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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ich wünsche mir nichts so sehr wie ein Leben mit ihm.
Wissen Sie, was er eben gesagt hat? Er hat die Bibel
zitiert: ‹Tod, wo ist dein Stachel! Hölle, wo ist dein Sieg!›
Ich eile zu dir, und wenn die Welt voll Teufel wär – das
kam am Schluß.»
«Ich mag ihn», stellte Alvirah fest. «Ich kann aus einer
Stimme am Telefon genau heraushören, mit was für einem
Menschen ich es zu tun habe. Kommt er heute noch? Ich
möchte nicht, daß Sie sich aufregen oder sich das Ganze
ausreden lassen.»
«Nein. Er muß die Zehn-Uhr-Nachrichten moderieren.
Aber ich gehe jede Wette ein, daß er gleich morgen
losfährt.»
«Da müssen wir uns was überlegen. Je mehr Leute da
mitmischen, desto eher könnten Ned und Lillian den
Braten riechen.» Sie schaute aus dem Fenster. «Sehen Sie
mal, da kommt Willy. Heiliger Strohsack, er hat schon
wieder ein paar von den verdammten Makrelen geangelt.
Ich kriege davon Sodbrennen, aber das verrate ich ihm
nicht. Deshalb hab’ ich immer ein Magnesiumpräparat in
der Tasche.»
Sie öffnete ihm die Tür, und Willy stapfte
freudestrahlend herein. Voller Stolz zeigte er auf die
Angelrute, an der zwei einsame Makrelen baumelten. Sein
Lächeln erstarb beim Anblick von Alvirahs grellroten
Zotteln und dem purpurfarbenen Baumwollkleid, in dem
überall die quellenden Fettwülste sichtbar wurden. «Da
haut’s einen glatt um», kommentierte er. «Wieso haben
die jetzt auf einmal das Geld von der Lotterie
zurückverlangt?»
Um 19.30 Uhr, nach dem Abendessen, zu dem Alvirah
wohl oder übel Willys heutige magere Ausbeute
aufgetischt hatte, stellte sie Cynthia eine Tasse Tee hin.
«Sie haben keinen Bissen gegessen», sagte sie streng. «Sie
müssen aber was im Magen haben, sonst können Sie nicht
mehr klar denken. Na, haben Sie alles kapiert?»
Cynthia fingerte an der Anstecknadel. «Ich glaube
schon. Mir scheint alles klar zu sein.»
«Vergessen Sie nicht, zwischen den beiden ist unter der
Hand Geld verschoben worden. Mit welchem Dreh, ist mir
piepe, das kann man verfolgen. Wenn sie einwilligen, Sie
auszuzahlen, bieten Sie ihnen einen Tauschhandel an: Sie
gehen mit Ihrer Forderung runter und verlangen als
Gegenleistung, daß die beiden mit der vollen Wahrheit
rausrücken, also ein hieb- und stichfestes Geständnis.
Kapiert?»
«Kapiert.»
Um 19.50 Uhr fuhr Cynthia den kurvenreichen Weg
hinunter, mit Willy im Fond, der sich auf dem Boden
zusammengerollt hatte.
    Nach dem strahlend sonnigen Tag hatte es sich abends
bewölkt. Alvirah durchquerte das Haus und trat vor die
Hintertür. Wind fegte über die Bucht hinweg, peitschte die
aufschäumenden Wellen ans Ufer. In der Ferne hörte man
Donnergrollen. Die Temperatur war gesunken, plötzlich
herrschte im August herbstliche Kühle. Fröstelnd
überlegte sie, ob sie sich nebenan einen Pullover holen
sollte, ließ es dann aber doch. Falls jemand anrief, wollte
sie lieber an Ort und Stelle sein.
    Sie goß sich eine zweite Tasse Tee auf und setzte sich,
mit dem Rücken zur Haustür, an den Ecktisch, wo sie mit
dem ersten Entwurf für den Artikel begann, den sie sicher
bald an den New York Globe abschicken konnte. Cynthia
Lathem, die mit neunzehn Jahren zu zwölf Jahren
Gefängnis verurteilt wurde für einen Mord, den sie nicht
begangen hatte, kann jetzt ihre Unschuld beweisen.
    Hinter ihr sagte eine Stimme: «Nun, ich denke nicht, daß
es dazu kommen wird.», Alvirah wirbelte herum und
starrte fassungslos in das finstere, wütende Gesicht von
Ned Creighton.
    Cynthia wartete auf den Verandastufen vor Richards’
Villa. Durch die hübsche Mahagonitür hörte sie leisen
Glockenklang. Ihr kam der absurde Gedanke, daß sie ja
immer noch einen eigenen Hausschlüssel besaß, und sie
fragte sich, ob Lillian wohl das Schloß ausgewechselt
hatte.
    Die Tür öffnete sich. Lillian stand in der weiträumigen
Eingangshalle, die Tiffany-Deckenlampe hob ihre hohen
Backenknochen hervor, die großen blauen Augen, das
silberblonde Haar. Ein eisiger Schauer durchrann Cynthia
vom Scheitel bis zur Sohle. Lillian war in diesen zwölf
Jahren zum Ebenbild von Stuart Richards geworden.
Kleiner natürlich. Jünger, aber trotzdem äußerlich genauso
attraktiv wie er, nur in weiblicher Ausgabe. Und um die
Augen der gleiche Zug, der einen Hang zur Grausamkeit
andeutete.
    «Tritt ein, Cynthia.» Lillians Stimme hatte sich nicht
verändert. Klar, wohlerzogen, aber mit diesem vertrauten
scharfen, aufgebrachten Unterton, der typisch für

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