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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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als Pellinore Warthrops ehemaliger Lehrer in den dunklen Künsten der Monstrumologie; er war Freund, Ersatzvater und manchmal Rivale. Drei Monate zuvor war ihre Freundschaft am Konflikt zwischen ihnen über die Zukunft der Monstrumologie fast zerbrochen. Wäre von Helrung ein weniger verzeihender Mann gewesen, hätten die beiden womöglich nie wieder miteinander gesprochen, aber der Meister liebte seinen Schüler wie ein Vater seinen Sohn. Ich will nicht sagen, dass auch Warthrop ihn liebte – damit begäbe ich mich in der Tat auf sehr dünnes Eis –, aber er hatte von Helrung gern, und mein Herr hatte bereits so viel verloren. Wenn ich mich nicht mitrechne (und ich glaube, der Doktor hätte das wahrscheinlich nicht getan), war der alte Monstrumologe der einzige Freund, der Warthrop noch geblieben war.
    »Pellinore, mein Freund , wie schön, dich wiederzusehen! Und da ist ja auch William – der liebe, tapfere Will Henry!« Er zog mich an seine Brust und quetschte mir die Luft aus der Lunge, beugte sich hinüber und flüsterte mir ins Ohr: »Ich bete jeden Tag für dich, und Gott in seiner Barmherzigkeit muss es hören. Aber was ist das?« Er hatte meine bandagierte Hand bemerkt.
    »Ein Unfall«, sagte Warthrop knapp.
    »Dr. Warthrop hat mir den Finger mit einem Fleischermesser abgehackt.«
    Von Helrung runzelte verwirrt die Stirn. »Was war das denn für ein Unfall?«
    »Das war keiner«, antwortete ich. »Der Teil war Absicht.«
    Der alte Mann drehte sich zu meinem Herrn um, der ungeduldig den Kopf schüttelte. »Können wir hineingehen, vonHelrung? Uns ist ziemlich kalt, und wir sind besorgt, und ich möchte solche Dinge lieber nicht auf deiner Veranda bereden.«
    Von Helrung führte uns in den gut ausgestatteten Salon, der mit Möbeln im viktorianischen Stil vollgestopft war: Schränke und Vitrinen, die unter der Last von Schnickschnack und Merkwürdigkeiten ächzten, mehr als luxuriös gepolsterte Sessel und Sofas und Diwane und ein Kaminsims, dessen Oberfläche vor lauter Nippes nicht zu sehen war. Der Tee des Doktors war fertig, und für mich hatte von Helrung aufmerksamerweise ein Glas von Mr Pembertons köstlichem Gebräu auftischen lassen, jener bemerkenswerten Mischung sprudelnder Wonne, die sich Coca-Cola nannte. Besonders genoss ich den ersten Schluck, dieses kribbelnde Gefühl auf meiner Nasenspitze.
    Von Helrung ließ sich in seinem Ohrensessel nieder, knipste das Ende einer Havanna ab und rollte sie auf seiner breiten Zunge hin und her.
    »Ich will einmal die Umstände des ›Unfalls‹ unseres jungen Will erraten.« Seine Miene war finster; er war offensichtlich nicht mit meinem Herrn zufrieden, weil der den Eintritt einer solchen Katastrophe zugelassen hatte. Seine hellblauen Augen leuchteten unter den buschigen weißen Brauen. »Das Kind durfte deine Eilzustellung von Dr. John Kearns anfassen.«
    »Nicht ganz«, erwiderte der Doktor. »Das Kind wurde von dem ›angefasst‹, der sie angefasst hatte.«
    Dann erzählte er die Geschichte von Anfang an, beginnend mit dem mitternächtlichen Besuch Wymond Kendalls und dem erstaunlichen Geschenk, das er von England nach Neuengland befördert hatte. Von Helrung unterbrach ihn nicht, wenngleich er ab und zu ein Ach! einwarf oder voller Abscheu zusammenzuckte oder sein Blick sich vor Verwunderung und Mitleid verschleierte.
    » Pwdre ser   – die Sternenfäule!«, sagte er leise am Ende der Erzählung des Doktors. »Dann stimmen die Geschichten also. Ich habe ihnen nie ganz geglaubt, denn ich wollte ihnen nicht glauben. Dass der Schöpfer aller Dinge so ein Ding erschaffenkonnte! Ist sie nicht unerträglich, Pellinore, selbst für uns, die wir unser Leben dieser Arbeit widmen, die Tragweite seiner Existenz? Was für ein Gott ist das? Ist er wahnsinnig oder ist er böswillig?«
    »Ich verkneife es mir gerne, mich mit Fragen zu belasten, auf die es keine Antwort gibt, Meister Abram. Vielleicht ist er weder wahnsinnig noch böswillig, sondern liebt all seine Geschöpfe gleichermaßen – oder sie sind ihm alle gleichermaßen gleichgültig.«
    »Und du findest nicht beide Möglichkeiten erschreckend?«
    »Sie sind nur erschreckend im Kontext menschlicher Arroganz. Jetzt wirst du bestimmt anführen, dass uns die Herrschaft über die Erde und all ihre Geschöpfe gegeben wurde, als ob uns das von ebender Schöpfung abhöbe, der wir angehören. Erzähl das Wymond Kendall!«
    Der Monstrumologe kam zum Grund für unseren Besuch zurück. Er empfand

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