Der Mondscheingarten
riesenhaften Verwalter, der am gestrigen Tag so mühelos die Bluthunde gezähmt hatte, dann bat er Paul, Rose und den Anwalt, ihm zu folgen.
Die Plantage war auf zahlreiche Terrassen verteilt und wirkte beinahe paradiesisch. Aus der Ferne drangen Affenrufe zu ihnen herüber, bunte Vögel flatterten über ihre Köpfe hinweg. Rose fühlte sich ein wenig an den Besuch bei ihrer Großmutter vor so vielen Jahren erinnert, und doch merkte sie schon bald, dass van den Broock nicht darauf aus war, hier einen Garten zu schaffen. Gemäß der Mentalität der holländischen Plantagenbesitzer waren alle Flächen zweckmäßig und möglichst gewinnbringend bewirtschaftet.
Das Zuckerrohr wuchs hier besonders gut, und während sich auf der einen Seite der Plantage die grünen Schösslinge in die Höhe kämpften, wurden am anderen Ende die langen, stabilen Rohre mit scharfen Messern abgeschlagen. Die Männer, die hier arbeiteten, trugen fast ausnahmslos helle weite Hosen und einfache Baumwollhemden, einige von ihnen arbeiteten mit freiem Oberkörper. Ihre Köpfe waren mit Tüchern bedeckt, die den Schweiß auffangen sollten. Mit großem Geschick stapelten und bündelten sie das geerntete Zuckerrohr und trugen es dann hinunter zu den Schuppen, in denen es weiterverarbeitet wurde.
Van den Broock folgte ihnen aber nicht, sondern führte seine Gäste noch ein Stück weiter hinauf. Natürlich reichte seine Plantage nicht den gesamten Berghang hinauf, aber die letzte Terrasse erlaubte einen wunderbaren Blick auf die Landschaft, die wie ein grünes Meer wirkte, dessen Brandung sich an den Rand der Plantage ergoss.
»Besonders in der Anfangszeit gab es Tage, da zweifelte ich, ob ich es schaffen würde. Mein Vater hatte die Plantage angelegt, doch er lebte nicht lange genug, um zu sehen, wie sie zu voller Blüte gelangte.«
»Das war dann zweifelsohne Ihr Verdienst.«
»Ich habe mich zumindest bemüht«, entgegnete van den Broock, scheinbar bescheiden, doch Rose hörte deutlich den Stolz in seiner Stimme. »Aber nun bin ich an einen Punkt gekommen, an dem ich allein nicht weitermachen kann. Ich brauche einen starken Partner, einen, der mir bei der Expansion hilft.«
»Dann hoffe ich, Ihren Ansprüchen Genüge tun zu können.«
»Sie sollten sich das gut überlegen, denn eine Plantage zu besitzen, wird sehr fordernd sein. Wahrscheinlich werden Sie viele Monate hier auf Sumatra sein müssen. Sie sollten sich fragen, ob Ihre zukünftige Frau und Ihre Familie das akzeptieren werden.«
Paul blickte sich um zu Rose, die verlegen den Blick senkte. Doch warum? Nicht von ihr hing es ab, ob er dieses Geschäft eingehen konnte. Nicht sie war die Frau, sondern diese Maggie! Diese Maggie, der Sumatra kein Stück am Herzen lag und die sich offenbar nur danach sehnte, wieder abzureisen.
Seltsamerweise bekümmerte sie dieser Gedanke jedoch ein wenig. Nicht wegen der Insel, sondern wegen Paul. Und wegen ihrer eigenen Gefühle. Sie war noch nie verliebt gewesen, hatte also keine Ahnung, wie sich das anfühlte. Aber das Brennen in ihrer Brust konnte gut dazu passen.
Schließlich kehrten sie der Anpflanzung den Rücken und folgten ein paar Zuckerrohrträgern hinunter zu den Schuppen, aus denen ein lautes Klappern ertönte.
In den aus Bambusrohr errichteten Gebäuden arbeiteten hauptsächlich Frauen, die das Zuckerrohr in eine riesige Presse schoben, deren Mahlwerk über einen breiten Keilriemen von einer Dampfmaschine betrieben wurde. Deren Rattern und Schnaufen verschluckte alle anderen Geräusche, auch van den Broocks Ausführungen waren kaum zu verstehen.
Fasziniert betrachtete Rose, wie die Maschine das Zuckerrohr in sich hineinzog und zermalmte – würde ein Arm zwischen die eisernen Zähne kommen, wäre er wohl unrettbar verloren. Doch die Frauen arbeiteten mit äußerster Vorsicht und Sorgfalt, ihre Handbewegungen, die sie ganz offensichtlich schon Tausende Male vollführt hatten, wirkten routiniert und präzise.
Über eine Rinne aus Bambus floss der dickflüssige gelbbraune Saft in einen Kessel, der, wenn er voll war, von einer Frau zu einer Feuerstelle getragen wurde. Dort wurde er zusammengekocht und der zähflüssige Sirup dann in Formen gegossen.
»Das hier ist pures Gold«, behauptete van den Broock, als er einen erkalteten Klumpen in die Höhe hielt. »Was die Goldminen wie lange noch hergeben, kann niemand sagen. Aber der Reichtum hier wird nie versiegen, solange dieser fruchtbare Boden unter unseren Füßen ist.«
Während van
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