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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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den Verstand verloren. Anders läßt sich das nicht
ausdrücken. Und du wußtest es! Komm mir nicht damit,
daß du am nächsten Tag deine Uhr gestellt hast. Du warst
außer dir ihretwegen. Bist du so unfehlbar, daß du sie
nicht vielleicht doch falsch gestellt hast? Hattest du
während des Telefongesprächs mit Leila kurz vor ihrem
Tod fortwährend die Uhr im Auge? Betrachte Ted in den
nächsten paar Tagen als Menschen, nicht als Ungeheuer.
Denk daran, wie gut er zu Leila war.»
In Mins Gesicht spiegelte sich heftige Erregung. Ihre
leise, eindringliche Stimme verfehlte ihre Wirkung nicht.
Sie packte Elizabeth am Arm. «Du bist einer der
aufrichtigsten Menschen, die ich kenne. Schon als kleines
Mädchen hast du immer die Wahrheit gesagt. Kannst du
dich wirklich der Tatsache verschließen, daß Ted durch
deinen Irrtum den Rest seines Lebens im Gefängnis
schmachten wird?»
Melodischer Glockenschlag hallte durch den Raum. Es
war Zeit für das Dinner. Elizabeth packte Mins
Handgelenk und zwang sie, sie loszulassen.
Absurderweise fiel ihr dabei ein, wie Ted sich wenige
Minuten zuvor von Cheryl befreit hatte.
«Min, nächste Woche beginnt eine Jury darüber zu
befinden, wer die Wahrheit sagt. Du denkst, du kannst
alles dirigieren, aber diesmal liegt es außerhalb deiner
Einflußsphäre … Laß mir ein Taxi rufen.»
«Du darfst nicht wegfahren, Elizabeth!»
«Wieso nicht? Hast du eine Nummer, unter der ich
Sammy erreichen kann?»
«Nein.»
«Wann genau wird sie zurückerwartet?»
«Morgen abend nach dem Dinner.» Flehentlich ergriff
Min ihre Hände. «Ich bitte dich, Elizabeth.»
Elizabeth hörte, wie sich hinter ihr die Tür öffnete. Sie
fuhr herum. Helmut stand auf der Schwelle. Mit beiden
Händen umfaßte er ihre Arme – liebevoll, aber bestimmt.
«Hör zu, Elizabeth», begann er leise. «Ich habe versucht,
Min zu warnen. Sie hatte die verrückte Idee, wenn du Ted
siehst, würdest du an die glücklichen Zeiten denken,
würdest dich daran erinnern, wie sehr er Leila geliebt hat.
Ich habe sie beschworen, davon abzulassen. Ted ist
genauso empört und durcheinander wie du.»
«Kein Wunder. Würdest du mich bitte loslassen?»
Helmuts Stimme wurde besänftigend, bittend. «Nächste
Woche ist Labor Day, Elizabeth. Auf der Halbinsel
wimmelt’s von Touristen. Junge Leute vom College
wollen sich hier zu Hunderten noch einmal austoben,
bevor die Schule wieder anfängt. Du kannst die halbe
Nacht herumfahren, ohne ein freies Zimmer zu finden.
Bleib hier. Mach’s dir bequem. Sprich morgen abend mit
Sammy und geh dann weg, wenn du unbedingt mußt.»
Es stimmt, dachte Elizabeth. Carmel und Monterey
waren Ende August ein Mekka für Touristen.
«Elizabeth, bitte.» Min weinte. «Ich war eine Idiotin. Ich
dachte, ich glaubte, wenn du Ted einfach triffst … nicht
vor Gericht, sondern hier … Entschuldige.»
Elizabeth spürte, wie ihr Zorn verrauchte und lähmender
Leere wich, Min blieb eben Min. Unvermittelt fiel ihr eine
Episode aus längst vergangenen Zeiten ein. Damals hatte
Min die zögernde Leila zu Probeaufnahmen für den
Werbespot einer Kosmetikfirma geschickt und war
schließlich explodiert: «Jetzt hör mir mal zu, Leila, du
brauchst mir nicht zu sagen, daß sie dich nicht extra
aufgefordert haben. Geh gefälligst hin. Laß dich ja nicht
abwimmeln. Du bist genau der Typ, den sie suchen. Das
ist deine große Chance.»
Leila bekam den Job, und die Kosmetikfirma
beschäftigte sie in den folgenden drei Jahren als Modell
für ihre sämtlichen Werbespots. Elizabeth zuckte die
Achseln. «In welchem Speisesaal sitzt Ted?»
«Im Zypressensaal», entgegnete Helmut hoffnungsvoll.
«Syd? Cheryl?»
«Auch da.»
«Wo wollt ihr mich plazieren?»
«Ebenfalls bei uns. Aber die Gräfin läßt dich herzlich
grüßen und bittet dich an ihren Tisch im Pazifiksaal.»
«Also gut. Ich bleibe, bis ich Sammy gesprochen habe.»
Sie blickte Min streng an, die geradezu unterwürfig
reagierte. «Jetzt bin ich es, die dich warnt, Min», sagte sie.
«Ted ist der Mann, der meine Schwester getötet hat. Wage
ja keinen weiteren Versuch, irgendwelche ‹zufälligen›
Begegnungen zwischen ihm und mir zu arrangieren.»

10
    Vor fünf Jahren hatte Min den Versuch unternommen, die
vehementen Auseinandersetzungen zwischen Rauchern
und Nichtrauchern dadurch zu bereinigen, daß sie den
geräumigen Speisesaal durch eine Glaswand unterteilte.
Der Zypressensaal war ausschließlich Nichtrauchern
vorbehalten; im Pazifiksaal konnten Raucher ebenso wie

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