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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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nicht sagen wieso .«
    Genau das ist es, Will Henry! Du hast dich auf die falsche Frage konzentriert. Du hast gefragt: »Wieso lügt er?« anstatt: »Was bedeutet diese Lüge?« Was bedeutet sie, Will Henry?
    »Sie bedeutet …« Die Wahrheit war, dass ich nicht wusste, was die Lüge bedeutete. »Oh, ich hasse mich! Ich bin so dumm …«
    Ach, hör doch auf damit! Selbstmitleid ist wie Selbstbefleckung   – im Moment mag es sich gut anfühlen, aber das letztendliche Ergebnis ist eine ekelhafte Schweinerei. Einen Hinweis habe ich dir schon gegeben; hier ist noch einer: Mr   Arkwright ist wie der törichte Mensch, der sein Haus auf Sand gebaut hat.
    »Und der Regen kam und spülte das Fundament fort. Sein Ausrutscher mit dem Geruch … Das ist also der Regen …«
    O gütiger Gott! Nein, nein, Will Henry. Nicht der Regen. Wie kommst du jetzt bloß auf den Regen? Den habe ich doch nicht einmal erwähnt! Du bist der Regen, oder wärst es zumindest, wenn du deinen Kopf nicht nur als Hutständer, sondern auch zu etwas anderem benutzen würdest.
    Ich schloss die Augen und steckte mir die Finger in die Ohren, um jegliche Ablenkung auszusperren. Wenn ich der Regen war, was war dann Arkwright? Das Haus? Das Fundament? Ach, wieso konnte Warthrop es mir nicht einfach sagen und dann fertig! Machte es ihm Spaß, mir das Gefühl zu geben, ein Kretin zu sein? »Die meisten Menschen denken nicht gern nach, Will Henry«, hatte er mir einmal gesagt. »Täten sie es, hätten wir weniger Anwälte.« (Er war damals gerade davon in Kenntnisgesetzt worden, dass man ihn verklagt hatte – ein häufiges Vorkommnis und Berufsrisiko.)
    Ach, Will Henry, was soll ich nur machen mit dir? Du bist wie die alten Ägypter, die glaubten, der Sitz des Denkens läge im Herzen. Das Fundament ist nicht das Objekt deiner Eifersucht.
    »Nicht Arkwright«, flüsterte ich ins Dunkel, denn endlich war mir ein Licht aufgegangen. »Die Lüge! Seine Lüge ist das Fundament, nicht wahr? Und das Haus ist …« Denk nach, denk nach! Denken ist menschlich, sagte der Doktor immer, also sei Mensch und denk ! »Das Haus ist die Folge, die sich auf die Lüge gründet … der Nidus . Der Nidus ist das Haus! Er konnte nicht schlussfolgern, dass Sie den Nidus hatten, weil seine Schlussfolgerung mit einer Lüge begann – dass er wusste, dass wir im Monstrumarium gewesen waren! Er wusste über den Nidus Bescheid, bevor er durch die Tür kam!«
    Ich fuhr hoch, schwang die Beine über die Bettkante und tastete in der Nachttischschublade nach der Streichholzschachtel.
    »Und es gibt nur zwei Möglichkeiten, wieso er davon gewusst haben konnte: Entweder Dr. von Helrung hat es ihm erzählt …«
    Was er nach seinen eigenen Worten nicht getan hat, und wir haben keinen Grund, das Gegenteil anzunehmen.
    »… oder John Kearns hat es ihm erzählt.« Ich zündete das Streichholz an und hielt es an den Kerzendocht. »Er arbeitet mit Kearns zusammen!«
    Oder jemand anderem, der weiß, was Kearns mir geschickt hat , kam Dr. Warthrops Stimme wieder. Kearns könnte es jemandem erzählt haben, aber es ist schwer vorzustellen wem und nahezu unmöglich zu begreifen warum.
    Ich war auf und zerrte an meinen Hosenbeinen. »So oder so, er ist unaufrichtig, aber wieso? Was für ein Spiel treibt er?« Ich beobachtete, wie die Flamme im Luftzug, der vom offenen Fenster quer durchs Zimmer wehte, flackerte. Ich konnte den Fluss riechen und vernahm in der Ferne das raue Signal eines Schleppers. Die Stimme im Innern war verstummt. »Es war ein Trick. Er hat Sie ausgetrickst, Dr. Warthrop. Sie! Er musste mitIhnen kommen, um Kearns zu finden, also hat er Ihre Deckung unterlaufen und Sie mit Schmeicheleien überschüttet und Sie glauben gemacht, er sei der perfekte Ersatzmann.« Ich streifte mir hastig das Hemd über und suchte nach meinen Schuhen – was war bloß aus meinen Schuhen geworden? »Ich muss es Dr. von Helrung sagen, ehe es zu spät ist!«
    Und die Stimme meldete sich wieder und sprach:
    Es ist bereits zu spät.

Siebzehn
    »Zu spät«

    Barfuß rannte ich den Riverside Drive entlang, südlich zur Siebenundzwanzigsten Straße und dann östlich zum Broadway, rannte, als ob der Teufel hinter mir her wäre, entlang einem schmalen Gebirgspass und, zu beiden Seiten, der Abgrund, das Ungeheuer , das fest aufgewickelte Ding, das sich loswickelte, und der sich abspulende Refrain, der sich wiederholte, bis die Worte zu einem brabbelnden Geheul wurden, Es ist bereits zu spät Es ist

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