Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
Vom Netzwerk:
auf der Suche nach Awaales Messer; der kalte Stahl schnitt mir den Handteller auf, als ich nach dem Griff umhertastete. Der Mund des Monsters klaffte weit auf, als es mein Blut roch; in seinen schwarzen, starren Augen konnte ich mein Spiegelbild gebannt sehen.
    Ich wich zurück; es ging vorwärts. Das Messer lag jetzt in meiner Hand, das hölzerne Heft rutschig von meinem Blut. Ich konnte spüren, wie das Blut im Rhythmus meines galoppierenden Herzens aus der Wunde lief. Die Zeit selbst fing an zu wackeln und sich aufzulösen, und wir glitten in den Raum zwischen den Räumen, das Kind des Typhoeus und ich, balancierten auf der Klippe, während zu beiden Seiten die unergründliche Kluft lag, die Grube ohne Boden, das Ungeheuer . Sein Mund dehnte sich so weit, dass die Kiefergelenke nicht standhielten: Die Sehnen rissen mit einem nassen plopp! , und dann fiel die gesamte untere Gesichtshälfte ab und wurde unter seinen schlurfenden Füßen zertrampelt. Mit gekrümmten Fingern griff es nach mir, und die spitzen gelben Nägel klickten. Ich hieb wie wild nach dem, was von seinem Gesicht noch übrig war; dasMesser, glitschig vom Blut, flog mir aus der Hand; und dann war das Ding über mir.

Ich reagierte ohne nachzudenken. Mehr als zwei Jahre lang hatte ich an der Seite des Monstrumologen am Nekropsietisch gestanden; die menschliche Anatomie war mir so vertraut wie die Falten im Gesicht meines Herrn. Ich wusste genau, wo das Organ zu finden war, das die sterbliche Maschine antrieb. Ich konnte es jetzt sehen, wie es wütend gegen den dünnen Überzug aus verwesender Haut hämmerte, und es schlug im Takt mit meinem eigenen, in jenem Raum zwischen den Räumen, auf dieser schwindelerregenden Klippe über dem Abgrund.
    Mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, stieß ich die Hand in seinen Rumpf, direkt unter dem Brustkorb, und zwang meine Faust tief ins Zentrum des Scheusals, und meine vier gespreizten Finger wühlten sich an der Leber vorbei nach oben und zwischen die sich abmühenden Lungenflügel, bis ich bis zum Ellbogen in seinen Eingeweiden steckte und meine grapschende Hand sein Herz fand.
    Und ich zerquetschte es mit der bloßen Hand. Meine Finger durchbrachen die Kammern seines Herzens. Das Gewicht des Scheusals fiel auf mich herab. Gemeinsam sanken wir auf die Knie, und seine schwarzen Augen bohrten sich in meine, als das Blut aus dem Loch strömte, das ich gemacht hatte. Mit einem angeekelten Schluchzen riss ich den Arm heraus und wälzte mich von ihm weg. Seine Hände schlugen auf die Erde, einmal, zweimal, und dann war es still.
    Ich schrie hysterisch und kroch auf der Suche nach dem Messer herum, die rechte Hand mit meinem Blut bedeckt, die linke mit seinem, und dachte: Geschafft, geschafft, geschafft, jetzt hast du es geschafft! Du hast dich selbst damit vergiftet; das Pwdre ser , es ist überall auf dir. Geschafft, geschafft, geschafft!
    Ich fand das Messer, stand auf und rief den Namen des Doktors, aber die Worte blieben mir im Halse stecken, und die paar Laute, die ich herausbrachte, wurden vom Wind ergriffen und weggepeitscht wie die verdorrten Überreste der Opfer des Magnificums, die überall um mich herum verstreut waren. Im Nebel hatte ich jeden Richtungssinn verloren. Die alte Seensohle schien sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken; es gab keinen Horizont für Mihos zu hüten.
    Und dann drehte ich mich um und sah sie auf mich zutorkeln, Dutzende von ihnen, schwarze Schatten vor dem wirbelnden Weiß; ihre Wut- und Schmerzensschreie waren denen von Tieren im Schlachthaus ähnlich. Das Blut lockt sie an , hatte Kearns gesagt. Sie können es auf Meilen riechen. Wenn ich meine Stellung behauptete, würde ich überrannt werden. Wenn ich weglief, würde das Blut sie direkt zu mir führen.
    Eine Ewigkeit lang stand ich in unentschlossener Qual da. Es gab kein Dagegenankämpfen; es gab kein Davorweglaufen. Es war schon in mir; ich war schon einer von ihnen . Besser, sie mich hier holen zu lassen, von außen, als zuzulassen, dass es mich von innen auffraß.
    Ich stand am Ufer eines toten Meeres, und vor mir waren zwei Türen. Hinter der einen, eine wilde Bestie, die mich in Stücke reißen würde. Hinter der andern, ein Monster mit tausend Gesichtern, das mich eins von seinen ansehen lassen würde. Das ist das Magnificum. Unseres ist das Gesicht der Bestie.
    Nil timendum est. »Nichts ist zu fürchten«. Der Wahlspruch meines Herrn konnte auf zwei Arten interpretiert werden. Es gab Jacob Torrances

Weitere Kostenlose Bücher