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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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sein, ein lebendiges Gespenst, ein Schatten, der dem Fährmann sein Silber fürs Übersetzen in die Unterwelt gezahlt hat. Ich hätte mich Trost suchend an den Menschen neben mir wenden können – so wie er sich im Zug nach Brindisi an mich gewandt hatte –, wie er sich in der Vergangenheit unzählige Male an mich gewandt hatte, wenn das, was er »die dunkle Flut« nannte, hereinbrach. Ich hätte mich an ihn wenden können und sagen: »Dr. Warthrop, Sir, ich habe Angst.«
    Ich tat es nicht, weil ich mich nicht traute. Es war nicht sein Naturell, das mein Geständnis zurückhielt. Es lag nicht daran,dass er mich vielleicht belächelt oder verurteilt hätte. An diese Dinge hatte ich mich so gewöhnt, dass sie nur noch Langeweile bei mir hervorriefen.
    Nein, ich hielt den Mund, weil ich fürchtete, er würde mich wieder verlassen.
    Die Sterne droben. Das Wasser unten. Das leblose Land zu beiden Seiten. Und, über dem unsichtbaren Horizont, sein Herannahen, gekennzeichnet durch jeden Schlag unserer Herzen, das Wesen, das wir beide ersehnten und fürchteten – das Magnificum , das Ungeheuer, der Gipfel des Abgrunds .

Dreißig
    »Ich werde dich holen kommen«

    Bei unserer Ankunft im Steamer Point in Aden warteten zwei Telegramme auf den Doktor. Das erste war aus New York:
    ALLES RUHIG. JOHN BULL HAT GEFRAGT, OB WIR SEINEN VERMISSTEN HUND GEFUNDEN HABEN. HABE IHM GESAGT, ER SOLL IVAN FRAGEN. EMILY LÄSST HERZLICH GRÜSSEN. VIEL GLÜCK. A.V.H.
    »John Bull?«, fragte ich.
    »Die Engländer«, übersetzte der Monstrumologe. »Der vermisste ›Hund‹ ist Arkwright. ›Ivan‹ ist die Russen. Von Helrung muss Besuch vom britischen Geheimdienst gehabt haben, die nach ihrem abwesenden Agenten gesucht haben, und hat die Schuld der Ochranka in die Schuhe geschoben. Aber wer ist Emily, und wieso lässt sie herzlich grüßen?« Er zupfte an seiner Unterlippe, während er sich über diesen für ihn rätselhaften Satz den Kopf zerbrach.
    »Emily ist Mrs Bates, Sir, Dr. von Helrungs Nichte.«
    »Das ist ja eigenartig. Wieso lässt sie mich herzlich grüßen? Ich bin der Frau noch nicht einmal irgendwann begegnet!«
    »Ich glaube, Sir …« Ich räusperte mich. »Ich glaube, die Grüße gelten mir.«
    »Dir!« Er schüttelte den Kopf, als würde ihn diese Bemerkung vor ein Rätsel stellen.
    Das zweite Telegramm war aus Port Said:
    KEINE SPUR VON SEKHMETS SÖHNEN. WERDE DIE TÜR FÜR SIE OFFEN LASSEN. MENTHU.
    »Nicht das, was ich erwartet hatte, Will Henry«, gestand der Doktor. »Und ich weiß nicht, ob ich aufgemuntert oder besorgt sein soll.«
    »Vielleicht haben sie ja aufgegeben.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kenne Männer wie Rurick; er gehört nicht zu der Sorte, die einfach aufgibt. Ich nehme an, man könnte sie nach St. Petersburg zurückbeordert oder nach ihrem Versagen in Venedig ersetzt haben. Das wäre möglich. Oder sie haben eine andere Strecke gewählt … oder Fadils Leute haben sie irgendwie verpasst … Na ja, es hat keinen Zweck, sich deswegen Sorgen zu machen. Wir werden wachsam sein und das Beste hoffen.«
    Er versuchte sich an einem beruhigenden Lächeln und brachte ein warthropsches zuwege; das heißt ein Lächeln, das sich kaum über das Niveau einer Grimasse erhob. Offensichtlich machte er sich Sorgen: wegen des Telegramms aus Port Said, das auf ihn gewartet hatte, und desjenigen aus Venedig, bei dem das nicht der Fall gewesen war. Es hatte keine Antwort von Veronica Soranzo gegeben.
    Wir traten aus dem Telegrafenamt ins Freie. Es war ungefähr zehn Uhr morgens, aber schon jetzt war der Tag erdrückend heiß, fast fünfunddreißig Grad. (Bis zu diesem Nachmittag sollten es noch an die vierzig werden.) Die Uferstraße brummte vor Betriebsamkeit – somalische Gepäckträger und jemenitische Höker, britische Kolonialisten und Soldaten. Aden wurde von den Briten kontrolliert; es war ein bedeutender Zwischenstopp- und Auftankpunkt zwischen Afrika und ihren Interessen in Indien. Hiesige Jungen, die in thawbs, traditionelle langärmlige Gewänder, gekleidet waren, warteten mit Eseln entlang des Ufers, um Passagiere in die nahe gelegene Stadt Crater zu bringen. Oder man konnte sich, falls man eine Person von weniger bescheidenen Mitteln war, eine Gharry mieten, eine indischeEin-Pferde-Droschke, die einer amerikanischen Postkutsche ähnelte.
    Der Doktor wählte weder Esel noch Gharry, denn unser Ziel befand sich in Sichtweite des Kais. Der Mann, den Fadil uns empfohlen hatte, wohnte im Grand Hotel De

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