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Der Morgen der Trunkenheit

Der Morgen der Trunkenheit

Titel: Der Morgen der Trunkenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fattaneh Haj Seyed Javadi
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du ihn gesehen hast, ist dann Schluß mit dem Gezeter?«
    Meine Mutter grub ihre Fingernägel in die Wange: »Wai, Nozhat, möge Gott mir nicht verzeihen, was sagst du denn da?«
    Nozhat fuhr, ohne auf meine Mutter zu achten, fort: »Wenn du ihn gesehen hast, ist dann Schluß mit dem Gezeter? Gibt es dann keinen Krach mehr?«
    »Nein, erst dann, wenn er mir gefällt, ist Schluß damit. Wenn nicht, fängt wahrscheinlich das Gezeter mit euch und dem Herrn Papa erst richtig an.«
    Zwei Tage später stand ich gegen Mittag auf und frühstückte. Ich dachte überhaupt nicht mehr an den Schreiner an der Ecke. Als ob er seinen Reiz verloren hätte. Meine Mutter rief mich: »Komm, Mahbub Djan, laß uns den Tisch decken.«
    An jenem Abend erwartete mein Vater Gäste.
    Tisch decken, Blumen arrangieren und das Ausschmücken des Empfangszimmers gehörten zu den wenigen Aufgaben, die ich zu erledigen hatte, und all das hatte ich sehr gut von meiner Mutter gelernt. Sie selbst hatte es sich unter der Aufsicht einer ausländischen Lehrerin angeeignet. Unser Haushalt war einer der wenigen, in dem diese Formalitäten mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit beachtet wurden. Meine Mutter, die für ihren guten Geschmack und als vorbildliche Hausfrau berühmt war, sagte, während sie gerade diehübsch verzierten Porzellanteller auf dem Tisch verteilte – das Silberbesteck hielt ich in Händen – unvermittelt: »Donnerstagabend mußt du Nozhat besuchen gehen.«
    »Weshalb?«
    »Bah, guten Morgen! Weshalb? Deshalb, weil der arme Nassir Chan eine Männergesellschaft arrangiert hat, zu der auch der Sohn von Herrn Ata-od-Doule eingeladen ist, damit Werteste den Bräutigam sehen kann.«
    Nassir Chan war der Mann meiner Schwester. Ich starrte meine Mutter an und sagte: »Wartet doch erst einmal ab, ob ich seiner Mutter und Schwester gefallen habe, und trefft dann die Vereinbarungen. Im Haus der Braut wird gefeiert, aber in dem des Bräutigams rührt sich nichts.«
    »Was das Gefallen betrifft, so hast du ihnen gefallen. Sie haben uns eine Nachricht geschickt und erwarten eine Antwort. Dein Vater hat geantwortet, daß sie uns etwas Bedenkzeit lassen sollten. Zunächst wolle man mit dem Mädchen sprechen. Die Ärmsten haben es akzeptiert. Außerdem hat ihnen die Fortschrittlichkeit deines Vaters sehr gefallen.«
    Voller Angst fragte ich: »Muß ich am Donnerstag auch in das Gästezimmer gehen?«
    »Nein, Djanam, wo denkst du hin? Du und Nozhat, ihr könnt von hinter der Tür zuschauen. Da muß man doch nicht hineingehen. Es ist doch keine Frauengesellschaft.«
    Ohne ein Wort begann ich den Tisch zu decken. Ein paar Minuten vergingen. Meine Mutter sagte: »Mahbub, willst du nicht auf einen Sprung bei deiner Schwester vorbeischauen?«
    »Weshalb denn? Hat sie noch was anderes mit mir zu bereden?«
    »Nein, Djanam, es gibt nichts, aber ich glaube, daß du sie gekränkt hast. Geh hin und mach es wieder gut.«
    »Sie gekränkt? Warum denn?«
    »Am Tag der Brautschau bist du sehr hart zu ihr gewesen. Beim Gehen sagte sie, Mahbube weiß gar nicht, was sich für eine Jüngere gehört.«
    Beschämt erwiderte ich: »Wai, wie empfindlich. Nun gut, Mama, am Donnerstag, an dem ich sie besuchen gehe, werde ich es wieder gutmachen.«
    »Nein, du mußt gleich heute gehen. Wenn du am Donnerstaggehst, wird sie sagen, du seist wegen des Freiers gekommen, nicht ihretwegen.«
    Lustlos antwortete ich: »Also gut, ich gehe heute hin, nach dem Mittagessen.«
    Seit dem Mittag waren ein, zwei Stunden vergangen. Ich zog mir den Tschador und die Pumphosen über und legte den Gesichtsschleier an, ging in das Zimmer meiner Mutter und sagte: »Mutter, soll ich jetzt gehen?«
    »Zu dieser Tageszeit? Jetzt schlafen doch alle. Mach ein Nickerchen und geh dann.«
    »Nein, Mama, ich gehe jetzt, damit ich abends zurück bin. Sonst behalten sie mich dort. Ich habe noch tausend Dinge zu erledigen.«
    »Aber dein Vater ist doch unterwegs, mit der Kutsche. Vor ein, zwei Stunden wird er nicht zurückkehren.«
    »Wozu brauche ich eine Kutsche? Bei so schönem Wetter? Es ist doch nicht weit, ich werde zu Fuß gehen.«
    »Dann geh nicht allein. Nimm deine Amme mit.«
    »Ach, Mama, die Amme macht soviel Getue. Es würde bis zur Dämmerung dauern, ehe wir ankämen. Jetzt ist doch niemand auf der Straße. Ich gehe allein.«
    Meine Mutter sagte, ermattet von der Schwangerschaft, schläfrig und sorglos: »Wie kommst du zurück? Vielleicht gerätst du in die Dunkelheit.«
    »Ich werde mit der

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