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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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wirst. Damit können wir Helen dann hoffentlich wieder etwas aufmuntern.«
    Derweil träumte Helen wieder, allerdings keinen Traum voller Zorn und Vorwürfe. Sie befand sich in einem Garten, der zu großen Teilen von Nebel eingeschlossen war. Hin und wieder drangen bunte Farbkleckse durch das Weiß, die Blüten von Rhododendren, Magnolien, Frangipani und leuchtenden Orchideen.
    So sehr sich Helen auch umschaute, weder konnte sie den Anfang noch das Ende des Gartens erkennen. Irgendwer hatte sie mittendrin abgesetzt und ihr keinen Hinweis darauf gegeben, wohin sie gehen sollte. Zaghaft machte sie einen Schritt nach vorn und bemerkte dabei, dass sie ihr weißes Sonntagskleid trug.
    War sie vielleicht gestorben? Sie hatte noch nie einen Toten gesehen, aber sie wusste von ihren Freundinnen, die schon mal jemanden aus ihrer Familie verloren hatten, dass Tote immer besonders schön zurechtgemacht wurden, bevor man sie begrub. Wahrscheinlich darum, weil sie diese Kleider mit in den Himmel nahmen und die Engel es nicht gern sahen, wenn man unpassend gekleidet war.
    Doch wenn sie wirklich tot war, warum kam dann kein Engel, um sie abzuholen?
    »Da bist du ja«, sagte plötzlich eine leise Stimme.
    Als Helen herumwirbelte, erblickte sie die fremde Frau. Sie trug das gleiche Kleid wie damals, als sie sie zum ersten Mal gesehen hatte. Noch immer war sie sehr schön, aber jetzt wesentlich blasser als zuvor. Sie streckte die Hand nach ihr aus. »Möchtest du mich ein Stück begleiten?«
    Helen wusste zunächst nicht, ob sie Angst haben und weglaufen sollte. Doch wohin? Es gab nur den Garten.
    Sie reichte der Frau also die Hand, und diese führte sie ein Stück weit durch den Nebel, bis sie schließlich an einer kleinen weißen Steinbank haltmachten.
    »Es tut mir leid«, sagte Helen, bevor sie sich setzten. Obwohl die Frau einen gütigen Gesichtsausdruck hatte, fürchtete sie, dasselbe zu erleben wie schon in den Träumen zuvor. »Ich weiß nicht, wie die Geige weggekommen ist, als ich am Abend den Koffer geöffnet habe, war sie einfach weg.«
    »Es ist nicht deine Schuld«, entgegnete die Frau mit leiser Stimme. »Die Person, die sie dir gestohlen hat, wird sicher bald gefunden und bestraft.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil es immer so ist. Man kann ein Unrecht begehen, aber man muss wissen, dass es irgendwann ans Licht kommt. Hüte dich ja davor, ein Unrecht zu begehen, Helen.«
    Das Mädchen nickte eifrig und war gleichzeitig erleichtert darüber, dass die Frau ihr nicht böse war.
    »Warum sind wir hier?«, fragte Helen, während sie sich umsah. Der Nebel hatte sich immer noch nicht zurückge­zogen, wie Watte steckte er zwischen den Sträuchern, die sie umgaben.
    »Ich möchte dir ein Versprechen abnehmen«, antwortete die Frau.
    »Und was für eines?«
    »Solltest du deine Geige wieder­bekommen, möchte ich, dass du alles dafür tust, um eine berühmte Geigerin zu werden. Versprichst du mir das?«
    »O ja, das verspreche ich!«, entgegnete Helen eifrig.
    »Du wirst sie zurückbekommen, das verspreche ich. Aber jetzt muss ich los.«
    »Sehen wir uns wieder? Meine Mama überlegt, ob sie mich zu Mrs Faraday nach England schicken soll …«
    »Ich weiß nicht, ob wir uns wiedersehen werden. Aber denk immer an dein Versprechen, ja? Spiele, so gut du kannst.«
    »Das werde ich!«, entgegnete das Mädchen, worauf sich die Frau erhob und langsam dem Nebel entgegenging.
    »Leb wohl, Helen!«, sagte sie, wandte sich noch einmal um und wurde dann von dem wabernden Weiß verschluckt.
    Helen blieb noch eine Weile auf der Bank sitzen und blickte auf die Stelle, an der die Frau verschwunden war. Sie wunderte sich darüber, wie friedlich ihre Begegnung gewesen war. Würde sie ihre Geige wirklich wiederbekommen? Bevor sie aufstehen und einen Ausweg aus dem Garten suchen konnte, umfing sie die Dunkelheit, und sie schlief traumlos weiter.
    Drei Tage später fanden Waldarbeiter Imela Hadeland in unwegsamem Gelände, halb begraben unter einem Pferd, das den Sturz nicht überlebt hatte.
    In ihrer Eile, die Stadt zu verlassen, hatte sie den Weg durch eine Stelle des Busches gewählt, die wegen Gefahr, mit Pferden und Gefährten abzurutschen, selbst von den Einheimischen gemieden wurde. Dass sie überhaupt auf ein Pferd gestiegen war, verwunderte die Leute ein wenig, denn bisher hatte sie sich nicht als geübte Reiterin hervorgetan. Sie hätte eher ein Schiff nehmen können oder eine Kutsche. Wahrscheinlich wäre sie dann davongekommen. Doch

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