Ihnen auch, nicht so zu fahren wie die Taxifahrer in Padang!«
    Lilly kam seiner Aufforderung nach, dann ging es los.
    Als sie sich in den Stadtverkehr von Padang einfädelten, war Lilly froh, die Strecke nicht selbst fahren zu müssen. Einige Gefährte brausten rasant an ihnen vorbei, einige schnitten sie ohne Rücksicht auf Verluste. Todesmutig stürmten Passanten über die Straße, einige ließen es drauf ankommen und gingen gemächlich zwischen den vorbeirasenden Wagen hindurch. Schrilles Hupen ertönte, hin und wieder schien jemand zu fluchen, doch kaum war der Störenfried von der Straße, ging es weiter.
    Schließlich erreichten sie den Stadtrand von Padang, wo die Häuser recht ärmlich wirkten. Im Gegensatz zur Innenstadt waren hier viele Häuser noch auf Pfählen gebaut, wie es in Indonesien Tradition war. Auch ein paar »Mondhäuser« waren zu sehen, aber im Großen und Ganzen überwogen andere Haustypen.
    Nachdem sie der dicht befahrenen Hauptstraße gen Norden eine Weile gefolgt waren, bog Verheugen in einen Sandweg ein.
    »Sind Sie sicher, dass es hier richtig ist?«, schrie Lilly gegen das Motorengeräusch an, das lauter geworden zu sein schien.
    Verheugen nickte. »Ich habe mir gestern Abend eine Karte angesehen. Wir müssen durch etwas Buschland, doch der Weg sollte einigermaßen sicher sein. Immerhin wurde er noch bis in die Fünfzigerjahre genutzt. Dann hat man das Haus einfach vergessen. Nach dem Ende der Kolonialherrschaft war man nicht erpicht darauf, die Geschichte der ehemaligen Herren zu erforschen. Dazu gab es viel zu viele dunkle Begebenheiten, die man besser vergessen wollte. Das Rawagede-Massaker auf Java zum Beispiel.«
    »Was ist da passiert?«
    »Die Niederländer wollten ihren Kolonialbesitz in einem Krieg zurückgewinnen. Dabei kam es zu diesem Massaker. Vierhunderteinunddreißig Tote gab es da. Nichts, womit man sich bei den Menschen beliebt macht. Mittlerweile beginnt man allerdings wieder, sich für die Kolonialzeit zu interes­sieren, wie das Museum bewiesen hat. Aber es gibt noch viel zu tun.«
    Während der Fahrt bemerkte Lilly, dass hin und wieder Schatten durch die Bäume huschten. Auf Sumatra gab es zahlreiche Affenarten, doch die Tiere, die sie sah, verschwanden so schnell im Laub, dass sie sie nicht identifizieren konnte.
    Nach etwa einer halben Stunde Fahrt tauchte zwischen den Palmen ein verwittertes rotes Dach auf, nur wenig später leuchtete eine schmutzig weiße Wand zwischen dem Grün.
    Verheugen parkte den Jeep vor dem Eingang, dem man ansehen konnte, dass das Haus nicht ganz verlassen war. Der Wächter machte sich nicht viel Mühe mit der Anlage, sorgte aber dafür, dass das Gras vor dem Tor nicht allzu hoch stand.
    Als das Motorengeräusch verklungen war, legte sich eine seltsame Stille über den Ort. Nur vereinzelt vernahm Lilly Rascheln und Vogelgezwitscher.
    Fasziniert betrachtete sie das kunstvoll geschmiedete Eisentor, das ein wenig schief in den Angeln hing und mit einer Kette gesichert war. Von der einstigen Pracht war nicht mehr viel übriggeblieben. Die hohen gemauerten Pfosten waren mit Moos überwachsen, und da der Garten von keinem Menschen im Zaum gehalten worden war, hatte er sich frei ent­faltet und den gesamten Zaun überwuchert. Der Weg, der zum Herrenhaus führte, war zwar noch zu erkennen, aber zwischen den Pflastersteinen wucherte hohes Gras. Die Wegränder waren keine gerade Linie mehr, sondern eher Wellen aus Grün. Schwer neigten die Bäume ihre langen Äste gen Boden.
    »Deprimierend, nicht wahr? Sie haben das alte Foto ge­sehen, früher konnte es dieser Garten mit jedem in England aufnehmen. Und jetzt wird er mehr und mehr zum Dschungel.«
    Da die Kette am Tor nicht durch ein Schloss gesichert war, zog der Zahnarzt sie kurzerhand ab und stieß einen der Torflügel auf. Das schrille Quietschen scheuchte ein paar Vögel aus dem Dickicht, am Boden suchte etwas

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