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Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Titel: Der Mord an Harriet Krohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Fremder ist, und macht sich an ihre Aufgaben. Er grüßt sie und beobachtet sie interessiert, vielleicht will sie ja gerade den Fuchs holen. Das will sie nicht, sie holt das Fjordpferd. Sie legt ihm das Zaumzeug an und zieht es auf den Gang. Dann verschwindet sie und kehrt gleich darauf mit einem Sattel zurück. Charlo weiß, wieviel ein Sattel wiegt, aber sie trägt ihn mühelos auf einem Arm, das Zaumzeug in der anderen Hand. Sie haben Muskeln, diese Mädchen, nach Jahren auf dem Pferderücken, nach Tonnen von Pferdemist, den sie mit der Mistgabel aus den Boxen holen müssen. Schwerer, feuchter Pferdemist, zähe, ausdauernde Mädchen.
    »Schönes Fjordpferd«, sagt er, auch wenn er das gar nicht meint. Es ist zu wohlgenährt, ansonsten aber ansprechend, champagnerfarben, mit schöner schwarzweißer Mähne. Er mag Fjordpferde, aber nicht zum Reiten. Sie sind präzise in der Dressur, ihnen fehlt es jedoch an Eleganz, das Fjordpferd hat nun einmal so kurze Beine, denkt er und sieht die Reiterin an. Sie legt dem Pferd den Sattel auf, zieht den Gurt mit beeindruckender Kraft an und kratzt dann die Hufe aus. Ihr kleiner Hintern ragt in die Luft, straff unter der engen Reithose, und er mustert den runden Körper und die kräftigen Oberschenkel. So sollen sie aussehen, denkt er, straff und prall, wie neue Pflaumen. Aber immer, wenn er ein junges Mädchen sieht, vergleicht er es mit Julie. Nie findet er eine wie sie. Julie mit ihrem energischen Kinn und der roten Haarpracht. Julie mit dem entschlossenen grünen Blick.
    »Wie heißt er?« fragt Charlo, geht einige Schritte auf sie zu, er ist doch ein freundlicher Mann. Auch wenn er gerade erst getötet hat, auch, wenn er eben erst eine alte Frau totgeschlagen hat, findet er seine Stimme wieder, findet er die Freundlichkeit. Er kann mit Leuten reden, plaudern. Es macht ihm eine sonderbare Freude, daß er noch immer mit Menschen umgehen kann, als wäre nichts passiert. In diesem Moment schlüpft eine Katze in den Stall, gefolgt von einem Rottweilerwelpen, der findet irgendwelche Reste und macht sich gierig darüber her.
    »Schampus«, sagt sie und lächelt verlegen. Na, denkt er und kostet diesen Namen aus, das paßt doch hervorragend.
    »Weißt du etwas über den Fuchs?« Er schaut zu dem großen Pferd hinüber. Das läßt den Kopf aus der Box hängen und bettelt.
    Sie legt die Mähne des Fjordpferdes über den Stirnriemen und arrangiert sie nach allen Regeln der Kunst. »Der gehört Herrn Møller«, sagt sie und holt einen Besen. Fegt Sägespäne und Pferdemist aus dem Stallgang. Sie öffnet die Luke im Boden und fegt mit geübten Zügen.
    »Møller?« fragt Charlo.
    »Dem gehört das Zentrum.«
    Charlo nickt.
    »Ich wollte mich ja nur mal umschauen«, sagt er, wie um Entschuldigung zu bitten. »Der sieht gut aus. Das war eigentlich alles.«
    »Ja«, sagt sie und sieht ihn an, jetzt neugierig. »Der ist richtig toll. Aber er ist ganz schön schwierig im Umgang.«
    »Du hast ihn geritten?«
    Er tritt auf sie zu, dieses Gespräch gefällt ihm.
    »Ab und zu.« Sie stellt den Besen zurück. »Er ist eine schwere Maschine und braucht oft die Sporen. Aber er kann viel.«
    Er nickt, geht wieder zum Fuchs, streichelt sein Maul.
    »Alter? Weißt du das?«
    »Zehn«, sagt sie. »Ein Wallach.«
    Sie setzt ihren Helm auf. Zum Schluß streift sie eine Reflektorweste über.
    »Aber hier sind doch Pferde zu verkaufen?« fragt er jetzt. Sie zuckt mit den Schultern. »Das kommt vor«, sagt sie. »Aber dann müssen Sie mit Herrn Møller sprechen. Der füttert gerade da hinten im anderen Stall.«
    Charlo bedankt sich, geht einen steilen Hang hinunter, biegt um die Ecke und betritt den weiter unten gelegenen Stall. Auch dort stehen zehn Tiere. Viele davon sind kleine, fette Shetlandponies, für die hat er nicht sonderlich viel übrig. Niedlich, aber unberechenbar und stur wie Esel, denkt er. Aber nett für die jüngeren Mädchen. Ganz hinten im Stall stehen zwei schöne Tiere, ein Palamino und ein Pinto, der vielleicht ein bißchen klein geraten ist. In diesem Moment tritt ein Mann in die Tür und entdeckt ihn. Etwas an der Art, wie er sich bewegt, läßt Charlo annehmen, daß er den Besitzer vor sich hat. Der Mann ist kurz und breit, ein struppiger dunkler Pony fällt ihm in die Stirn. Sein Blick ist abwartend, er arbeitet weiter, ohne innezuhalten, ist erfüllt von seiner eigenen Ruhe. Ist zu Hause hier, zwischen den Tieren.
    »Sind Sie der Besitzer?«
    Charlo windet sich, kommt sich

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