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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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glaubt, was jedes Kind genau weiß: dass es Monster gibt, die unter unseren Betten auf der Lauer liegen.
    »Was für ein außerordentliches Glück«, brach der Doktor endlich das Schweigen. »Nicht nur, dass Sie in jener Nacht entkommen sind, Hezekiah, Sie haben sogar bis zu Ihrer Rettung überlebt.«
    »Ich habe sie alle verloren, jeden Einzelnen«, erwiderte Varner. »Und ich habe die letzten dreiundzwanzig Jahre an diesem entsetzlichen Ort verbracht, die letzten fünf davon an dieses Bett gefesselt, nur mit meinen Erinnerungen und dieser grässlichen schlüsselrasselnden Alten als Gesellschaft. In der Tat, was für ein Glück, Warthrop! Denn wenn das Leben eine Frage ist, dann habe ich meine Antwort darauf: Man kann ihm nicht entkommen. Man kann das Schicksal nicht betrügen. Ich war der Captain. Die Feronia gehörte mir und ich ihr, und ich verriet sie. Ich verriet sie und ließ sie im Stich, aber das Schicksal kann nicht verraten oder im Stich gelassen werden; es kann nur aufgeschoben werden. Mein Schicksal war es, gefressen zu werden, sehen Sie, und wenn ich auch vor dreiundzwanzig Jahren aus dem Spiel ausgestiegen bin, hat das Haus noch einmal erhöht, und jetzt muss ich die Schuld tilgen.«
    Warthrop versteifte sich. Er starrte einen Moment lang aufdas aufgedunsene Gesicht, die verweinten, ruhelosen Augen und die huschende Zunge. Er hob die Lampe vom Boden auf und gab mir ein Zeichen.
    »Halte sie, Will Henry«, wies er mich an. »Höher. Und jetzt tritt zurück.«
    Er packte die Decken mit beiden Händen. Varners Augen glitten in seine Richtung, und der alte Mann wisperte »Nein«, obwohl er sich nicht rührte. Warthrop riss das Bettzeug herunter, und ich taumelte mit einem unwillkürlichen Laut des Erschreckens zurück.
    Hezekiah Varner lag nackt da wie am Tag seiner Geburt, unter Rollen von gallertartigem Fett, und sein Körper hatte dieselbe gräuliche Tönung wie sein Gesicht, ein Flickwerk aus Gazemustern, die hastig auf verschiedene Stellen über seine kolossale Anatomie gepflastert worden waren. Einen fettleibigeren Menschen hatte ich noch nie gesehen, aber es war nicht der Anblick, der mich zurücktrieb oder mich aufkeuchen ließ; es war der Geruch. Ums Zehnfache vervielfacht war der widerliche Gestank nach verfaulendem Fleisch, den ich vorher schon bemerkt hatte, der üble Geruch, den ich einer verwesenden Ratte unterm Bett zugeschrieben hatte. Ich warf einen Blick auf den Doktor, dessen Gesichtsausdruck grimmig war.
    »Hier hoch, Will Henry«, sagte er. »Halte sie über ihn, während ich mir das ansehe.«
    Ich kam seiner Anweisung natürlich nach und atmete dabei flach durch den Mund, aber da war ein schwacher Geschmack davon auf meiner Zunge, die kribbelnde Schärfe, die jeden kräftigen Geruch begleitet. Als ich die Lampe über den bewegungslosen Körper des Captains hielt, beugte sich der Doktor über ihn und begann behutsam einen der Verbände zurückzuziehen. Varner stöhnte, rührte aber keinen Muskel.
    »Nicht!«, ächzte er. »Berühren Sie mich nicht!«
    Warthrop ignorierte seine Bitte. »Ein Narr war ich, dass ich es nicht sofort gesehen habe. Es konnte nur eine Erklärung für sie geben, Will Henry.«
    Ich nickte, während ich mit einer Hand die Lampe hielt, um seine Arbeit zu beleuchten, und mir die andere vor Mund und Nase presste. Ich nickte, aber ich begriff es nicht. Eine Erklärung für wen? Varners Haut dehnte sich, als Warthrop die Gaze zurückstreifte. Der Verband, wie die anderen, die ihn bedeckten, wirkte blendend weiß neben seinem grauen Fleisch. Die Bandagen waren frisch. Mrs. Bratton war ziemlich emsig gewesen, während Starr uns im Sprechzimmer hingehalten hatte, hatte den Raum mit Bleiche gescheuert, Varner seiner dreckigen Nachtwäsche entledigt, diese Verbände aufgelegt, die frische Bettwäsche über ihn gehäuft, all das in dem Bemühen zu verbergen, dass … ja, was? Nicht die wund gelegenen Stellen, denn die waren bei einem bettlägerigen Mann von Varners Größe zu erwarten. Die Antwort, natürlich, schwirrte und summte am Fenster hinter uns.
    Was ist mit den Fliegen?
    »Fassen Sie mich nicht an«, flüsterte das menschliche Futter unter uns.
    Der Verband, den Warthrop abgenommen hatte, hatte den größten Teil von Varners rechter Seite bedeckt. Darunter war eine Wunde von ovaler Form und ungefähr der Größe einer Kuchenplatte, deren Ränder ausgefranst und entzündet waren, eine nässende Kaverne, die sich bis auf seine Rippen erstreckte, welche ich im

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