Der Mord zum Sonnntag
Genick zum
Schweigen, der ihn neben Tony zu Boden gehen ließ.
Lefty und Al scheuchten die zögernde Schwester
Cordelia mitsamt ihrer betagten Gefolgschaft auf den
sicheren Korridor. Höchste Zeit, Willy zu retten. Louies
Hand holte zum Schlag aus. Schwester Maeve zielte mit
der Waffe. Alvirah riß die Schranktür auf, während sie
lauthals brüllte: «Zimmerservice.»
Sammy stand neben Willy, bohrte ihm die Kanone ins
Genick.
«Raus mit euch», fauchte er. «Lassen Sie die Waffe
fallen, Lady.»
Maeve zögerte, gehorchte dann.
Sammy entsicherte den Revolver.
Er sitzt in der Falle, und er ist verzweifelt, dachte
Alvirah in panischer Aufregung. Er wird meinen Willy
umbringen. Sie zwang sich zu einem ruhigen Ton. «Ich
hab’ vor dem Hotel einen Wagen stehen», sagte sie zu
ihm. «Da sind zwei Millionen Dollar drin. Nehmen Sie
Willy und mich mit. Sie können das Geld überprüfen,
wegfahren und uns dann irgendwo rauslassen.» Sie wandte
sich an Louie und Maeve: «Versucht ja nicht, uns
aufzuhalten, damit er Willy nichts tut. Raus mit euch!» Sie
hielt den Atem an und fixierte Willys Aufseher, zwang
sich, ihrer Sache sicher zu erscheinen.
Sammy zögerte kurz. Alvirah sah, wie er seine Waffe
auf die Tür richtete. «Dort geht’s besser», fuhr er sie an.
«Bind ihm die Füße los, Lady.»
Gehorsam kniete sie sich hin und zerrte an den Knoten.
Als sie den letzten löste, blickte sie kurz auf. Die Waffe
war immer noch auf die Tür gerichtet. Alvirah erinnerte
sich, wie sie immer die Schulter unter das Klavier von
Mrs. O’Keefe geschoben und es hochgewuchtet hatte, um
den Teppich glattzuziehen. Eins, zwei, drei. Sie schnellte
in die Höhe wie ein Pfeil, rammte ihre Schulter in
Sammys Rechte. Als er die Waffe fallen ließ, drückte er
ab. Die Kugel ließ Farbbrocken aus der abblätternden
Decke spritzen.
Willy nahm mit seinen gefesselten Händen Sammy in
die Zange und umarmte ihn stürmisch, bis die anderen
zurückgerannt kamen.
Wie im Traum schaute Alvirah zu, als Lefty, Al und
Louie ihren Willy von sämtlichen Stricken befreiten und
dann die Entführer fest verschnürten. Sie hörte, wie Maeve
die 911 wählte und sagte:
«Officer Maeve O’Reilly, ich meine … Schwester
Maeve Marie meldet einen Fall von Kidnapping,
Mordversuch sowie Festnahme der Täter.»
Alvirah fühlte Willys Arme, die sie umschlossen. «He,
Schatz», flüsterte er.
Vor lauter Freude brachte sie kein Wort über die Lippen.
Sie blickten sich nur an. Sie betrachtete seine
blutunterlaufenen Augen, die Bartstoppeln, das glanzlose
Haar. Er musterte ihr grelles Makeup und das Sweatshirt
mit der albernen Aufschrift. «Du bist einfach großartig,
Liebling», erklärte er begeistert. «Tut mir leid, daß ich
aussehe wie einer von den Smith Brothers.»
Alvirah rieb ihre Wange an seiner. Die Tränen der
Erleichterung, die ihr in die Kehle stiegen, waren wie
weggeblasen, als sie zu lachen begann. «Ach,
Schätzchen», rief sie, «für mich wirst du immer wie Tip
O’Neill aussehen.»
DER BLINDE PASSAGIER
Carol fröstelte in ihrer rauchblauen Uniformjacke und
versuchte, ihr wachsendes Unbehagen zu ignorieren. Als
sie sich im Warteraum des Flugplatzes umsah, dachte sie,
daß die farbenfroh gewandeten Trachtenpuppen in den
Schaukästen einen unpassenden Hintergrund abgaben für
die finster dreinblickenden Polizisten, die vor ihnen
patrouillierten. Die Handvoll Passagiere standen dicht
beieinander, beobachteten sie mit haßerfüllten Augen.
Sie ging auf sie zu und hörte einen der Passagiere sagen:
«Die Verfolgungsjagd dauert zu lange. Das mißfällt den
Jagdhunden.» Er wandte sich an Carol: «Wie lange fliegen
Sie schon, Stewardeß?»
«Drei Jahre», erwiderte Carol.
«Auch dafür sehen Sie noch viel zu jung aus. Aber wenn
Sie erst mein Land vor der Besetzung gekannt hätten … In
diesem Raum herrschte immer so eine heitere Stimmung.
Als ich nach meinem letzten Besuch in die Staaten
zurückflog, gaben mir zwanzig Verwandte das Geleit.
Diesmal hat sich kein einziger hergewagt. Es ist nicht
ratsam, sich mit amerikanischen Angehörigen in der
Öffentlichkeit zu zeigen.»
Carol senkte die Stimme. «Heute sind so viel mehr
Polizisten hier als sonst. Wissen Sie, warum?»
«Ein Mitglied der Untergrundbewegung ist geflohen»,
flüsterte er. «Vor einer Stunde wurde er hier in der Nähe
gesichtet. Sie werden ihn sicher erwischen, aber das muß
ich hoffentlich nicht mit ansehen.»
«Wir gehen in fünfzehn Minuten
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