Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
Vom Netzwerk:
wurden von dem Ausdruck in seinen dunklen Augen – der eigenartige, gequälte Ausdruck langsamen Verhungerns.
    »Will Henry?«, flüsterte er und wagte es kaum zu glauben.
    Da fiel mir mein Text wieder ein. »Papa! Papa!« Ich stürmte vorwärts. Ich warf mich an seine Brust, so fest, dass er auf den Absätzen ins Wanken geriet, und drückte ihn mit aller Macht an mich.
    »Papa, Papa, du lebst!«
    »Nun, natürlich lebe ich. Um der Liebe Gottes willen, Will Henry … Von Helrung, sind Sie es? Gut! Ich fing schon an zu denken, Sie wären dumm genug, zu glauben … Wer ist das da neben Ihnen? Doch nicht etwa Walker? Wieso haben Sie Walker mitgebracht? Was haben Sie Walker erzählt ? Bitte, Will Henry, lass mich los! Du zerquetschst mir das Rückgrat!«
    »Oh, mein Sohn! Mein Sohn!«, rief von Helrung. Jetzt wardie Reihe an ihm, meinen Herrn an seiner Brust zu erdrücken. »William! Dein Vater ist gekommen, um dich zu holen!«
    »Das will ich nicht hoffen! Mein Vater ist seit über fünfzehn Jahren tot, von Helrung.«
    »Was? Du erinnerst dich nicht an mich? William, du musst dich erinnern; ich bin dein Vater!« Von Helrung stand zwischen Warthrop und dem misstrauischen Anstaltsleiter. Er ergriff die Gelegenheit, dem Doktor übertrieben zuzuzwinkern. »Dein Vater, mein Sohn !«
    Warthrop entging es völlig. Vielleicht war es die Plötzlichkeit, mit der er auf die Bühne gestoßen worden war. Vielleicht war es die Folge einer durch dreiwöchige Versuche zu verhungern geschwächten Konstitution. Oder vielleicht war es die unvermeidliche Konsequenz davon, einen Mann wie Pellinore Warthrop in einen Käfig zu sperren – als versuchte man, die Sonne in eine Flasche zu stopfen. Was es auch gewesen sein mag, er weigerte sich, die Rolle zu übernehmen.
    »Nein«, sagte er. Er war jetzt ruhig; die Tür hatte sich endlich geöffnet. Jetzt brauchte der offene Eingang bloß noch durchschritten zu werden. »Sie sind Dr. Abram von Helrung, Präsident der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft der Monstrumologie. Der Mann, der hinter Ihnen steht, ist Dr. Hiram Walker, ein recht mittelmäßig talentierter Kollege von uns, den Sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund mitgebracht haben – ich bete, dass es nur deshalb geschehen ist, um meine Entlassung von diesem verfluchten Ort hilfreich zu beeinflussen. Den, der neben Walker steht, kenne ich nicht, aber sein Gesicht kommt mir vage vertraut vor – ein Arzt, denke ich, und er hat Freude am Golfspielen, vermute ich mal.
    »Und du …« Er wandte sich mir zu. »Du bist William James Henry, mein unentbehrlicher Assistent, mein Kreuz – und mein Schild. Aber hauptsächlich mein Kreuz.«
    Er wandte sich an den Leiter. »Sehen Sie? Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich die Wahrheit sage!«
    »Mr Henry«, sagte der Leiter. »Sie erkennen diese Leute nicht?«
    »Doch, ich erkenne sie. Eigentlich habe ich Ihnen gerade erzählt, wer sie sind!« Er fauchte in von Helrungs Richtung: »Sehen Sie, was ich für die letzten hundertsechsundzwanzig Tage, sieben Stunden und zwölf Minuten zu erdulden gezwungen war? Je mehr ich die Wahrheit bekenne, desto verrückter werde ich!«
    Er schrie den Anstaltsleiter an: »Mein Name ist Pellinore Xavier Warthrop, wohnhaft Harrington Lane 425, New Jerusalem, Massachusetts! Ich wurde geboren im Jahre unseres Herrn 1853 als einziges Kind von Alistair und Margaret Warthrop, ebenfalls aus New Jerusalem, Massachusetts! Ich bin weder jetzt, noch war ich jemals – noch habe ich irgendeinen Wunsch es zu sein – ein Bürger Großbritanniens. Sie haben kein Recht, mich hier gegen meinen Willen festzuhalten, weder nach englischem Gesetz noch nach internationalem Gesetz, noch nach den höheren Gesetzen von Anstand und Vernunft, die alle zivilisierten Menschen leiten!«
    »Wenn ich mir die Bemerkung gestatten dürfte«, sagte Walker mit gedämpfter Stimme zum Leiter. »Vielleicht sollten wir uns in Ihre Büroräume zurückziehen. Der Patient regt sich allmählich auf …«
    »Das habe ich gehört!«, brüllte der Monstrumologe. »Von Helrung, ich stehe natürlich auf ewig in Ihrer Schuld, weil Sie mich aus den Händen dieser Schwachsinnigen errettet haben, aber ich werde Ihnen niemals verzeihen, dass Sie Hiram Walker in die Sache einbezogen haben!«
    »Wie ich Ihnen vorhin schon gesagt habe …«, sagte Dr. Walker mit einem unaufrichtigen kleinen Grinsen zum Leiter.
    Mein Herr nahm das als das Stichwort für den nächsten Satz in seiner Symphonie, seine

Weitere Kostenlose Bücher