Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
Vom Netzwerk:
Führer besorgen können als ein Mitglied der North-West Mounted Police. Hawk erkundigte sich dann, welche Art von Ausrüstung wir für die Expedition mitgebracht hätten. Unsere Reise würde durch dichten borealen Wald führen und mühsam werden, ein Marsch von mehr als vierhundert Meilen hin und zurück. Warthrop gab zu, außer unserer Entschlossenheit wenig mitgenommen zu haben, bloß ein paar warme Kleider und, fügte er dunkel hinzu, als wollte er Eindruck machen, seinen Revolver, an welchem Punkt der Sergeant lachte.
    »Könnte gegen die Bisamratten oder einen Biber nützlich sein, möglicherweise – aber sonst gegen nicht viel. Da draußengibt es Grizzlys und Luchse und natürlich die Wölfe, aber ich werde ein Gewehr für Sie auftreiben. Was das Übrige betrifft, überlassen Sie das mir. Ich will Ihnen etwas sagen, Doktor, ich hatte so ein merkwürdiges Gefühl, als ich mit Fiddler sprach – so als ob er mir nicht alles erzählen würde, was er wusste. Aber Leute seines Schlages trauen uns nicht – der Polizei, meine ich –, und vielleicht haben Sie recht; mit einem Monsterjägerkameraden wird er reden.«
    Sie trennten sich fürs Erste, jeder mit der höchsten Wertschätzung für den anderen, wenngleich Hawk der offensichtlich Beeindrucktere war. Er schien regelrecht hin und weg zu sein und nicht imstande zu begreifen, dass der Held seiner Kindheitsfantasien der ältere Warthrop und nicht mein Herr war.
    Der Doktor, dessen Laune durch diese glückliche Wendung der Ereignisse Auftrieb erhalten hatte, begab sich geradewegs zum Telegrafenamt, wo er ein Telegramm an Muriel Chanler in New York aufgab:
    HEUTE MORGEN IN RAT PORTAGE EINGETROFFEN STOP LAROSE IST VERSCHWUNDEN STOP BRECHEN BEI TAGESANBRUCH ZUM SANDY LAKE AUF MIT SGT HAWK STOP WERDE BENACHRICHTIGEN
    »Ich kann mir ihre Reaktion nicht vorstellen, wenn sie das Telegramm erhält«, vertraute er mir bei unserem Abendessen an. Sein Gesicht glühte geradezu bei dem Gedanken. »Überrascht, würde ich vermuten, aber nicht schockiert. Ich sollte wahrscheinlich den Mund halten, bis ich eine definitive Antwort habe – ich will ihre Hoffnung nicht wieder aufleben lassen. Die Chancen, dass der arme Kerl noch am Leben ist, sind praktisch gleich null, aber ich fürchte, sie könnte es sich in den Kopf setzen, selbst nach ihm suchen zu kommen. Das sähe ihr ähnlich. Muriel ist eine Frau von bemerkenswerter – manche würden sagen verwerflicher – Halsstarrigkeit. Sie wird nicht glauben, dass er tot ist, bis sie seinen leblosen Körper gefunden hat.«
    So überschwänglich war seine Stimmung, dass ich beschloss, den Fuß ins Niemandsland seiner Vergangenheit zu setzen und zu riskieren, den Kopf abgerissen zu bekommen.
    »Was ist vorgefallen, Sir?«
    Er runzelte die Stirn. »Was meinst du?«
    »Zwischen Ihnen und Muriel – Mrs. Chanler, meine ich.«
    »Warst du denn nicht da? Ich erinnere mich deutlich daran, obwohl ich mich auch deutlich daran erinnere, dir gesagt zu haben wegzugehen.«
    »Es tut mir leid, Sir. Ich meinte davor …«
    »Wieso nimmst du an, dass überhaupt etwas vorgefallen ist?«
    Mir wurde warm im Gesicht. Ich wandte den Blick ab. »Gewisse Dinge, die sie sagte … und die Sie sagten, später, als Sie nicht schlafen konnten. Ich – Ich hörte, wie Sie ihren Namen riefen.«
    »Ich bin sicher, dass du nichts Derartiges gehört hast. Darf ich dir einen Rat geben, Will Henry? In jedermanns Leben, wie der Apostel sagte, kommt der Zeitpunkt, da man mit kindlichen Dingen abschließen muss. Was zwischen mir und Muriel vorgefallen ist, ist eines dieser Dinge.«
    An dem Abend, als sie in unserm Zuhause aufgetaucht war, hatte ich den Eindruck gehabt, als hätte er mit nichts abgeschlossen, sei es kindlich oder anderweitig. Er mochte sich das gesagt haben – mochte es sogar glauben –, aber dadurch wurde es noch nicht so. Selbst der gefühlloseste Zyniker ist leichtgläubig seinen eigenen Lügen gegenüber.
    »Dann kennen Sie einander also schon, seit Sie Kinder waren?«, fragte ich.
    »Es ist eine Redensart, die sich auf die Sache bezieht, Will Henry, nicht auf die Person. Ich war kein Kind, als wir uns kennenlernten.«
    »Sie war mit Mr. Chanler verheiratet?«
    »Nein. Ich habe sie miteinander bekannt gemacht. Nun ja, sozusagen. Es war meinetwegen, dass sie sich kennenlernten.«
    Ich wartete darauf, dass er weiterredete. Er stocherte in seinem Wildbret herum, nippte an seinem Tee, starrte einen Punkt knapp über meiner rechten Schulter an.
    »Es gab

Weitere Kostenlose Bücher