Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist
sie wie Ratten in der Falle – ein bisschen trockner als die armen Ratten oben, aber nichtsdestoweniger in der Falle. Burns ließ die Beschimpfung gleichmütig und ohne Erwiderung über sich ergehen, schleifte seinen Captain ans Bett und ermahnte ihn, sich nicht von der Stelle zu rühren. Von dieser Position aus hatten sie freies Schussfeld auf die Tür und waren vor etwaigen Blicken durch die Fenster hinter dem Bett verborgen.
»In meinem Wandschrank!«, schrie der Captain über das Getöse an Deck direkt über ihren Köpfen. »Schnell, Burns!«
Burns krabbelte – aus Angst, durch die Fenster Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wenn er aufrecht ginge – über den Boden zum Wandschrank, in dem er eine Elefantenbüchse und Munition fand. Varner riss sie ihm aus den Händen und lachte bitter, während er lud.
»Ein Geschenk vom König der Ashanti. Ist noch nie abgefeuert worden. Hoffen wir, dass wir sie heute Nacht nicht testen müssen, Burns!«
Sie saßen Seite an Seite am Fuß des Bettes. Blitze zuckten vor den Fenstern und warfen lange, flüchtige, scharfkantige Schatten auf den Boden. Das Schiff stampfte und schlingerte weiter heftig, der vom Sturm geschürten See auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, während das Gewehrfeuer allmählich abnahm, bis nur noch hier und da ein verirrter Schuss zu hören war. Die Schreie der Besatzung verstummten ganz. Es waren nur noch die krachende See und das ohrenzerfetzende Donnern und der jaulende Wind zu vernehmen … und das war alles. Sie strengten ihre Ohren bis aufs Äußerste an, um irgendeinen Laut von den Männern zu hören, die auf Deck zurückgeblieben waren. Waren die Matrosen dem Angriff gänzlich entkommen, indem sie aufs Deck darunter geflohen waren und sich an Deckung gesucht hatten, was sie finden konnten? Wie viele hatten überlebt – hatten überhaupt welche überlebt? Und was war mit dem Monster? Bestimmt war es tot oder schwer verwundet. Nicht einmal ein Wesen von dieser enormen Größe und Schnelligkeit konnte zwanzig bewaffnete Männer in einem Nahkampf bezwingen … oder doch? Das war die Frage, die sie einander atemlos flüsternd stellten, zwischen den blendenden Explosionen strahlend weißen Lichts und dessen Gefährten, dem spantenerschütternden Dröhnen des Donners. Mit klappernden Zähnen, durchgeweicht bis auf die Haut, mit Fingern, die nervös den Abzug ihrer Waffen streichelten, sannen und postulierten sie, verwandten jedoch keinen Gedanken darauf, welche Vorgehensweise sie verfolgen sollten. Jeder Moment, der ohne Zwischenfall verstrich, war ein Sieg; jede Sekunde, die ereignislos verrann, ein Triumph.
Aber diese Sekunden zogen sich, diese Minuten krochen, und nach einer Weile fielen sie in Schweigen, erschöpft von Fragen, auf die sie keine Antworten hatten. Keiner sprach, bis Varner, mit ernster und vernünftiger Stimme, Burns fragte, wie viele Kugeln er in seinem Revolver hatte.
»Ich habe oben zweimal gefeuert, Sir«, antwortete der Steuermann. »Also sind noch vier in der Kammer.«
»Sparen Sie zwei auf«, sagte Varner.
»Zwei, Sir?«
»Schießen Sie zwei Mal, wenn Sie müssen, aber sparen Sie die beiden letzten auf. Eine für mich und eine für Sie selbst, Burns, sollte es dazu kommen. Ich will nicht Wilsons Schicksal teilen.«
Burns schluckte schwer und nahm sich einen Moment Zeit, bevor er antwortete. Vielleicht hatte er versucht, ein Argument zu ersinnen, einen Einwand, der entweder an Glaube oder Vernunft appellierte, und höchstwahrscheinlich war es ihm nicht gelungen, denn er sagte: »Ja, Captain.«
»Sagen Sie, Burns, sind Sie ein gläubiger Mensch?«
»Ich bin Christ, Sir.«
Varner kicherte und veränderte die Lage der Büchse quer über seinem Schoß. Sie war ziemlich schwer und schnitt ihm die Blutzirkulation in den Beinen ab.
»Das bin ich auch, aber das ist nicht immer dasselbe, Burns. Beten Sie?«
»Als ich jung war nie«, gestand Burns. »Jetzt schon eher, Captain.«
»Gut«, sagte der Captain. »Sprechen Sie ein Gebet, Burns, und legen Sie ein Wort für Ihren Captain ein.«
Gehorsam senkte Burns den Kopf und begann, das Vaterunser aufzusagen. Er sprach es langsam und mit viel Gefühl. Als er fertig war, waren beide Männer tief bewegt, und Varner fragte ihn, ob er den dreiundzwanzigsten Psalm kenne.
»Das ist mein Lieblingspsalm«, sagte Varner. »›Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal …‹ Kennen Sie ihn, Burns? Sagen Sie es, wenn Sie ihn kennen.«
Burns kannte ihn tatsächlich, und Varner
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