Der Mord zum Sonnntag
die Brüstung gelehnt, das Gleichgewicht
verloren und war dann hinuntergestürzt …»
Sie erinnerte sich – an den gemeinsamen Schmerz: Hand
in Hand hatten Ted und sie bei der Trauerfeier geweint.
Mit festem Griff hatte er sie gestützt, als sie, von
Schluchzen geschüttelt, zusammenzubrechen drohte. «Ich
weiß, Spatz. Ich weiß», tröstete er sie. In Teds Jacht waren
sie aufs Meer hinausgefahren, um Leilas Asche zu
verstreuen.
Und dann war nach zwei Wochen eine Augenzeugin
aufgetaucht und hatte unter Eid ausgesagt, sie habe
gesehen, wie Ted um 21 Uhr 31 Leila von der Terrasse
gestoßen habe.
«Ohne Ihre Aussage könnte die Verteidigung diese Sally
Ross als Zeugin in der Luft zerreißen», hörte sie William
Murphy sagen.
«Wie Sie wissen, ist sie nachweislich psychisch schwer
gestört. Bedauerlich, daß sie so lange gewartet hat, bis sie
mit ihrer Geschichte rausrückte. Die Tatsache, daß ihr
Psychiater nicht da war und sie es ihm zuerst sagen wollte,
erklärt das Ganze wenigstens halbwegs.»
«Ohne meine Aussage steht ihr Wort gegen Teds, und er
bestreitet, noch mal in Leilas Apartment gegangen zu
sein.» Als sie von der Augenzeugin erfahren hatte, war sie
außer sich geraten. Sie hatte Ted restlos vertraut, bis ihr
dieser William Murphy mitteilte, daß Ted strikt
ableugnete, in Leilas Apartment zurückgekehrt zu sein.
«Sie können beschwören, daß er dort war, daß sie sich
stritten, daß der Hörer um 21 Uhr 30 aufgeknallt wurde.
Sally Ross sah, daß Leila um 21 Uhr 31 von der Terrasse
gestoßen wurde. Teds Version, er habe Leilas Apartment
gegen zehn nach neun verlassen, um in sein eigenes zu
gehen, wo er telefonierte und dann ein Taxi nach
Connecticut nahm, hält nicht stand. Neben den Aussagen
von Ihnen und dieser Frau haben wir in dem Fall auch
noch starke Indizien. Sein zerkratztes Gesicht. Die von
ihm stammenden Hautfetzen unter Leilas Fingernägeln.
Die Blutspuren von ihr auf seinem Hemd. Die Aussage
des Taxifahrers, daß er leichenblaß war und zitterte – daß
er ihn kaum zu seinem Haus dirigieren konnte. Und
warum zum Teufel hat er sich nicht seinen eigenen
Chauffeur kommen lassen, damit er ihn nach Connecticut
fährt? Weil er in Panik war, darum! Er kann keinerlei
Beweis vorbringen, daß er irgend jemand telefonisch
erreicht hat. Und er hat ein Motiv – Leila hatte ihm den
Laufpaß gegeben. Aber über eins müssen Sie sich im
klaren sein: Die Verteidigung wird auf der Tatsache
herumreiten, daß Sie und Ted Winters nach Leilas Tod
eine so enge Beziehung hatten.»
«Wir beide liebten sie am meisten», entgegnete
Elizabeth leise.
«Oder wenigstens dachte ich das. Kann ich jetzt bitte
gehen?»
«Lassen wir’s dabei bewenden. Sie sehen wirklich
reichlich erschöpft aus. Das wird eine langwierige und
unerfreuliche Verhandlung. Versuchen Sie, sich in der
kommenden Woche etwas zu entspannen. Wissen Sie
schon, wo Sie die nächsten paar Tage verbringen wollen?»
«Ja. Baronin von Schreiber hat mich nach Cypress Point
Spa eingeladen.»
«Das ist doch hoffentlich nicht Ihr Ernst?»
«Warum sollte ich darüber Witze machen?»
Murphys Augen verengten sich. Sein Gesicht lief rot an,
und die Backenknochen traten plötzlich scharf hervor.
Offenbar mußte er sich beherrschen, um nicht
loszubrüllen. «Ich fürchte, Miss Lange, Sie unterschätzen
Ihren Stellenwert. Ohne Sie würde die andere Zeugin von
der Verteidigung abgeschmettert. Das heißt, durch Ihre
Aussage wird einer der vermögendsten, einflußreichsten
Männer dieses Landes für mindestens fünfzehn Jahre ins
Gefängnis wandern, und sogar für dreißig, wenn ich Mord
zweiten Grades durchkriege. Handelte es sich hier um
einen Mafia-Prozeß, hätte ich Sie bis zum Ende des
Verfahrens unter falschem Namen und mit Polizeischutz
in einem Hotel versteckt. Der Baron von Schreiber und
seine Frau mögen ja Freunde von Ihnen sein, aber genauso
von Ted Winters, für den sie in New York als Zeugen
auftreten werden. Und Sie beabsichtigen ernstlich,
ausgerechnet jetzt dorthin zu reisen?»
«Ich weiß, daß Min und ihr Mann als Leumundszeugen
für Ted aussagen», erwiderte Elizabeth. «Ihrer Meinung
nach ist er nicht fähig, einen Mord zu begehen. Ich wäre
der gleichen Ansicht, wenn ich ihn nicht mit eigenen
Ohren gehört hätte. Die beiden folgen ihrem Gewissen
und ich dem meinen. Wir alle handeln so, wie wir
müssen.»
Auf die Tirade, die Murphy nun losließ, war Elizabeth
nicht gefaßt. Seine
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