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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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unter den Opfern. Als man meine Hilfe nicht mehr benötigte, bin ich gleich hierher gelaufen, um nachzusehen.«
    Damit beugte er sich zu Helen hinunter. »Geht es dir gut, meine Kleine?«
    Helen nickte, hob den Blick aber nicht, sondern ließ ihn starr auf ihre Schuhe gerichtet, während sie den Geigenkasten fest an sich drückte. Dennoch spürte sie, dass ihr Vater mit ihrer Mutter einen Blick austauschte, und sie wusste, dass ihre Mutter in der Lage war, mit ihrem Mann zu sprechen, ohne ein einziges Wort zu sagen.
    »Wo hast du denn diesen Kasten gefunden?«, fragte James Carter und wollte schon die Hände danach ausstrecken, doch da sagte Ivy: »Es ist zwecklos. Sie gibt ihn nicht her.«
    »Ist er dir so wichtig?«, fragte ihr Vater verständnisvoll weiter, worauf Helen nickte.
    »Sie hat durch das Erdbeben einen ziemlichen Schock erlitten«, kommentierte Ivy. »Und kurz zuvor … Kurz zuvor hat sie uns allen etwas auf der Geige vorgespielt, die da im Koffer steckt.«
    Ihr Vater betrachtete Helen einen Moment lang, dann legte er seine Hand sanft unter ihr Kinn. Minutenlang blickte er in ihre bernsteinfarbenen Augen, dann fragte er: »Du hast also eine Geige?«
    »Ja«, antwortete Helen wahrheitsgemäß, dann kamen ihr die Tränen.
    »Warum weinst du denn?« Die Daumen ihres Vaters rieben sanft die Tränen von ihren Wangen.
    »Ich habe Angst, dass ihr sie mir wieder wegnehmt«, gestand sie dann.
    »Aber warum sollten wir das denn tun? Fällt dir vielleicht ein Grund ein?«
    Helen, die ahnte, was ihr Vater eigentlich fragen wollte, schüttelte den Kopf. »Nein, sie gehört mir, ich habe sie nicht gestohlen.«
    »Und von wem hast du sie bekommen? Oder hast du sie vielleicht auf dem Dachboden gefunden?«
    Es wäre einfach gewesen, die letzte Frage des Vaters mit einem Ja zu beantworten, doch Helen wusste, dass er sie dann als Lügnerin entlarvt hätte. Ebenso wie Ivy wusste auch er, was auf seinem Dachboden lag.
    »Und woher hast du sie?«
    »Das darf ich nicht sagen.«
    Kurz zuckten die Augenbrauen des Vaters in die Höhe. »Warum nicht?«
    »Weil ich es versprochen habe.«
    Ihr Vater seufzte. Er war kein Mann, der leicht ungehalten wurde, aber er mochte es ganz und gar nicht, wenn man etwas vor ihm verheimlichte.
    Doch konnte sie ihm die Wahrheit sagen? Oder würde dann wieder etwas Schreckliches passieren?
    »Wem hast du das Versprechen denn gegeben?«, fragte er weiter, doch jetzt schlich sich etwas Hartes, Drohendes in seine Stimme.
    »Das darf ich nicht sagen.« Helen blickte ihren Vater fast schon flehentlich an. »Bitte, Papa, zwing mich nicht dazu, noch mehr zu sagen.«
    Jetzt blickte der Vater zur Mutter. »Sie kann spielen«, erklärte diese. »Sie kam einfach runter und hat uns was vorgespielt.«
    »Vielleicht hat Miss Hadeland …«
    »Das glaube ich nicht, so vernarrt wie die ins Klavier ist. Wie es aussieht, hat sich unser Mädchen ein anderes Instrument ausgesucht.« Sanft streichelte sie über den Kopf ihrer Tochter. »Manche Dinge lassen sich eben nicht auf ewig verleugnen.«
    Helen wusste nicht, was ihre Mutter damit meinte, und sie dachte darüber auch nicht nach. In diesem Augenblick wollte sie nur, dass man ihr die Geige nicht wieder wegnahm. Auch wenn es das Erdbeben gegeben hatte – auch wenn sie durch ihren Verrat vielleicht schuld daran war.
    »Darf ich mal einen Blick auf die Geige werfen?«
    Helen presste die Lippen zusammen. Wieder rannen Tränen aus ihren Augenwinkeln. Ihre dünnen Arme schlossen sich wie Eisenklammern um den Kasten. »Aber du nimmst sie mir doch nicht weg, oder?«
    »Versprochen. Ich möchte sie mir nur ansehen.«
    Da sie ihrem Vater vertraute, löste Helen ihren Griff und stellte den Kasten vor sich ab. Das Aufschnappen der Schlösser erschien ihr überlaut, und als ihr Vater die Geige berührte, zuckte sie zusammen, als hätte er sie unvermittelt angepackt.
    »Was für eine schöne Geige«, murmelte er, während er sie vorsichtig in den Händen herumdrehte. Als er die Rose auf dem Boden erblickte, wurde er plötzlich bleich.
    »Ivy …« Mehr als den Namen seiner Frau brachte er nicht hervor. Er zeigte ihr die Geige, worauf sie erschrocken die Hand vor den Mund schlug. Nun verständigten sich beide ­lediglich mit Blicken, wie sie es immer taten, wenn Helen etwas nicht hören sollte.
    Helen war sicher, dass die beiden sich fragten, ob sie sie nicht doch gestohlen hatte. Innerlich wappnete sie sich schon gegen diesen Vorwurf, als ihr Vater plötzlich laut zu ihrer

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