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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Frage, die auch ich ihr gestellt habe.«
    Er hielt inne. Ich wusste, worauf er wartete.
    »Was war sein letzter Anlaufhafen vor seiner Entlassung?«, riskierte ich einen Tipp.
    »Ah, ein schwacher Schimmer! Ein dünner Strahl bricht durch die Wolken! Ja, und du kennst die Antwort, wenn auch nicht die Einzelheiten, die nicht zahlreich sind und lauten wie folgt: Timothy Stowe diente als Obermaat an Bord der HMS Acheron , einer Fregatte der Königlichen Marine, die gerade von einer Versorgungsmission für die Garnison des britischen Protektorats auf Sokotra im Arabischen Meer zurückgekehrt war.«
    * * *
    Warthrop eilte zurück ins Hotel, um Arkwright die Neuigkeiten zu erzählen. Überrascht stellte er fest, dass sein Begleiter noch nicht wiedergekehrt war.
    »Ich war mehrere Stunden fort gewesen, und sein Gang hätte nicht halb so lang wie meiner dauern sollen. Ich wartete mehr als eine Stunde; die Sonne war bereits im Untergehen begriffen, und von Arkwright immer noch kein Zeichen. Ich begann mir Sorgen zu machen, dass ich wegen Kearns vielleicht falschgelegen hatte. Womöglich hatte er England gar nicht verlassen, und Arkwright war unwissentlich geradewegs in die Bärenhöhle spaziert. Wie nahe ich mit dieser Metapher an der Wahrheit war! Es wurde Nacht, und meine Hoffnung auf seine baldige Rückkehr sank. Ich kam zu dem Schluss, dass mir keine andere Wahl blieb, als mich auf die Suche nach ihm zu begeben, und das bedeutete, mit der Dorset Street anzufangen, schon am helllichten Tage keine sehr einladende Gegend, viel weniger noch in nebliger Nacht.«
    Er seufzte und zupfte an seiner Unterlippe. »Möglicherweise sind sie mir dorthin gefolgt – so wie einer von ihnen Arkwright gefolgt sein muss –, oder vielleicht haben sie auch mein Kommen auf der Suche nach ihm vorhergesehen. Ich kann keine zwanzig Yards von der Stelle weit weg gewesen sein, wo der Hansom mich abgesetzt hatte, als ein ungeschlachter Schatten aus dem Nebel auftauchte. Im Schein der Lampen erhaschte ich einen Blick auf kupferrotes Haar, sah den Arm sich heben, bekam kurz das Schimmern eines Pistolenlaufs zu sehen, und dann Dunkelheit – absolute Dunkelheit.«
    * * *
    Als der Monstrumologe wieder zu sich kam, nahm er den Gestank nach ungeklärtem Abwasser und die weit entfernten Echos tropfenden Wassers wahr, unruhige Schatten, die im Lampenlicht zitterten, und kalten, nassen Stein, der gegen seinen Rücken drückte. Er war an Händen und Füßen festgebunden, die Hände im Rücken gefesselt und mit einem kurzen Stück Seil mit derSchlinge um seinen Hals verbunden. »Wie bei einer Hundeleine, die am Halsband festgemacht ist, so zog die leiseste Bewegung die Schlinge zu, um mir sozusagen ›bei Fuß!‹ zu befehlen.«
    Auf der Plattform des Abwasserkanals neben Warthrop sackte Arkwright, der genauso gefesselt war, in sich zusammen, wurde dadurch wach und schilderte, in Warthrops Augen bemerkenswert gelassen, die Umstände. »Als wäre es ein alltägliches Ereignis, sich mit einer Schlinge um den Hals in der städtischen Kanalisation wiederzufinden und einen Fuß neben sich das pockennarbige Gesicht eines rothaarigen russischen Rohlings zu haben.«
    »Guten Abend, Dr. Pellinore Warthrop«, grüßte ihn der Rohling mit starkem slawischen Akzent. «Как у Вас ела?«
    Worauf Warthrop entgegnete: «Так себе.«
    »Haha! Haben das gehört, Plešec? Er sprechen Russisch!«
    »Ich habe das gehört, Rurick. Der Tonfall ist gut, aber der Akzent ist schrecklich.«
    Der Doktor versuchte den Kopf zu drehen, um ihren anderen Entführer zu lokalisieren, und wurde mit einem harten Ruck am Seil um seinen Hals belohnt, hart genug, so sagte er, um ihm den Adamsapfel zu quetschen. Arkwright neben ihm raunte ihm zu: »Vorsicht, Doktor!«
    Ruricks Reaktion erfolgte augenblicklich: Er drückte Arkwright den langen schwarzen Lauf seines Smith-&-Wesson-Revolvers an die Stirn und spannte den Hahn. Das Klicken war laut und nachhallend in dem leeren Raum.
    »Sie vergessen Regeln. Nur sprechen wenn angesprochen. Wahrheit sagen. Brechen Regel eins, ich schießen. Brechen Regel zwei, Plešec weiden Sie mit seinem Messer aus, machen Rattenfutter aus Ihnen.«
    Der kleine, kahle Russe namens Plešec trat in Warthrops Gesichtsfeld. Er drehte ein Bowiemesser in den zierlichen Händen herum, dasselbe Messer, das, Monate später, zum Einsatz kommen sollte, um Jacob Torrance beinah zu enthaupten.

»Sie kommen nach Mr John Kearns suchen«, sagte Rurick zum Doktor.

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