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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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einer von Warthrop gezeichneten simplen Karte Laroses provisorisches Grab ausfindig zu machen. Er war sich der genauen Lage nicht sicher, sagte er den Vernehmungsbeamten, aber er wusste, dass es vom Lager der Sucker am Sandy Lake aus ungefähr einen Tagesmarsch vom Hauptweg entfernt lag.
    Der Doktor war den Umgang mit allen Arten des Gesetzesvollzugs gewohnt; es war ein inhärenter Teil seiner Arbeit, denn die Monstrumologie war gewissermaßen das Studium der kriminellen Seite der Natur. Seine Antworten auf ihre Fragen waren offen und direkt; nur wenn sich diese Fragen um den Zweck von John Chanlers Reise drehten, wurden die Antworten vage.
    »Wissenschaftliche Untersuchungen«, erwiderte er vorsichtig.
    »Wissenschaftliche Untersuchungen wovon, Dr. Warthrop?«, fragten die Kriminalbeamten.
    »Von gewissen indigenen Glaubenssystemen.«
    »Könnten Sie sich präziser ausdrücken?«
    »Nun, er hat mich deswegen gewiss nicht zurate gezogen«, sagte Warthrop ein wenig gereizt. »Wenn Sie mehr wissen möchten, schlage ich vor, Sie fragen Dr. Chanler.«
    »Das haben wir. Er gibt an, sich an nichts erinnern zu können.«
    »Ich habe keinen Zweifel, dass er die Wahrheit sagt. Er hat ein schreckliches Martyrium durchgemacht.«
    »Das er allerdings etwas besser überstanden hat als sein Führer.«
    »Falls Sie damit andeuten wollen, dass er etwas mit Laroses Ermordung zu tun hatte, so irren Sie sich leider, Detective Sergeant. Ich will Ihnen ja nicht erzählen, wie Sie Ihre Arbeit zu machen haben, aber die Person, der Sie diese Fragen stellen sollten, ist Jack Fiddler.«
    »Oh, wir werden schon noch mit Mr. Jack Fiddler reden. Wir haben Meldungen über die sonderbaren Vorgänge dort oben am Sandy Lake erhalten.«
    Dann war ich an der Reihe. Die Beamten baten den Doktor höflich, den Raum zu verlassen. Er weigerte sich standhaft. Sie baten ihn noch einmal mit deutlich weniger Höflichkeit, und er stimmte widerwillig zu, als er sah, dass weitere Widerspenstigkeit nur zur Verzögerung unserer Abreise führen würde.
    Die nächste Stunde gingen sie mit mir die Geschichte durch, vom ersten Tag bis zum fürchterlichen letzten, und ich beantwortete ihre Fragen so gründlich, wie ich konnte, wobei ich nur jene Dinge ausließ, von denen der Doktor mir gesagt hatte, dass sie von »Dehydrierung, Schlafentzug, Hunger, physischem Trauma, Erschöpfung, Unterkühlung und extremer Angst« geboren worden waren – das heißt alles, was nach Outiko roch.
    »Weißt du , was Chanler dort oben im Norden wollte?«, fragten sie mich.
    »Ich glaube, es ging um wissenschaftliche Untersuchungen.«
    »Wissenschaftliche Untersuchungen, ja, ja; das haben wir bereits gehört.« Dann, urplötzlich, schlugen sie eine andere Gangart an. »Was für ein Doktor ist er?«
    »Dr. Chanler?«
    »Dr. Warthrop.«
    »Er ist ein … Naturphilosoph.«
    »Philosoph?«
    »Ein Wissenschaftler.«
    »Was untersucht er?«
    »N… natürliche Sachen«, stotterte ich.
    »Und Dr. Chanler, er ist dieselbe Art von Philosoph?«
    »Ja.«
    »Und was bist du? Bist du auch ein Philosoph?«
    »Ich bin ein Assistent.«
    »Du bist ein Philosophenassistent?«
    »Ich stelle dem Doktor Dienste zur Verfügung.«
    »Welche Art von Diensten?«
    »Dienste der … unentbehrlichen Art. Steckt der Doktor in Schwierigkeiten?«, fragte ich in der Hoffnung, das Thema zu wechseln.
    »Ein Sergeant der NWMP ist tot, Junge. Jemand wird bald in Schwierigkeiten stecken.«
    »Aber ich habe es Ihnen doch gesagt – er hat uns verlassen. Er verschwand eines Nachts und war tot, als wir ihn fanden.«
    »Buschfieber – kletterte auf einen Baum und erfror. Ein Junge von hier, der in diesen Wäldern groß geworden ist, der darin gejagt und gefischt hat, der sie von hier bis zum Polarkreis durchwandert hat. Läuft einfach davon und schleppt sich mitten im ersten großen Sturm der Saison auf einen Baum … Du siehst selbst, dass das keinen Sinn ergibt, Will.«
    »Tja, aber das ist das, was passiert ist.«
    Mir war förmlich schwindlig vor Erleichterung, als sie uns hinausbrachten, ohne dass Metallmanschetten unsere Handgelenke zierten.
    »Wir werden von uns hören lassen, Dr. Warthrop«, sagten sie ziemlich ominös.
    Nachdem ich mit knapper Not mein erstes Verhör als verhafteter Fußsoldat im Dienste der Wissenschaft überlebt hatte, wurde ich einem weiteren von meinem Herrn unterzogen, der jede einzelne Frage erfahren und jede einzelne Antwort hören wollte.
    »›Philosophenassistent‹! Was zum Teufel ist denn

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