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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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kurzen.
    »Möchtest du noch einen Whiskey, Jacob?«, fragte von Helrung.
    »Meinst du, ich sollte noch einen nehmen? Wahrscheinlich besser nicht.« Torrance schnitt das Ende seiner Worte ab, biss fest mit seinen großen Zähnen darauf, als ob Worte einen Geschmack hätten und ihm gefiele, wie sie schmeckten. Er ließ das Eis in seinem Glas herumwirbeln. »Ach, was soll’s!«
    Von Helrung schlurfte an die Hausbar. Inmitten der Karaffen mit Sherry und Brandy, Wein- und Likörflaschen stand ein kleines blaues Fläschchen – der Schlaftrunk, den Dr. Seward verschrieben hatte.
    Er starrte ihn einen Moment lang mit gerunzelter Stirn an, wobei sich seine buschigen weißen Brauen fast über der großen Nase berührten, ehe er Torrances Glas wieder mit Whiskey füllte und zurückschlurfte.
    »Danke.« Der anmutig geformte Kopf wurde zurückgelegt, der Adamsapfel hüpfte einmal, und erneut klirrte das Eis im leeren Glase.
    »Das reicht«, sagte er zu niemand Bestimmtem. Er rückte den Siegelring an seinem Finger zurecht und sinnierte: »Vielleicht sollte ich nicht hier sitzen, wenn er hereinkommt. Könnte ihn misstrauisch machen.«
    »Vielleicht kommt er gar nicht«, sagte von Helrung. »Er sagt nichts von kommen, nur dass er Donnerstag eintrifft – heute.« Er schaute auf seine Taschenuhr, ließ sie zuschnappen. In einer Minute würde er wieder nach der Uhrzeit sehen.
    »Dann gehen wir eben zu ihm«, sagte Torrance. »Ich habe Lust auf eine Jagd. Wie sieht’s mit dir aus, Will?«
    »Er wird kommen«, sagte ich. »Er wird müssen.«
    Von Helrung schüttelte fassungslos den Kopf, eine Gebärde, die Torrance und ich seit Beginn des Abends wiederholt gesehen hatten.
    »Mir gefällt das nicht. Ich habe es schon gesagt; ich sage es wieder. Nichts hiervon gefällt mir. Ach! Es läuft allem zuwider, woran ich glaube – oder zu glauben behauptet habe – oder zuglauben geglaubt habe. Das ist nicht die Art, wie sich ein christlicher Gentleman verhält!«
    »Da muss ich Ihrem Wort glauben, Meister Abram«, erwiderte Torrance trocken. »Kann nämlich nicht behaupten, dass ich davon viele kennengelernt hätte, und die, mit denen ich Bekanntschaft gemacht habe, haben nicht besonders christusgleich gehandelt.«
    Er nahm seinen Colt heraus, und von Helrung rief: »Was machen Sie da? Stecken Sie den weg!«
    »Das ist doch nur Sylvia«, sagte Torrance langsam, als spräche er mit einem Schwachkopf. »Schon gut, ich stecke sie weg.«
    »Ich hätte ihm nie trauen dürfen«, ächzte von Helrung. »Ich bin ein Narr – die schlimmste Art von Narr – ein alter Narr!«
    »Warum sollten Sie ein Narr sein? Er kam mit hervorragenden Referenzen und Empfehlungsschreiben daher und behauptete, von einer der ältesten Familien in Long Island abzustammen. Wieso hätten Sie ihm nicht trauen sollen?«
    »Weil ich ein Monstrumologe bin!«, erwiderte von Helrung, indem er sich an die Brust schlug. »Ein alter Monstrumologe. Und kein Monstrumologe erreicht ein solches Alter ohne eine gesunde Dosis Skeptizismus. Augen und Ohren darf man nicht trauen! Ich habe meinen beruflichen Werdegang damit zugebracht, der Natur ihre Masken herunterzureißen; ich hätte diese List durchschauen müssen. Aber habe ich sie gesehen? Nein! Es musste ein Kind kommen, um mir den Weg zu weisen!«
    »Nehmen Sie es nicht so schwer, Meister Abram. Er hat auch Warthrop zum Narren gehalten, und Warthrop ist kein Narr.« Torrances Finger trommelten auf der Armlehne im Rhythmus eines galoppierenden Pferdes.
    Bei der Erwähnung des Namens des Doktors sank von Helrung mit einem lauten Aufschrei in seinem Sessel zusammen. »Pellinore! Pellinore, vergib mir! Dein Blut klebt an meinen Händen!«
    »Wir wissen nicht, ob er tot ist«, meldete ich mich zu Wort. »Arkwright lügt vielleicht auch hier.«
    »Es gibt nur einen Grund, aus dem er es behaupten würde – weil es so ist!«
    »Sie haben es selbst gesagt, Dr. von Helrung«, entgegnete ich. »Hoffnung ist nicht weniger vernünftig als Verzweiflung. Ich glaube, er ist am Leben.«
    »Du hoffst es.«
    »Na ja, er könnte tatsächlich am Leben sein«, warf Torrance ein, »deshalb setze ich mein Geld auf Will. Ich stelle mir nur ungern eine Welt ohne Pellinore Warthrop vor – wäre ein verdammt viel weniger interessanter Ort.«
    Er stand auf, was eine sehr lange Zeit in Anspruch zu nehmen schien – er war ein gutes Stück größer als sechs Fuß –, und breitete die kräftigen Arme weit aus, um sich zu strecken. »Nun, ich

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