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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Ihnen etwas zeigen. Es gibt keinen Namen dafür; es hat kein menschliches Symbol. Es ist alt, und seine Erinnerung ist lang. Es kannte die Welt, bevor wir ihr einen Namen gaben.
    Es weiß alles. Es kennt mich, und es kennt Sie.
    Und ich werde es Ihnen zeigen.
    Ich werde es Ihnen zeigen.
    Lassen Sie uns also gehen, Sie und mich, wie Alice in den Kaninchenbau hinabsteigen, in eine Zeit, da es noch dunkle Orte auf der Welt gab und Männer, die sie zu ergründen wagten.
    Als alter Mann bin ich wieder ein Junge.
    Und tot lebt der Monstrumologe.
    Er war ein einsamer Mann, ein Verweiler im Schweigen, ein Genie, versklavt von seinem eigenen despotischen Denken, akribisch bei seiner Arbeit, nachlässig bei seinem Äußeren, zu Anfällen entkräftender Melancholie neigend und von Dämonen getrieben, die so furchterregend waren wie die biologischen Monstrositäten, die er jagte.
    Er war ein harter Mann, eigensinnig, von einer Kälte, die ans Grausame grenzte, mit unergründlichen Motiven und starren Erwartungen, ein strenger Zuchtmeister und ein anspruchsvoller Lehrer, wenn er mich nicht gänzlich ignorierte. Oft vergingen Tage ohne mehr als ein oder zwei Worte zwischen uns. Ich hätte genauso gut ein weiteres staubiges Möbelstück in einem vergessenen Zimmer seines ererbten Zuhauses sein können. Wäre ich geflohen, ich zweifle nicht, es wären Wochen verstrichen, bevor es ihm aufgefallen wäre. Dann, ohne Warnung, fand ich mich als der alleinige Brennpunkt seiner Aufmerksamkeit wieder, ein einzigartig unerfreuliches Phänomen, das eine Wirkung hervorrief, die dem Gefühl des Ertrinkens oder von einem tausend Pfund schweren Stein zermalmt zu werden ähnelte. Jene dunklen, auf eigenartige Weise hinterleuchteten Augen richteten sich dann auf mich, die Stirn furchte sich, die Lippen kniffen sich zusammen und wurden weiß, derselbe Ausdruck intensiver Konzentration, den ich Hunderte Male am Nekropsietisch gesehen hatte, wenn er irgendein namenloses Wesen abhäutete und aufschnitt, um seine Eingeweide zu erforschen. Ein Blick von ihm konnte mich bloßlegen. Manch sinnlose Stunde brachte ich damit zu, hin und her zu überlegen, was schlimmer war, von ihm ignoriert oder wahrgenommen zu werden.
    Aber ich blieb. Er war alles, was ich hatte, und ich schmeichle mir nicht, wenn ich sage, dass ich alles war, was er hatte. Tatsache ist, dass ich bis zu seinem Tod sein einziger Kamerad war.
    Das war nicht immer so gewesen.
    Er war ein einsamer Mann, aber er war kein Einsiedler. In jenen letzten Tagen des zu Ende gehenden Jahrhunderts war der Monstrumologe ein viel gefragter Mann. Täglich trafen Briefe und Telegramme aus der ganzen Welt ein, in denen er um Rat gebeten, zu Vorträgen eingeladen wurde oder man sich wegendieses oder jenes Dienstes an ihn wendete. Er zog das Feld dem Laboratorium vor und pflegte sogleich alles stehen und liegen zu lassen, wenn es galt, der Sichtung einer seltenen Spezies nachzugehen; in seinem Schrank harrten seiner allzeit Marschgepäck und ein gepackter Koffer.
    Er freute sich auf das Kolloquium der Monstrumologischen Gesellschaft, das alljährlich in New York abgehalten wurde und wo sich zwei Wochen lang Wissenschaftler derselben philosophischen Neigung trafen, um Abhandlungen zu präsentieren, Ideen auszutauschen, Entdeckungen zu teilen und, wie es ihre auf den ersten Blick überraschende Gewohnheit war, jede einzelne Bar und Kneipe auf der Insel Manhattan stillzulegen. Vielleicht war dies aber doch nicht so widersinnig. Dies waren Männer, die Wesen jagten, vor denen die große Mehrheit ihrer Mitmenschen weggelaufen wären so schnell sie ihre Beine trugen. Die Entbehrungen, die sie auf dieser Jagd auf sich nahmen, machten irgendeine Art dionysischer Erlösung fast notwendig. Warthrop war die Ausnahme. Er rührte niemals Alkohol oder Tabak oder irgendeine bewusstseinsverändernde Droge an. Er spottete über diejenigen, die er als Sklaven ihres Lasters betrachtete, aber er war nicht anders – nur sein Laster war es. Tatsächlich hätte man anführen können, dass seines bei Weitem das gefährlichste war. Es war schließlich nicht die Frucht des Rebstocks, die Narcissus umbrachte.
    Der Brief, der im späten Frühjahr 1888 eintraf, war nur einer von vielen, die an diesem Tag kamen – ein besorgniserregendes Sendschreiben, das, nachdem es in seinen Besitz gekommen war, schnell Besitz von ihm ergriff.
    Es war in New York abgestempelt und lautete:
    Mein lieber Dr. Warthrop,
    aus sicherer Quelle weiß ich, dass

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