Der Mondscheingarten
gewirkt hatte, so verwandelt war sie jetzt. Vorhin noch glücklich, schien jetzt regelrecht ein Gewitter in ihr zu grollen.
Ahnte sie vielleicht … Nein, das war unmöglich, beruhigte er sich. An dem Abend, als ich mit Rose beim Puppenspiel war, hatte sie sich schon früh zu Bett begeben und bei seiner Heimkehr immer noch geschlafen. Außerdem würde sie nicht allein durch die Straßen einer fremden Stadt schleichen, um ihn zu beobachten.
»Was ist nur mit dir los, Maggie?«, fragte er beruhigend, obwohl ihm das Herz bis zum Hals klopfte und er sich fragte, ob es eine gute Idee gewesen war, sie zu seiner Frau zu machen. Seine Mutter hatte ihren Mann immer in allen Dingen unterstützt. Wenn schon so etwas wie die Beteiligung an einer Plantage und somit die Sicherung ihres Vermögens Streit hervorrief, wie würde es dann bei anderen Dingen aussehen?
»Ich will einfach nicht länger hier sein!«, brach es zornig aus ihr hervor. »Ich hasse dieses Land! Ich hasse diese Hitze! Ich hasse diese Leute! Hast du die Kinder gesehen? Man wird sie nicht los, sie sind wie die Schmeißfliegen. Und dann dieser elende Gestank hier überall! Ich will weg von hier, nichts weiter!«
Dieser Ausbruch kam für Paul so überraschend, dass er nicht gleich etwas darauf erwidern konnte. So wütend wie ihre Augen glühten, schien das nicht mehr seine Maggie zu sein. Wann hatte diese ungeheure Wut von ihr Besitz ergriffen?
Eigentlich war er fassungslos über das, was sie soeben gesagt hatte, doch dann kochte der Zorn in ihm hoch wie Milch, die auf der Herdplatte vergessen wurde.
»Dieses Land, das du so sehr hasst, hat meiner Familie Reichtum eingebracht! Und ich sehe nicht ein, warum ich mir die Gelegenheit, hier ein erfolgreiches Geschäft zu tätigen, nehmen lassen sollte! Der einzige Fehler, den ich in puncto Sumatra begangen habe, war zu glauben, dass du mich unterstützen wirst. Ich hätte dich zu Hause lassen sollen, im grauen nebligen London, das wäre dir besser bekommen, und ich müsste mir nicht ständig dein kindisches Gejammer anhören!«
Maggie starrte ihn an, als hätte er ihr eine Ohrfeige versetzt, dann verzog sie das Gesicht und brach in Tränen aus. Wahrscheinlich hoffte sie, ihn damit zu erweichen, aber Paul machte keine Anstalten, sie zu trösten. Stattdessen sah er all seine Anschuldigungen bestätigt. Maggie war in vielen Dingen noch ein Kind, und wie ein Kind verhielt sie sich auch. Es fehlte nur noch, dass sie mit dem Fuß aufstampfte, weil sie nicht das bekam, was sie wollte. Nein, so eine Ehefrau wollte er nicht. Er brauchte eine starke Frau, eine, die ihm den Rücken bei seinen Unternehmungen stärkte!
Noch einen Moment ließ Paul sie so stehen, dann sah er ein, dass er etwas tun musste, wenn er sich nicht den ganzen Nachmittag ihre Klagen anhören wollte.
»Verzeih mir, ich wollte nicht grob werden«, sagte er und ging zu ihr, um sie in die Arme zu nehmen. Als hätte sie genau darauf gewartet, lehnte sie sich an ihn, und er strich über ihr Haar und ignorierte, dass Tränen auf sein Hemd flossen. Doch seine Gedanken waren bei dem Brief in seiner Jackentasche, der nur auf eine Gelegenheit wartete, geöffnet und gelesen zu werden.
Als Maggie schließlich im Badezimmer verschwand, um sich die Tränen vom Gesicht zu waschen, war es so weit. Hastig riss er den Umschlag auf und zuckte ein wenig enttäuscht zurück, als er lediglich eine Reihe Zahlen auf dem Papier entdeckte. Ein Geheimcode? Das wäre ihm passend erschienen, doch dann fiel ihm ein, was es wirklich war: die Daten von Roses Konzerten. In den Tagen zwischendurch hatte sie frei, und wie es der Zufall wollte, gab es kurz vor seiner Abreise drei Tage, an denen sie mit ihm reisen konnte.
Während das Wasser im Bad plätscherte, setzte er sich an den Sekretär, um eine Antwort zu verfassen. Gut, Maggie mochte dieses Land hassen, aber Rose tat es nicht. Er konnte sich kaum eine bessere Begleitung vorstellen als sie. Sie würde ihm die Reise versüßen, würde ihm Geschichten erzählen und ihn vielleicht auch gegenüber dem Plantagenbesitzer sympathischer erscheinen lassen – Dinge, die er von Maggie nicht erwarten konnte. Er setzte also das Datum fest und schrieb dann gleich noch an den Plantagenbesitzer, der ihm freie Auswahl bei dem Termin gelassen hatte.
An dem Tag, als die Reise losgehen sollte, war Rose zutiefst nervös. Weder Mai noch Carmichael wussten, wohin sie fuhr. Sie hatte sich mit dem Vorwand entschuldigt, zusammen mit ihrer Mutter ins
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