Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
nichts half, setzte sie kurzerhand einen Fuß auf die Stufe und rief sich ins Gedächtnis, was Mrs Faraday ihnen immer bei Lampenfieber geraten hatte: »Wenn ihr erst einmal spielt, wird es sich von allein legen, ihr werdet schon sehen.«
    Ihre Schritte brachten Paul dazu, sich umzuwenden. Als er sie erkannte, flammte augenblicklich ein Lächeln auf.
    »Rose, da sind Sie ja!«, rief er aus. »Ich fürchtete schon, Sie hätten es sich überlegt.«
    »Ich stehe zu meinem Wort, allerdings braucht eine Dame ein wenig, um sich zurechtzumachen.«
    Paul musterte sie verstohlen, dann entgegnete er: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Gelegenheit gibt, zu der Sie nicht wunderschön sind.«
    »Ich sollte Sie vielleicht daran erinnern, dass Ihre Verlobte diese Schmeicheleien mir gegenüber als unpassend empfinden würde.«
    Pauls Miene verfinsterte sich, während er seine Lippen zusammenpresste, als müsste er eine Bemerkung zurückdrängen. »Verzeihen Sie, ich …«, begann Rose, denn sie hatte das Gefühl, ihn irgendwie verletzt zu haben.
    »Nein, ist schon gut, und Sie haben recht, meiner Verlobten würde das ganz sicher nicht gefallen. Aber Sie gefallen mir, dagegen kann ich nichts machen.« Damit bot er ihr seinen Arm. »Wollen wir? Ich fürchte, bis wir die Puppenspielbühne erreicht haben, hat das Stück bereits begonnen.«
    Die Stadt wirkte im Schein der vielen Lampen und Fackeln wie dem Märchen aus Tausendundeiner Nacht entrissen. Die Fassaden der Kolonialbauten schienen sich in den Hintergrund zurückzuziehen, während die traditionellen Bauten der Einheimischen hervortraten. Exotische Düfte erfüllten die Gassen, die köstlichen Aromen der Garküchen vertrieben den Gestank des Hafens und des Schmutzes.
    Selbst zu dieser Zeit noch boten Händler ihre Waren feil. Ihre Rufe konkurrierten mit dem Gesang der Straßenmusikanten und den Klängen von Trommeln, Anklung, Suling-Flöten, Gamelan und Ouds. Von Fackeln beleuchtet, boten bunt gekleidete junge Frauen traditionelle Tänze dar.
    Obwohl sie als Kind des Öfteren diesen Zauber erlebt hatte, fühlte sich Rose nun, als würde sie ein längst vergessenes Wunderland betreten. Für gewöhnlich verließ sie ihre Unterkunft nur dann, wenn sie zu einem Auftritt musste, die restliche Zeit verbrachte sie mit Vorbereitungen. Bestenfalls führte Carmichael sie nach einem gelungenen Konzert aus, aber sie verweilten nie lange genug, um wirklich etwas von den Auftrittsorten zu sehen.
    Das wäre diesmal auch der Fall gewesen, wenn nicht das großzügige Angebot des Gouverneurs gekommen wäre. Ja, sie hätte nicht einmal die Zeit gefunden, ihre Eltern zu besuchen. Vielleicht war sie van Swieten in diesem Augenblick noch dankbarer als gestern.
    »Sie haben mir gar nicht erzählt, was für eine wunderbare Heimatstadt Sie haben«, bemerkte Havenden, der dem Zauber Padangs ebenso zu erliegen schien wie sie, denn dies waren die ersten Worte, die er an sie richtete, seit sie das Hotel verlassen hatten.
    »Ich fürchte, das hatte ich vergessen«, antwortete sie. »Seit vielen Monaten bin ich nur unterwegs, und zuvor habe ich mehrere Jahre in England verbracht.«
    »Haben Sie Verwandte dort? Immerhin klingt Ihr Name englisch.«
    »Mein Vater ist Engländer, er arbeitet für die Niederländer als Lageraufseher. In England war ich im Konservatorium von Mrs Faraday. Der Name sagt Ihnen bestimmt nichts.«
    »Und ob er mir etwas sagt!«, gab Paul zurück. »Mrs Faraday ist noch immer eine der größten Konkurrentinnen des Trinity College. Während Letzteres nur männliche Studenten annimmt, nimmt ihr Konservatorium nur Schülerinnen auf. Mein Vater hat Mrs Faraday des Öfteren als anonymer Spender unterstützt.«
    »Dann hat Ihre Familie wahrscheinlich auch Anteil an meiner Ausbildung, dafür danke ich Ihnen.« Rose lächelte ihn schelmisch an.
    »Da ich nun weiß, dass Mrs Faraday so hervorragende Musikerinnen hervorbringt, werde ich diese Tradition natürlich fortsetzen. Oder benötigen Sie gar einen Sponsor oder Mäzen?«
    »Ich finde es ein wenig seltsam, dass Sie mir dergleichen anbieten, wo Sie doch zugegeben haben, keine besonders große Liebe zur Musik zu empfinden.«
    »Das war bisher der Fall, aber da kannte ich Sie noch nicht. Sie haben etwas in Ihrem Spiel, das aus den schlimmsten ­Banausen glühende Verehrer dieser Kunst machen kann. Ich bin das beste Beispiel dafür.«
    »Dann hoffe ich, Sie auch für diese Form des Theaters begeistern zu können«, entgegnete Rose und

Weitere Kostenlose Bücher