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Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Titel: Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collins
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zurück. Ref 711
    »Augusta Nack«, verkündete der Gerichtsdiener. Ref 712
    Ein Raunen ging durch den Gerichtssaal, als sich die Seitentür öffnete.
    » Augusta Nack! «, rief der Gerichtsdiener über den Tumult hinweg, dann wurde die Hauptzeugin in den vollbesetzten Saal und durch das Labyrinth von Stühlen und Tischen geführt. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, schritt Mrs Nack an Thorn vorbei, nahm im Zeugenstand Platz und strich sich den Rock glatt. Sie war ganz in Schwarz gekleidet – schwarzes Kleid, schwarze Spitze, schwarzer Strohhut, schwarze Straußenfeder – mit eleganten apfelgrünen Borten und Seidenhandschuhen. Ein Reporter der Times beschrieb ihre Erscheinung naserümpfend als »ordinär und aufgeputzt«, wenn auch »beeindruckend und sinnlich«. Ref 713 Ref 714

    »Sagen Sie dem Gericht Ihren Namen«, begann der Staatsanwalt.
    »Mein Name ist Augusta Nack«, antwortete sie mit starkem Akzent und bestätigte, dass sie deutsche Einwanderin und die Ehefrau von Herman Nack war. Ref 715
    »Lebten Sie im Juni mit Herman Nack zusammen?« »Nein.« Mrs Nack errötete leicht.
    »Mit wem dann?«
    Thorn starrte sie von der Verteidigerbank aus an, den Blick so fest auf sie gerichtet, wie sie den ihren von ihm abgewandt hielt.
    »Mit William Guldensuppe.«
    »Wann wurden Sie mit Martin Thorn bekannt?«
    »Ich hatte eine Annonce für ein möbliertes Zimmer aufgegeben, und er kam und mietete es im Juni 1896 – bis Januar dieses Jahres, glaube ich.«
    Es hatte natürlich ein böses Ende genommen: Thorn hatte wegen Guldensuppe vier Tage im Krankenhaus verbringen müssen. Dann, sagte sie, fing Thorn an, sie zu besuchen, wenn Guldensuppe arbeitete.
    »Was trug sich zwischen Ihnen und Thorn zu?«
    Der Anflug eines Lächelns huschte über Thorns Gesicht, doch Mrs Nack vermied es weiterhin, ihn anzusehen.
    »Er wollte immer, dass ich Guldensuppe verlasse und mit ihm zusammenlebe. Ich weigerte mich.«
    »Warum?«
    »Ich sagte ihm bereits am ersten Abend, dass ich eine verheiratete Frau bin«, antwortete Mrs Nack ernsthaft. Im Zuschauerraum wurde gekichert, und sie fügte hinzu: »Er sagte ›Das stimmt doch nicht. Ich weiß, dass dein Mann in Astoria lebt.‹« Der Staatsanwalt griff eilends ein. »Nun zum März … Was sagte Mr Thorn da zu Ihnen bezüglich Guldensuppe?«
    »Ich sagte Thorn, dass ich nicht mit ihm zusammenleben
könnte, und gab ihm 20 Dollar. Ein paar Tage später wollte er mehr, aber ich sagte ihm, dass ich ihm nicht mehr geben könnte. Da…« Sie hielt kurz inne, dann ließ sie ihre Worte auf die entsetzte Zuschauermenge niederprasseln. »… sagte er: › Ich will kein Geld, ich will Guldensuppes Kopf .‹«
    Oben auf der Galerie gerieten die Menschen in Aufregung. Eine gebannte Zuschauerin hatte sich so weit über das Geländer gelehnt, dass sie beinahe vornüber hinuntergefallen wäre. Die Menschen beruhigten sich wieder, als der Staatsanwalt Mrs Nacks Erinnerungen vorantrieb. Ref 716
    »Wollte seinen Kopf?« Ref 717
    »Er wollte seinen Kopf.« Nack nickte. Sie geriet nun in Schwung; die Straußenfeder an ihrem Hut bebte bei jeder Gemütsregung. »Ich bekam Angst. Dann sagte er, er wolle Guldensuppe umbringen und seine Leiche in einer Truhe verschließen, die ich dann als Eilgut an ein Zimmer schicken sollte, das er mieten würde. Ich sagte: ›Das werde ich nicht tun.‹«
    »Fahren Sie fort.«
    »Ich sagte: ›Bring mich um.‹ Er sagte: ›Das wäre keine Genugtuung. ‹«
    Ihr Gesicht verfinsterte sich, während sie den Blick weiter von Thorn abgewandt hielt.
    »Eines Abends kam er in meine Wohnung und fragte: ›Liebst du mich?‹ Ich sagte: ›Du weißt, dass ich niemanden lieben kann.‹ Da packte er mich am Hals, hier«, sie deutete auf ihre Kehle, »und würgte mich, bis ich halb tot war und mir das Blut aus dem Mund lief.« Ref 718
    Mrs Nacks Schilderung zufolge kam ihr eine sonderbar passive Rolle in der Geschichte zu: Sie war ebenfalls ein Opfer gewesen.
    »Ich habe immer getan, was der Mann von mir verlangt hat, weil ich vor ihm Angst hatte«, fuhr sie fort. »Als das Haus gemietet war, sagte Thorn, dass ich Guldensuppe dort hinbringen
solle und er ihn töten würde. Ich musste alles tun, was der Mann mir sagte.«
    »Was haben Sie zu William Guldensuppe gesagt?«
    »Ich erzählte Guldensuppe, dass er mich in das Haus begleiten solle, in dem ich Kinder in Pflege nehmen würde.« Ref 719
    Einem Protest gleich begann in diesem Moment auf der Damengalerie ein Säugling zu

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