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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Amerikanerin gewesen, die ihre Familie verlassen hatte, als die Mädchen noch ganz klein waren. Während der letzten Jahre hatte Laila in einer Bank gearbeitet und machte sich, wie ich hörte, recht ordentlich.
    Lailas arabische Abstammung war unverkennbar – das sinnliche Gesicht, die etwas zu sehr vorspringende Nase, die aber genau zu ihr paßte, der weite Mund mit den vollen Lippen und die funkelnden, braunen Augen … Kein Wunder, daß diese Menschen so leidenschaftlich sind, wenn sie solche Gesichter haben. Ja, Laila war wirklich ein Juwel, eine halb arabische Stute mit gerade genug amerikanischem Blut, um ihr zu einer passablen Körpergröße und diesen herrlichen Schenkeln zu verhelfen. Ich hätte gern gewußt, ob zwischen ihr und Ahmed etwas lief. Und dann begann Laila, ›Salz zu streuen‹, wie die Araber sagen. Sie drehte sich langsam auf dem Ballen eines bloßen Fußes, wobei zu jedem Trommelschlag die Hüfte leicht zuckte. Wenn an ihrer pulsenden Hüfte ein Säckchen mit Salz befestigt gewesen wäre, hätte sie einen Kreis aus Salz auf dem Boden um sich gezogen. Es ist eine enorm stimulierende und anmutige Bewegung – und keineswegs mühsam. Wenn ich zu Hard Rock tanze, mache ich manchmal das gleiche.
    Als Laila ihren Tanz beendet und die Tanzfläche verlassen hatte, als der Applaus langsam verklungen war, wandte ich mich wieder zu Ahmed. »Ist das eine Frau, Ahmed! Hast du sie noch nicht gefragt, ob sie dich nicht heiraten will?«
    »Nein, ich habe kein Interesse.« Ahmed schüttelte den Kopf. Er neigte sich über den Tisch und nahm einen Schluck Wein, bevor er fortfuhr: »Es gibt da gewisse Gerüchte, Bumper. Angeblich soll Laila auf den Strich gehen.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht.« Ich erinnerte mich, daß sie früher im Lokal bedient hatte, als Teenager. Damals war es ihr ziemlich schwergefallen, ihren Lippenstift ordentlich aufzutragen.
    »Sie hat ihren Job bei der Bank schon vor über einem Jahr aufgegeben. Dann hat sie angefangen, professionell zu tanzen. Sie war schon immer völlig unberechenbar, auch als kleines Kind. Ich denke oft an die Zeit zurück, als sie drei Jahre alt war und ihre Onkel und Tanten ihr das Tanzen beibrachten. Sie war das hübscheste kleine Ding, das man sich nur vorstellen kann – eine richtig aufgeweckte, freche, kleine Person.«
    »Woher willst du denn wissen, daß sie auf den Strich geht?«
    »Ach, in diesem Geschäft weiß man so ziemlich alles über die Tänzerinnen«, meinte Ahmed. »Dazu kommt noch, daß sie eine von den wenigen Bauchtänzerinnen ist, die echte Araberinnen sind – beziehungsweise Halbaraberinnen. Ich meine, sie treibt's nicht mit jedem, aber wenn so ein Kerl die entsprechende Summe auf den Tisch blättert, sagt sie nicht nein. Soviel ich gehört habe, nimmt sie zweihundert für eine Nacht.«
    »Laila hatte ja bisher auch ein ganz schön hartes Leben, Ahmed«, redete ich ihm gut zu. »Sie mußte schon von klein auf für ihre Schwestern sorgen. Und sie selbst konnte nie so richtig ein Kind sein.«
    »Ich mache ihr ja auch gar keinen Vorwurf, Bumper. Ich meine – was soll's? Schließlich bin ich Amerikaner. Ich bin nicht so wie die Männer, die sich am Morgen nach der Hochzeit vergewissern wollen, ob auch wirklich Blut auf dem Laken ist. Aber andrerseits kann ich auch nicht einfach so darüber hinwegsehen, daß sie es für Geld macht. So amerikanisiert bin ich nun auch wieder nicht. Ich habe natürlich früher mit dem Gedanken gespielt, wenn Laila in das Alter käme … Aber jetzt ist es leider zu spät. Es ist wirklich schade, daß ich in den letzten Jahren so verdammt viel arbeiten mußte. Ich habe mich zuwenig um sie gekümmert, und jetzt … Nun, vorbei ist vorbei, was soll ich mir deswegen noch lang Gedanken machen?«
    Ahmed bestellte mir noch einen Drink und entschuldigte sich dann. Er wollte jedoch gleich wieder zurückkommen. Ganz plötzlich fühlte ich mich ziemlich deprimiert und niedergeschlagen. Ich war mir nicht sicher, ob der Auslöser dafür das Gespräch über Laila gewesen war oder sonst irgend etwas. Jedenfalls mußte ich ständig daran denken, wie sie sich an diese reichen Hollywood-Geier verkaufte. Und dann dachte ich an Freddie und Harry, an Poochie und Herky und an Timothy G. und – verdammt noch mal – an Landry. Aber daran zu denken, war noch wesentlich unerfreulicher. Und dann mußte ich ganz plötzlich ohne ersichtlichen Grund an Esteban Segovia denken, und wie ich mir Sorgen gemacht hatte, daß er

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