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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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philosophische Diskussionen wie diese als unangenehm – nicht direkt unter seiner Würde, aber sinnlos insofern, als das Unbeantwortbare eine Verschwendung seiner Zeit war.
    »Was hast du über John Kearns in Erfahrung gebracht?«, fragte er.
    Von Helrung schüttelte den Kopf. »Ist verschwunden, Pellinore. Die Wohnung aufgegeben, seine Sprechzimmer im Krankenhaus leer geräumt. Er ist fort, und niemand scheint zu wissen, wohin er geflohen sein könnte.«
    Jetzt war es an Warthrop, den Kopf zu schütteln. »Unmöglich! Er muss es jemandem gesagt haben!«
    »Meine Quellen versichern mir, dass das nicht der Fall ist. Das Krankenhauspersonal, seine ehemaligen Patienten, Nachbarn – sie alle wissen nichts. Oder besser sollte ich sagen, alles, was sie sagen können, ist, dass Herr Kearns an dem einen Tag da war, am nächsten nicht mehr. Die einzige Person, die er ins Vertrauen gezogen zu haben scheint, ist der Mann, den du in deinem Kamin den Flammen übergeben hast.«
    »Kearns hat Kendall nicht erzählt, woher er den Nidus bekommen hat; ich habe gefragt.«
    »Und ich glaube ihm. Er hätte es dem armen Mr Kendall ganz bestimmt nicht gesagt.«
    Der Doktor nickte. »Das ist der wahre Preis: Wertvoller als der Nidus ist seine Herkunft. Wie hat er ihn in die Finger bekommen? Hat jemand ihn ihm gegeben, und wenn ja, wer? Und warum?«
    Die Glut der Havanna des alten Monstrumologen war erstorben. Er legte die erloschene Zigarre auf den Aschenbecher neben sich und sprach düster zu meinem Herrn. »Hier ist etwas faul, mein Freund. Kearns ist kein Monstrumologe – er hat sicher kein wissenschaftliches Interesse am Nidus ex magnificum  –, aber er ist auch kein Dummkopf. Er muss wissen, wie wertvoll er ist.«
    Warthrop nickte wieder. Sein Kopf bewegte sich kontrapunktisch zu seinem Fuß, mit dem er nervös auf den Teppich klopfte, auf und ab. »Es ist mehr als eine Belohnung auf einen Nidus ausgesetzt«, sagte der Doktor. »Ich habe gehört, dass der osmanische Sultan Abdul Hamid dauerhaft ein Angebot von zwanzigtausend Dukaten aufrechterhält.«
    Unfähig, seine Leidenschaft noch länger zu zügeln, sprang der jüngere Monstrumologe auf und begann, auf und ab zu gehen.
    »Denk doch nur, von Helrung! Der erste glaubwürdige Nidus , der seit einer Generation gefunden wurde! Und in unverfälschtem Zustand – nicht mehr als ein paar Monate alt, würde ich schätzen. Begreifst du, was das bedeutet? Wir sind nah dran – näher als je zuvor!« Seine Stimme wurde zu einem Flüstern. » Typhoeus magnificum , Meister Abram – Der Ungesehene – der höchste Preis – der Heilige Gral der Monstrumologie! Und diesmal befindet es sich womöglich in meiner Reichweite …«
    »Deiner Reichweite?«, unterbrach ihn von Helrung leise.
    »Unserer Reichweite. Ich meinte natürlich unserer.«
    Von Helrung nickte bedächtig, und als er sprach, bemerkte ich einen sorgenvollen Ausdruck in seinen Augen.
    »Viele sind berufen, mein lieber Pellinore, aber wenige sind auserwählt. Wie viele sind auf der Suche nach unserer Variante des Questentiers umgekommen? Weißt du das?«
    Mein Herr tat die Fragen mit einem ungeduldigen Winken ab. Von Helrung ließ nicht locker. »Und wie viele mehr kommen erniedrigt und besiegt zurück, der Ruf ruiniert, die Karriere in Trümmern?«
    »Ich erkenne schwerlich, welche Rolle das spielt«, antwortete der Doktor ärgerlich. »Aber ja, zufällig weiß ich es. Sechs, Lebroque mitgezählt.«
    »Ah, Lebroque! Den hatte ich vergessen, das arme Schwein. Und wer war dieser geschwätzige kleine Schotte, der mit dem Lispeln?«
    »Bisset.«
    » Ja , Bi th et.« Von Helrung kicherte. »Nur Arme und Brust und ein unvergleichliches Imponiergehabe!«
    »Ein Dilettant«, sagte Warthrop abweisend. »Die Übrigen – donquichottische Abenteurer.«
    »Aber nicht Lebroque.«
    »Ganz besonders Lebroque. Er ließ sich von seinem Ehrgeiz blenden …«
    »Das macht Ehrgeiz bisweilen«, räumte von Helrung ein. »Das und Schlimmeres.« Er erhob sich und begab sich an die Seite meines Herrn, wo er ihm eine dickliche Hand auf den Unterarm legte und damit seinem ruhelosen Auf-und-ab-Gehen sanft Einhalt gebot.
    »Aber du ermüdest deinen alten Lehrmeister. Bitte, Pellinore, setz dich doch, damit wir gemeinsam nachdenken und uns über den einzuschlagenden Weg einigen können.«
    Der Doktor entzog sich dem Griff des alten Mannes und sagte: »Ich kenne den Weg bereits. Ich breche morgen früh nach England auf.«
    »England?« Von

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