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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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den Arbeitern. Würde sich etwas ändern, wenn Paul Teilhaber war? Vielleicht sollte sie ihm eher abraten. Aber konnte sie das? Sie war nicht seine Verlobte, sie war niemand, der ihm etwas sagen konnte. Vielleicht änderte sich das, wenn sie seinem Vorschlag zustimmte. Wenn sie seine Frau wurde, würde sie nicht nur ihr persönliches Verlangen stillen können, irgendwann konnte sie vielleicht auch etwas für die Frauen hier tun. Eigentlich wunderte sie sich selbst darüber, hatte sie doch bisher nur die Musik im Kopf gehabt und sich keine Gedanken über andere Dinge gemacht. Doch der Blick der Frauen hatte ein Fenster in ihrer Seele geöffnet, und auf einmal erschien ihr Pauls Antrag gar nicht mehr so schlimm und falsch. Sie würde vielleicht etwas für die Arbeiterinnen hier tun können – und darüber hinaus die brennende Sehnsucht ihres eigenen Herzens stillen.
    In der Nacht hielt sie es nicht lange in ihrem Bett aus. Das Erlebte trieb sie so um, dass sie sich erhob, ihren Morgenmantel überwarf und dann begann, unruhig auf und ab zu laufen. Was sollte sie tun? Was war das Richtige? Noch immer erschien es ihr vollkommen absurd, dass Paul ihr einen Heiratsantrag machte. Aber war es nicht das, wovon sie heimlich träumte? Hatte er ihren Wunsch gespürt?
    Rose lehnte die Stirn ans Glas und lächelte leise vor sich hin, als ihr wieder Pauls Gesicht in den Sinn kam, mit dem er ihr angetragen hatte, seine Verlobte zu spielen. Hieß es nicht, dass sich Verliebte vollkommen irrational benahmen? Mrs Faraday hatte sie stets davor gewarnt, ihr Herz zu verlieren, weil ihr damit auch ihr Verstand abhandenkommen würde. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie ihren Verstand verloren hatte, doch wenn ihre alte Lehrerin recht behielt, zeigte Paul ganz heftige Zeichen von Verliebtheit. Und was anderes konnte sie sich wünschen? Paul erwiderte ihre Gefühle. Und wenn man es genau nahm, hatte sie für ihn auch schon eine Dummheit begangen, indem sie heimlich mit ihm gereist war …
    Während Wetterleuchten vor ihrem Fenster zu sehen war und Regentropfen gegen das Glas prasselten, traf sie eine Entscheidung. Sie musste mit Paul reden!
    Rasch warf sie sich ihren Morgenmantel über und schlich dann auf Zehenspitzen zu seinem Zimmer. Paul lag im Bett und atmete friedlich, schreckte aber zusammen, als er ihre Anwesenheit spürte.
    »Rose!«, rief er überrascht aus. »Was machen Sie denn in meinem Zimmer?«
    »Ich … ich konnte nicht schlafen«, gestand sie, während sie verlegen an ihrem Morgenmantel nestelte. »Ich wollte Sie ­etwas fragen.«
    »Und was?«
    »Meinst du … meinen Sie es ernst?«
    Paul richtete sich verschlafen auf. Noch immer wirkte er, als traute er seinen Augen nicht oder wähnte sich in einem Traum.
    »Was meinen Sie?«, entgegnete er schlaftrunken, doch als sich ein Hauch Enttäuschung auf ihr Gesicht schlich, fiel es ihm wieder ein.
    »Aber natürlich meine ich das! Willst du mich doch?«
    Rose sah wieder die Augen der Frau vor sich. Und sie spürte ihr Herz klopfen, spürte das sehnsuchtsvolle Brennen in ­ihrem Leib. Dein Traum könnte in Erfüllung gehen, wisperte eine Stimme in ihrem Hinterkopf. Lass dir diese Chance nicht entgehen …
    »Ja«, antwortete Rose mit fester Stimme und ignorierte die Stimme in ihrem Hinterkopf, die davor warnte, seinen Antrag ernst zu nehmen – immerhin gab es genug Dinge, die eine Hochzeit verhindern konnten. »Aber es würde für dich doch so viel Ärger bedeuten. Du müsstest deine Verlobung lösen und deine Mutter …«
    Ein Schatten huschte über Pauls Gesicht, doch nur kurz, dann vertrieb er ihn mit einem Lächeln. »Mach dir darüber keine Gedanken. Meine Mutter wird dich mögen, ehrlich.«
    »Aber ich bin nicht adelig. Außerdem habe ich es schon erlebt, dass manche Adelige Musiker für Herumtreiber halten.«
    »Doch nicht eine Geigerin, die vor gekrönten Häuptern gespielt hat! Wenn sogar der Gouverneur von Sumatra dich einlädt, hier zu spielen, bist du alles andere als eine Herumtreiberin. Das werde ich meiner Mutter auch klarmachen, wenn sie es zur Sprache bringt. Aber sie ist eine herzensgute Frau, und auch wenn sie sich aufregen wird, irgendwann beruhigt sie sich wieder. Ich verspreche dir, wenn ich dich ihr vorstelle, wird sie die Liebenswürdigkeit in Person sein.«
    Rose nickte. In diesem Augenblick war sie gewillt, ihm ­alles zu glauben.
    »Und was ist mit Maggie selbst?«, wandte sie ein. »Ich glaube, von allen wird sie diejenige sein, die die Enttäuschung

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