Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
Vom Netzwerk:
Kreises … und blieben stehen.
    Möglicherweise rochen sie etwas, das ihnen nicht gefiel, oder ein anderer, verborgenerer Sinn warnte sie, ein Instinkt, der ihnen nach jahrtausendelangem Kampf mit ihrer Beute angeboren war, mit diesen ehrgeizigen zweibeinigen Säugetieren, die die Dreistigkeit besessen hatten, sich aus begriffsstutzigen, unbeschwerten Primaten selbst zu Jägern zu entwickeln, die in der Lage waren, nicht nur die menschliche Spezies zu verteidigen, sondern die Anthropophagen vom Angesicht der Erde zu tilgen. Welch schreckliche Ironie lag darin: dass für ihr Gedeihen unser Gedeihen nötig war, jedoch auf Kosten ihrer eigenen Ausrottung!
    Ich hörte Kearns von oben rufen: »Ruhig Blut, Jungs, ruhig Blut! Erst auf mein Signal! Brock, sind Sie bereit?«
    Brock grunzte eine Antwort. Neben mir ließ Malachi sich auf ein Knie nieder und hob das Gewehr. Er war so nah, dass ich seinen rauen Atem hören und die feuchte Wolle seiner Jacke riechen konnte. Zu meiner anderen Seite klammerte sichKearns’ anonymes Opfer ans Leben und umfasste mein Handgelenk mit beiden Händen, während sie verständnislos mein Gesicht anstierte.
    »Wer bist du?«, krächzte sie. »Bist du ein Engel?«
    »Nein«, antwortete ich. »Ich bin Will Henry.«
    Ich fuhr zusammen, denn plötzlich erschallte Kearns’ Stimme. Er schrie aus vollem Halse: »Hallo, hallo, meine Hübschen! Eins, zwei, drei, vier Eckstein! Hier drüben findet die Party statt!«
    Die Wirkung auf die wogenden Monster trat umgehend ein: Mit mächtigen Sprüngen setzten sie über den Graben und in den Ring des Gemetzels, schwärmten, zwei Dutzend stark, aus und stürmten auf die Plattform los, mit glänzenden schwarzen Augen und offenen Mäulern, denn Kearns’ Verhöhnung überwand jeglichen warnenden Instinkt. Als das letzte kopflose Scheusal den östlichen Rand überquert hatte, rief Kearns das Kommando »Feuer werfen!«, und Brock schleuderte einen brennenden, ölgetränkten Lappen in den Graben. Fünf Fuß hoch brachen die Flammen aus; ich spürte die Hitze auf den Wangen, als sie, genährt von Öl und Kerosin, durch den Graben rasten und Wolken beißenden schwarzen Qualms in die Atmosphäre spien. Panisch, schlitternd und rutschend, kamen die Monster im Ring des Feuers zum Stehen, kreischend vor Schreck und primordialer Angst: Als der Mensch zum ersten Mal das Feuer gezähmt hatte, hatte sein Licht den Schatten ihres Untergangs vorausgeworfen.
    Wie die feurigen Tore der Hölle trafen sich die zwei Flammenwände auf der anderen Seite des Grabens, schlossen die Bestien ein und besiegelten ihr Schicksal.
    »Schießen Sie nach Belieben, Gentlemen!«, rief Kearns über das Prasseln der Flammen, das zischende Sprühen des Regens und die entsetzten Schreie der Anthropophagen hinweg. Gewehrfeuer brach über uns aus; die Bretter über unseren Köpfen klapperten und schwankten heftig bis hin zu dem Punkt, wo ich mir sicher war, dass die ganze behelfsmäßige Konstruktionauf uns herunterkrachen würde. Die Nacht war inzwischen endgültig hereingebrochen, aber jetzt wurde das Gelände von einem qualmigen, orangefarbenen Leuchten erhellt, in dem es von zuckenden Schatten wimmelte, deren Todesschreie sich mit dem Donnern der Kanonade von oben mischten. Durch das entsetzliche Getöse hörte ich Kearns’ entzückten Ausruf: »Ist wie auf Fische in einem Fass zu schießen!« Ein Gegenstand von der doppelten Größe eines Baseballs segelte in den Kreis, und einen Moment später ließ die Explosion der Granate die Erde erbeben; ein großer glühender Feuerball zerplatzte und verstreute seine Blüten, verschleuderte seine gleißend heiße Schrapnellladung in einem fleischzerreißenden Umkreis der Zerstörung.
    »Kann nichts sehen, kann nichts sehen !«, murmelte Malachi frustriert, während er den Lauf seines Gewehrs hin und her schwenkte. Er flitzte nach vorn, als hätte er tatsächlich vor, über die Flammen und den Graben hinwegzusetzen und den Kampf direkt zu den Geschöpfen zu tragen, die seine Familie abgeschlachtet hatten. »Nur einer. Bitte, Gott, nur einer!«
    Und an diesem Punkt wurde sein Wunsch erfüllt.
    Anthropophagen kommen nicht mit der Vorliebe für Menschenfleisch auf die Welt. Noch sind sie, wie der solitäre Hai oder der edle Adler, geborene Jäger. Sie müssen, wie der Wolf oder der Löwe – oder der Mensch, nebenbei bemerkt –, diese komplexen Verhaltensweisen von ihren Eltern oder von anderen Mitgliedern der Gruppe lernen. Anthropophagen erreichen die

Weitere Kostenlose Bücher