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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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ich hörte, wie das Seil an seinem Fleisch scheuerte.
    Der Monstrumologe schnappte sich die Lampe aus meiner Hand und hielt sie dicht vors Gesicht des gepeinigten Mannes. Kendall schauderte zurück; sein rechter Arm zuckte, als er instinktiv versuchte, die Augen abzuschirmen.
    »Sie reagieren empfindlich auf Licht, nicht wahr, Mr Kendall?«
    Warthrop gab mir die Lampe wieder. Der Doktor ergriff Kendalls rechten Zeigefinger mit der behandschuhten Hand, und der Mann zuckte vor Schmerz zusammen und biss sich fest auf die Unterlippe, um das Schluchzen zu unterdrücken.
    »Dies war die Hand, nicht wahr? Die Hand, die das Ding im Kasten berührt hat. Die Hand, die berührt hat, was keine Hand berühren sollte.«
    Der Doktor rollte den Finger des Mannes in seiner locker geschlossenen Hand.
    »Ihre Gelenke schmerzen entsetzlich, stimmt’s? Überall, aber besonders in dieser Hand. Sie haben sich gesagt, es ist die Kälte oder vielleicht das Tipota oder beides. Es ist keins von beiden.«
    Er schloss die Faust um den Ansatz von Kendalls Fingern und sagte: »Sie werden taub, richtig? Die Taubheit beginnt in den Spitzen derjenigen Finger, mit denen Sie es berührt haben, aber die Taubheit breitet sich aus. Sie sagen sich, das Seil schneidet die Blutzufuhr ab, oder im Zimmer ist es sehr kalt. Es ist keins von beiden.«
    Warthrop ließ seine Hand los. »Ich kann nicht mit angemessener Gewissheit sagen, wie schlimm Sie leiden werden, Mr Kendall. Soweit ich weiß, ist Ihrer der erste der Wissenschaft bekannte verifizierbare Kontakt.«
    »Kontakt, sagen Sie? Kontakt womit?«
    »Die Waliser nennen es Pwdre ser : Sternenfäule.«
    »Sternenfäule? Was zur Hölle ist das?«
    »Eine recht poetische Beschreibung einer Substanz, die weder Fäule noch von den Sternen ist«, sagte der Doktor. Seine Stimme hatte jenen unerträglich trockenen Vorlesungston angenommen, den ich schon tausendmal gehört hatte. »Eigentlich ist es Teil des Verdauungsapparats, wie unser eigener Speichel, aber anders als unser Speichel ist es hochgradig giftig.«
    »Na schön! Na schön, hol Sie der Teufel, ja, ja, ich habe es berührt – ich habe es berührt! Ich habe in diesen verdammten Kasten gegriffen und es gezwickt, aber das war alles! Ich hab’s nicht rausgenommen und damit geschmust – nur eine kleine Berührung, ein winziger Stupser, um zu sehen, was es ist! Das war alles. Das war alles!«
    Der Doktor nickte ernst. Sein Gesichtsausdruck war der tiefen Mitgefühls.
    »Das war vermutlich genug«, meinte er.
    »Wieso bin ich an dieses Bett gefesselt?«
    »Das habe ich Ihnen gesagt.«
    »Wieso haben Sie mir die Kleider weggenommen?«
    »Damit ich Sie untersuchen kann.«
    »Was ist das Ding in dem Kasten?«
    »Man nennt es ein Nidus ex magnificum. «
    »Wofür ist es?«
    »Sein Name erklärt die Funktion.«
    »Wo kommt es her?«
    »Tja, das ist das Rätsel, nicht wahr, Mr Kendall? Was hat John Kearns gesagt?«
    »Nichts hat er gesagt!«
    »Er ist eine Schlange, da würde ich Ihnen zustimmen, aber soweit ich weiß, ist sein Sputum weder giftig noch besonders klebrig; er hat den Nidus nicht angefertigt. Hat er vielleicht rein zufällig erwähnt, wo derjenige sein könnte, der ihn angefertigt hat?«
    »Nein. Nein, hat er nicht. Ich habe es Ihnen erzählt … alles, was er gesagt hat … O Gott, das Licht. Das Licht verbrennt mir die Augen.«
    »Hier, ich werde dieses Tuch darüberlegen. Ist das besser?«
    »Ja. Bitte binden Sie mich los.«
    »Ich wünschte, ich könnte. Möchten Sie etwas zu essen?«
    »O Gott, nein! Nein. Mein Magen. Tut weh.«
    »Mr Kendall, ich werde Ihnen jetzt eine kleine Probe Ihres Blutes entnehmen. Ein leichter Piekser … gut. Will Henry, noch ein Fläschchen bitte. Wo ist das andere? Hast du es verloren? Ah, da ist es ja! … Langsame, tiefe Atemzüge, Mr Kendall. Möchten Sie noch eine Spritze Morphium für die Nerven?«
    »Ich will, dass Sie mich von diesem verdammten Bett losmachen!«
    »Will Henry, würdest du bitte das Licht ausmachen? Und schließ die Tür!« Der Doktor nahm das Tuch weg. »Mr Kendall, ich will, dass Sie die Augen öffnen. Sehen Sie mich deutlich?«
    »Ja. Ja, ich kann Sie sehen.«
    »Tatsächlich? Ich kann Sie nicht sehen. Es ist stockdunkel im Zimmer. Sagen Sie mir, wie viele Finger halte ich hoch?«
    »Drei. Warum?«
    »Man nennt es Oculi Dei , Mr Kendall. Ich weiß nicht, wer ihm diesen anschaulichen Beinamen gegeben hat.«
    »Was bedeutet das?«
    »Die Augen Gottes.«
    »Das weiß ich selbst. Es

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