Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
Vom Netzwerk:
tatsächlich Priester werden würde, wie er es beabsichtigt hatte, sobald er aus Vietnam heimkehren würde, während ich mir doch dauernd gewünscht hätte, er möchte Zahnarzt werden. Dieser tote junge Bursche war etwa in Lailas Alter gewesen, als er eingezogen worden war. Kinder … Niemand sollte schon als Kind sterben müssen.
    Laß gut sein, Bumper, sagte ich mir, krach dir jetzt lieber mal die Hucke voll. Wohin soll das denn sonst noch führen? Obwohl ich schon alles mögliche durcheinander getrunken hatte und bereits ziemlich voll war, bestellte ich bei Barbara noch einen doppelten Scotch on the rocks.
    Nach meinem dritten Scotch hörte ich plötzlich eine süße Stimme an meinem Ohr. »Hallo, Bumper.«
    »Laila!« Ich unternahm einen halbherzigen Versuch, aufzustehen, während sie sich an meinen Tisch setzte. In ihrem schlichten weißen Kleid und dem zusammengebundenen Haar, das ihr seitlich herabhing, wirkte sie sehr elegant und unnahbar. Ihr Gesicht und ihre Arme leuchteten in einem goldenen Bronzeton.
    »Ahmed hat mir gesagt, daß du hier bist, Bumper.« Sie lächelte mich an. Allen emanzipierten Frauen zum Trotz gab ich ihr Feuer und winkte Barbara an unseren Tisch.
    »Darf ich dich zu einem Drink einladen, Laila?« fragte ich sie. »Ist schon toll, zu was für einer großartigen Frau du dich entwickelt hast.«
    Sie bestellte einen Bourbon mit Soda, und ich wußte, daß ich kurz vor dem Punkt stand, wo ich endgültig hinüber sein würde. Daher nahm ich mir vor, es bei dem Glas Scotch, das ich eben noch in meiner Hand hielt, bewenden zu lassen.
    »Ich war doch das letztemal, als du mich gesehen hast, auch schon erwachsen, Bumper.« Sie mußte über meine Bemühungen, einen nüchternen Eindruck zu erwecken, nur grinsen. »Aber schließlich wissen es alle Männer besser zu schätzen, daß man eine Frau ist, wenn man mit dem nackten Bauch vor ihnen herumwackelt.«
    Ich mußte an das denken, was Ahmed mir über sie erzählt hatte, und stellte fest, daß mich diese Vorstellung keineswegs so störte wie Ahmed. Mir tat es eher leid, daß sie so etwas tun mußte – oder daß sie dachte, sie müßte so etwas tun.
    »Willst du damit vielleicht sagen, dieser glatte, kleine Bauch hätte sich nur für den guten alten Bumper so hübsch bewegt?« versuchte ich sie wie eh und je zu necken, obwohl mein Kopf nicht mehr richtig mitmachte.
    »Aber sicher, nur für dich. Bist du denn nicht der Held dieser ganzen verdammten Familie?«
    »Na, und wie gefällt es dir denn, mit der Tanzerei deinen Lebensunterhalt zu verdienen?«
    »Es ist genauso unangenehm, wie man es sich vorstellt.«
    »Und warum machst du es dann?«
    »Hast du schon jemals versucht, zwei Schwestern mit dem Gehalt einer Bankangestellten zu unterstützen?«
    »Quatsch«, sagte ich etwas zu laut. »Erzähl mir doch keinen Blödsinn! Eine Frau wie du, die würde doch jeden reichen Kerl kriegen, den sie wollte.«
    »Falsch, Bumper. Ich könnte vielleicht mit jedem reichen Schnösel ins Bett steigen, mit dem ich wollte – und mich dafür noch verdammt gut bezahlen lassen.«
    »Wieso mußt du eigentlich so daherreden, Laila?«
    »Ach, du alter Brummbär!« Sie lachte, als ich mir das Gesicht rieb, in dem ich absolut kein Gefühl mehr hatte. »Ich weiß doch ganz genau, daß Ahmed dir erzählt hat, ich sei eine Nutte. Diese Araber könnten deshalb vor Scham fast im Boden versinken. Du weißt ja, wie empfindlich sie auf diesem Gebiet sind. Yasser hat kürzlich sogar eine Andeutung gemacht, ich sollte vielleicht meinen Namen ändern, da ich nun ins Showbusineß eingestiegen bin. Hammad klingt zu gewöhnlich, meinte er. Vielleicht einen etwas amerikanischeren Namen. Diese Kerle sind ungefähr so feinfühlig wie der Stiefel, mit dem man in den Arsch getreten wird. Wie wär's denn vielleicht mit Feinberg oder Goldstein, Bumper? Wie fändest du das? Ich könnte wetten, daß sie absolut nichts dagegen hätten, wenn ich mich Laila Feinberg nennen würde. Das würde den anderen Arabern klarmachen, weshalb ich eine Hure bin, oder nicht? Sie könnten das Gerücht in die Welt setzen, meine Mutter wäre eine Jüdin gewesen.«
    »Warum zum Teufel erzählst du mir das alles?« Ich spürte, wie plötzlich Wut in mir aufstieg. »Geh doch zu einem von diesen Pfaffen oder Psychoheinis, oder geh in diese verdammte Moschee und sprich mit dem Propheten! Ich habe mir heute schon genug Probleme anhören dürfen. Mir langt es wirklich, und jetzt kommst du noch mit deinem Kram

Weitere Kostenlose Bücher