Der Montagsmann: Roman (German Edition)
für Weicheier!«, beschwerte Raphaela sich bei Fabio. »Von wegen Camorra und Russenmafia und so!« Sie hob die Brauen und blickte sich um. »Mhm, aber immerhin hast du ein wirklich nettes neues Restaurant hier, das finde ich irgendwie … spannend.«
»Hoffentlich nicht so spannend, dass Sie uns ständig mit Ihren unerwünschten und nervtötenden Besuchen belästigen.« Isabel trat an Fabios Seite und nahm seine Hand. Er starrte sie konsterniert an, während sie fortfuhr: »Mein Verlobter hat keine Zeit, sich ständig mit aufdringlichen Ex zu befassen.«
»Verlobter?«, meinte Raphaela skeptisch. »Hab ich da was verpasst?«
»Sieht so aus«, sagte Isabel. »Wir lieben uns halt, wissen Sie. Manchmal werden aus Lügen Wahrheiten. Dann sind plötzlich alle Fragen überflüssig.«
»Wie nett«, meinte Raphaela säuerlich. Achselzuckend wandte sie sich zum Gehen.
Fabio schluckte fassungslos, als Isabel lieblich lächelnd zu ihm aufblickte. Doch schon im nächsten Moment wich das Strahlen von ihrem Gesicht, und sie entriss ihm ihre Hand, als hätte sie sich verbrannt. Mit unbewegter Miene trat sie einen Schritt zur Seite und schaute zu, wie Raphaela mit hoch erhobenem Kopf davonstolzierte.
»Die sind wir los«, sagte Natascha. »He, kann es sein, dass die vergessen haben, zu bezahlen? Damit haben wir unsere ersten Zechpreller! Und das gleich am Eröffnungsabend!«
»Was für ein Tag«, meinte Harry. »Hat irgendwer was gemerkt, oder ist unser guter Ruf schon ruiniert, bevor er überhaupt entstehen kann?«
» Ich hab’s gemerkt«, jammerte Sandra oder Janine. »Ich glaube, ich kriege gerade tierisch Durchfall! Mir hat niemand gesagt, dass hier Schutzgelderpresser rumhängen!«
»Er ist nicht ganz dicht, aber hat noch nie jemandem was getan«, sagte Fabio.
Natascha zog zweifelnd die Brauen hoch. »Und warum hast du uns dann ewig in dem Glauben gelassen, er würde uns umlegen?«
»Weil ich nicht wusste, dass es nur Schau war. Seine Mutter hat’s mir heute erzählt. Sie sagte, dass er absolut harmlos ist. Er leidet bloß an dem zwanghaften Bedürfnis, sich wichtig zu machen, weil zwei seiner Cousins große Nummern bei der Camorra sind.« Er hob die Hände. »Ich nicht. Ich bin ein Cousin von der ehrlichen Fraktion. Genau wie Giulio. Nur, dass ich nicht so verrückt bin wie er. Höchstens ein bisschen bescheuert: Ich hätte mehr Familienkontakt halten sollen, dann hätte ich besser Bescheid gewusst.«
»Das, was du an Familienkontakt hattest, war schon zu viel«, wehrte Harry ab.
Fabio hörte nicht mehr zu, denn soeben schickte Isabel sich an, zu verschwinden. Er trat ihr eilig in den Weg. »Was hast du vor?«
»Ich gehe.«
»Wohin?«
»Nach Hause.«
»Du würdest dich da nur fürchterlich langweilen!«
»Das kannst du nicht beurteilen.«
»Hier hättest du eine Aufgabe!«
»Als was? Als Bügelmamsell?«
»Isabel … Ich würde auch ein Klavier anschaffen! Du könntest in der Bar spielen!«
»Vergiss es.« Sie ging um ihn herum und eilte davon.
Er blieb stehen und schaute ihr nach.
»Ein Klavier«, sagte Harry zweifelnd. »Alter, das ist vielleicht nicht gerade das beste Argument in so einer Situation!«
S ie war so wütend wie schon lange nicht mehr, als sie durch den Gang marschierte. Allzu schnell kam sie nicht voran, nicht mit den Schuhen. Sie hatte nicht widerstehen können, ihr neuestes und bestes Paar Manolo Blahniks anzuziehen. Zusammen mit dem Yves-Saint-Laurent-Kleid, das sie vor drei Monaten in Paris gekauft hatte. Nur, um es dieser Ziege Raphaela zu zeigen. Und allen anderen auch.
Schaut her, ich bin wieder ich! Nicht mehr diese naive kleine Küchenfee, die keine Ahnung hatte, wie man Pesto macht, und die sogar zu blöd zum Gemüseputzen war. Und die sich mal eben vom Chef des Hauses auf der Arbeitsplatte vernaschen ließ, nur weil sie irrtümlich der Meinung war, dass sie ein Paar waren.
Verflucht, wieso war sie überhaupt hergekommen? Weshalb tat sie sich das noch an? Die Story über Giulio, den Camorra-Killer, die Natascha ihr da aufgetischt hatte, war ihr zwar heute Nachmittag noch ziemlich bedrohlich vorgekommen, doch vorhin hatte sich schlagartig alles in Wohlgefallen aufgelöst.
Sie kam sich doppelt dämlich vor. Nicht nur, dass sie sich förmlich überschlagen hatte, die Polizei in Marsch zu setzen. Sie musste auch noch selbst hier auftauchen, um sich zu vergewissern, dass die – in Wahrheit nur eingebildete! – Gefahr gebannt war. Und sich dazu auch noch anziehen, als
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