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Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Titel: Der Montagsmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Saltimbocca.
    Natascha hatte die Oberherrschaft über die Süßspeisen inne. Sie machte ihre Sache souverän wie immer und kommandierte die beiden Jungköche herum, die unter ihren scharfen Blicken Zabaione rührten und Sorbets anrichteten. Zwischendurch zog sie die Schürze aus und ging im feinen kleinen Schwarzen (das bei ihr eher ein großes Schwarzes war) hinüber in den Gastraum, um den Stand der Bestellungen zu überwachen und die Zufriedenheit der Gäste zu eruieren.
    Harry gab als Sommelier seine Glanzvorstellung. Im Smoking und mit gegelten Haaren sah er wie ein Hollywood-Jungstar aus, und er komplettierte die Vorstellung mit jenem Hauch von Hochnäsigkeit, die einen echten Meisterkellner ausmachte. Die Gäste, vor allem die Frauen, hingen an seinen Lippen, wenn er mit akzentuierter Upperclass-Aussprache die zum Menü passenden Weine empfahl.
    »Die Leute bestellen den neuen Supertoskaner wie verrückt«, flüsterte er Fabio im Vorbeigehen zu. »Wenn das so weitergeht, müssen wir morgen schon nachordern! Getränkemäßig läuft es bombastisch!«
    Die beiden Servierdamen in ihren dezenten dunklen Kostümen standen immer unauffällig bereit, den Gästen alle Wünsche von den Augen abzulesen, während die Kochmannschaft in der Küche Hand in Hand arbeitete und ein essbares Kunstwerk nach dem anderen fabrizierte. Im Hintergrund spielte leise klassische Musik, natürlich Verdi, und auf den Tischen funkelten Kristallgläser und Silberbesteck im Kerzenlicht um die Wette.
    Das sorgfältig restaurierte Ambiente des alten Landhauses bot mit den dunklen Deckenbalken und den polierten Dielenbrettern einen würdigen Rahmen für dieses besondere kulinarische Event, aber das gewisse luxuriöse Etwas, diese leichte, aber angenehme Dekadenz – das hätte es nie gegeben ohne Isabels gekonnte Dekorationen.
    Fabio konnte nicht aufhören, an sie zu denken, obwohl er mit aller Macht versuchte, es zu unterdrücken. Im Normalfall hätte es ihm leicht fallen müssen, alles zu verdrängen, schließlich hatte er genug zu tun. Ständig waren neue Entscheidungen und exakt darauf abgestimmte Aktionen nötig. Trotzdem kreisten seine Gedanken andauernd um sie. Es reichte schon, von einem der Hilfsköche die geschrappten und klein geschnittenen Möhren für die Suppe in Empfang zu nehmen. Oder eine saubere Schürze aus dem Wäscheregal zu holen, in der noch frisch eingebügelte Falten zu sehen waren.
    Immer, wenn er seine Blicke durch die Küche schweifen ließ, um die Koordination im Auge zu behalten, meinte er, sie hinter einem der hier Anwesenden hervortreten und ihn anlächeln zu sehen. Doch es war jedes Mal nur eines der Serviermädchen, die zufälligerweise beide blond waren und ihn zu allem Überfluss auch noch beide ständig anhimmelten, als wäre er Antonio Banderas persönlich. Zusätzlich nervten sie ihn damit, dass sie Janine und Sandra hießen, genau wie die beiden Frauen, mit denen er nach der Trennung von Raphaela hin und wieder ausgegangen war. Natürlich konnten sie nichts dafür, und bei der Auswahl kompetenter Fachkräfte beim Servieren konnte er nicht einfach jemanden wegen seines Vornamens ablehnen, das wäre idiotisch gewesen.
    Aber er war ja ohnehin ein Idiot, sonst hätte er nicht bei der einzigen Frau, die ihm jemals wirklich etwas bedeutet hatte, alles vermasselt.
    Natascha kam vorbei und riss ihn aus seinen Gedanken. »Zeit für den Chef, sich bei den Gästen blicken zu lassen.«
    Er blickte auf die große Uhr, die an der Längsseite des Raumes angebracht war. Bisher hatte er gar nicht auf die Zeit geachtet, aber der Abend war tatsächlich bereits fortgeschritten. Üblicherweise ließ der Chef de Cuisine sich mindestens einmal bei seinen Gästen sehen und plauderte kurz mit ihnen. Nahm Anregungen und Lob entgegen, ließ sich ein wenig hofieren. Das gehörte nun mal dazu in der Welt der feinen Küche und der gehobenen Gastronomie.
    Normalerweise entledigte er sich dieser Verpflichtung nicht ungern, aber heute war ihm ganz und gar nicht danach. Er hatte den deutlichen Eindruck, jeder müsste ihm ansehen, was für ein Blödmann und Betrüger er war. Ein paar Leute waren unter den Gästen, die es sowieso schon wussten. Besonders dieser Doktor Oberschlau Mozart und der silberhaarige Hubertus Redford Frost. Sie saßen immer noch bei Espresso und Digestif, er hatte die Bestellungen der beiden Tische hervorragend im Kopf. Hoffentlich waren sie an dem Lamm und dem Zanderfilet erstickt und hatten schwer an der Mokkacreme

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