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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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könnte ich also laufen? Ach, vergiss es. Es ist unmöglich, genau zu sagen, was ich meine.«
    »Schon in Ordnung, Sir. Ich glaube, ich verstehe.«
    Ich machte die Augen zu und hob die Nase in den heißen Mittelmeerwind. Ich wollte den Geruch von Afrika unbedingt kennen.
    * * *
    Unser Aufenthalt in Port Said am nördlichen Endpunkt des Suezkanals sollte kurz sein – zwei Stunden, damit das Schiff Kohle und Vorräte und neu zusteigende Passagiere aufnehmen konnte. Der Wirbel, den die Bekohlung eines Dampfschiffs verursachte, war ausreichend, um die meisten Passagiere für die Dauer des Vorgangs an Land zu treiben, darunter auch meinen Herrn und mich, wenngleich es weniger seine Zielsetzung war, zu entkommen, als vielmehr eine Rettungsaktion in die Wege zu leiten.
    Wir machten als Erstes am Telegrafenamt halt, wo Warthrop diese knappe Botschaft an von Helrung schickte:
    IN ÄGYPTEN ANGEKOMMEN. DÜRFTEN ADEN SPÄTESTENS 19. DIESES MONATS ERREICHEN. KABELN DORT FALLS NEUIGKEITEN.
    Und dann dieses, an die, die ihn in Venedig gerettet hatte:
    MELDE BEI HAFENAMT ADEN WENN DU DIES ERHÄLTST. PELLINORE.
    Das Amt war heiß und stickig und überfüllt, hauptsächlich mit Europäern (der Telegrafist selbst war ein Deutscher), und die meisten von ihnen waren auf dem Heimweg von Indien und hatten ihr gerüttelt kontinentaleuropäisches Maß an exotischen Ländern und der Romantik von Fernreisen schon gehabt. Wir gingen nach draußen, wo es nicht ganz so stickig und überfüllt, dafür aber viel heißer war, eine Hochofenhitze, die ich, ein Junge aus Neuengland, in keiner Weise gewohnt war. Es fühlte sich an, als ob meine Lungen langsam zermalmt würden.
    »Wo ist dein Hut, Will Henry?«, fragte der Doktor. »Du kannst nirgendwo hingehen in Afrika ohne einen Hut.«
    »Ich habe ihn auf dem Schiff gelassen, Sir«, keuchte ich.
    »Dann komm mit, aber wir müssen uns beeilen. Da gibt es jemanden, den ich sehen muss, bevor wir abfahren.«
    Er führte mich eine Reihe von schmalen, gewundenen Straßen entlang, durch ein Wirrwarr sich kreuzender Gassen, kaum breiter als Waldwege, nur hatten die Bäume hier dünne Stämme und keine Äste, und der Staub wallte und kochte unter unseren Füßen.
    Wir bogen um eine Ecke und kamen auf einen Markt unter freiem Himmel, genannt souq , eine Art Basar, wo man praktisch alles finden konnte – Süßigkeiten und Kuriositäten (ich sah mehr als einen Verkäufer Schrumpfköpfe feilbieten), Schnaps, Tabak, Kaffee und Kleidung – darunter eine Vielzahl von Strohhüten, auch wenn wir keinen einzigen finden konnten, der nicht wenigstens drei Nummern zu groß für mich war. Jemand machte die Bemerkung, die Sonne müsse sämtliche Feuchtigkeit aus meinem Kopf verdampft haben. Es scherte mich nicht. Die Krempe lag auf meinen Brauen, und bei der kleinsten Bewegung bimmelte störend das Glöckchen am Hutband, aber er schützte mich vor der abscheulichen Sonne.
    Wir verließen den Markt und gingen denselben Weg zurück zu einem verräucherten Café nicht weit von den Hafenanlagen. Die Gäste – sie waren alle männlich – saßen in Grüppchen herum und rauchten sisha , einen mit Früchten aromatisiertenTabak, aus reich verzierten Wasserpfeifen. Als er meines Herrn gewahr wurde, stürzte der Inhaber herbei, wobei er wild in die Hände klatschte und den Namen »Mihos! Mihos!« rief. Er umarmte den Doktor so ungestüm, dass mir um dessen Rippen bange wurde.
    »Seht, was der Wind aus der Wüste hereingeweht hat! Hallo, hallo, mein alter Freund!«, rief der Mann in fast akzentfreiem Englisch.
    »Fadil, schön, dich wiederzusehen!«, erwiderte Warthrop herzlich. »Wie laufen die Geschäfte?«
    »Ungefähr wie immer.«
    »So schlecht?«
    »Schlimmer! Es ist schrecklich! Aber es ist immer schrecklich, worüber soll ich mich also beklagen? Aber wer versteckt sich denn da unter dem großen weißen Hut?«
    »Das ist Will Henry«, antwortete der Monstrumologe.
    »Henry! James’ Junge? Aber wo ist James?«
    »Weg.«
    »Weg?«
    »Tot«, warf ich ein.
    »Tot! Ach, aber das ist ja schrecklich! Schrecklich!« Tränen stiegen ihm in die schlammfarbenen Augen. »Wann? Wie? Und du bist sein Sohn?«
    Ich nickte, und der Hut hüpfte auf meinem von der Hitze geschrumpften Kopf hin und her.
    »Und jetzt nimmst du seinen Platz ein. Sehr große Fußstapfen, in die du da trittst. Wahrhaftig sehr groß!«
    »Ja«, sagte Warthrop. »Fadil, mein Schiff geht in weniger als einer Stunde, und da ist etwas, was ich …«
    »Ach, aber

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