Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist
behelfsmäßigen Sarg hob. Ihr Kopf fiel nach hinten, und die Arme rutschten ihr langsam von der Brust und baumelten an den Seiten herab, als Kearns sie in den Ring des Gemetzels trug.
»Will Henry!«, rief er leise über die Schulter. »Meine Tasche!«
Alle Arbeit kam zum Erliegen, als die Männer sein Herannahen erspähten. Sie ließen die Kinnladen fallen; ihre Augen huschten von Kearns zu Morgan, der ihnen mit einer Handbewegung bedeutete: Grabt! Grabt! Kearns ließ seine Last neben der Eisenstange behutsam zu Boden und hielt ihren Kopf in seinen Händen. Er nickte zum Seil hin. Ich stellte die Tasche neben ihm ab und reichte ihm das Ende, das an der Kette befestigt war. Er schob den Haken unter den Ring um ihren Hals.
»Ich kann nicht verstehen, worüber er sich so aufregt«, sagte er. »Die Maori benutzen Sklavenjungfrauen – Mädchen im Teenageralter, Will Henry, die primitiven Scheusale.«
Er riss an der Kette. Der Kopf der Frau machte einen Ruck in seinem Schoß.
»Das genügt.« Er ließ ihren Kopf sacht auf die schlammige Erde sinken; dann stand er auf und begutachtete das Schlachtfeld. Ich blickte nach rechts, zur Plattform hin, und sah eine einsame Gestalt dort stehen, die ein Gewehr in den Armen hielt und auf uns herabstarrte, so regungslos wie ein Posten auf Wache. Es war Malachi.
Obwohl der monotone Regen anhielt und das graue Licht, das die unerbittliche Ankunft der Nacht verkündete, zu verweilen schien, herrschte dennoch das Gefühl, als verginge die Zeit wie im Fluge, als tickte die Uhr schneller, als sei der Taktschlag des Marsches zur Schlacht beschleunigt worden. Zwei große Fässer wurden vom Transportfuhrwerk geladen und ihr Inhalt, eine beißend riechende schwarze Mischung aus Kerosin und Rohöl, in den frisch ausgehobenen Graben geschüttet, der das Opfer umgab. Kearns befahl alle auf die Plattform, um noch einmal das durchzugehen, was er das »Maori-Protokoll« nannte.
»Ich gebe den ersten Schuss ab«, schärfte er den regendurchnässten und schlammverspritzten Männern ein. »Sie warten auf mein Zeichen, bevor Sie das Feuer eröffnen. Zielen Sie auf die Gegend knapp unterhalb des Rachens oder aufs Kreuz; überall anders ist es bloß eine Fleischwunde.«
»Wie viel Zeit werden wir haben?«, fragte einer.
»Bei diesem Wetter weniger als zehn Minuten, wage ich zu behaupten, mehr als genug Zeit, die Arbeit zu erledigen, jedenfalls diese Phase davon, aber diese zehn Minuten werden Ihnen wie eine Ewigkeit vorkommen. Denken Sie daran, es gibt nur zwei Voraussetzungen, unter denen wir diese Plattform verlassen: wenn unsere Arbeit getan ist, oder wenn unsere Barriere durchbrochen wird. Wer bewacht den Graben?«
Ein schmalgesichtiger Mann namens Brock hob die Hand. Kearns nickte und sagte: »Bleiben Sie an meiner Seite und warten Sie auf den Befehl – unternehmen Sie nichts, bis ich esIhnen sage! Timing ist alles, Gentlemen, sobald wir erst einmal den Kundschafter ausgemacht haben. Also gut dann! Noch Fragen? Irgendwelche Bedenken in letzter Minute? Jemand, der aussteigen möchte? Jetzt wäre die letzte Gelegenheit dazu, denn ab jetzt gilt es.« Er reckte das Gesicht in den weinenden Himmel, schloss die dunklen Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus, wobei seine sinnlichen Lippen ein Lächeln umspielte. »Die blutige Stunde ist gekommen.«
Wir drängten uns an den Rand der Plattform und blinzelten in die zunehmende Düsterkeit, während Kearns neben dem Leichnam in der Mitte des Kreises kniete und in der Tasche herumkramte, die ich dortgelassen hatte. Er beugte sich tief über die Frauenleiche und hatte uns den Rücken zugekehrt, sodass uns die Sicht versperrt war.
»Was in drei Teufels Namen treibt er da?«, wunderte sich Morgan.
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Warthrop murmelnd. »Aber ich bezweifle nicht, dass der Teufel seine Freude daran hätte.«
Zu unserem Erstaunen fing die Leiche plötzlich an, spasmisch zu zucken und mit den Beinen zu strampeln; ihre Hände ballten sich um Schlamm und Grasstücke. Kearns setzte sich zurück, um dieses Phänomen zu beobachten, und ich hörte den Doktor neben mir hauchen: »O nein!« In der rechten Hand hielt Kearns lässig das Bowiemesser, während er mit den Fingerspitzen der linken auf den Hals der Frau drückte.
»Warthrop«, knurrte Morgan. »War throp !«
Mit einer einzigen flüssigen Armbewegung langte Kearns über den zappelnden Rumpf der Gefangenen und öffnete ihr mit der rasiermesserscharfen Klinge den Unterleib.
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