Der müde Bulle
Engelmacher gehen?«
»Eine Abtreibung?« Sie lachte. »Nein, nein, ich glaube, wenn man einen Fehler gemacht hat, dann sollte man die Sache bis zum bitteren Ende durchstehen. So einfach will ich es mir nicht machen. Ich wurde als Araberin erzogen, und so etwas legt man nicht so schnell ab.«
»Hast du denn wenigstens genügend Geld?«
»Ich habe dreizehntausend Dollar auf meinem Konto. Ich werde dir eine Vollmacht ausstellen lassen, daß du darüber verfügen kannst. Sieh bitte zu, daß die Mädchen den Sommer einigermaßen überstehen. Wenn alles klappt, komme ich vielleicht schon zu Silvester zurück. Dann veranstalten wir eine Party – nur mit dir und mir und der besten Flasche Scotch, die man kaufen kann.«
»Aber wirst denn auch du genügend zum Leben haben?« fragte ich, wohl wissend, woher sie die dreizehntausend hatte.
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen, Bumper. Es wird schon reichen.«
»Jetzt hör mal zu. Erzähl mir bloß keine Märchen. Ich möchte mit dieser Sache nichts zu tun haben, wenn du gedenkst, in irgendeiner fremden Stadt auf den Strich zu gehen, während du bereits ein Kind im Bauch hast.«
»Nein, darauf würde ich es bestimmt nicht ankommen lassen.« Sie sah mir tief in die Augen. »Das schwöre ich dir. Ich habe noch genug auf einem anderen Konto, so daß ich bis zu meiner Niederkunft ganz gut leben kann. Ich werde dir meine Bankauszüge zeigen. Und ich kann es mir sogar leisten, das Kind in einem guten Krankenhaus zur Welt zu bringen. Wenn ich will, sogar in einem Privatzimmer.«
»Na, wunderbar!« Mir war leicht schwindlig, als ich aufstand. Für einen Augenblick stand ich einfach nur da, um dann ins Wohnzimmer zu schlurfen und es mir auf der Couch bequem zu machen. Mir fiel auf, daß der rote Schlauch von Lailas Wasserpfeife nicht aufgewickelt war.
Diese Pfeifen sind wunderbare Zierstücke, die jedoch erst funktionieren, wenn man alle Anschlußstellen gut abdichtet, wie Laila das getan hatte. Ich rauchte mit Yasser öfter mit Minze versetzten türkischen Tabak. Laila dagegen rauchte Haschisch. Neben der Wasserpfeife stand ein kleines Schächtelchen mit einer schwarzweißen Einlegearbeit. Der Deckel stand offen, und es war bis zur Hälfte mit Haschisch gefüllt – mit hochwertigem, teurem, lederartigem Haschisch, das in flache, dunkle Platten gepreßt war.
Laila ließ mich allein zurück und räumte den Küchentisch ab. Sollten das noch Zufälle sein? Erst der Entschluß, bei der Polizei aufzuhören. Und nachdem ich Cassie von meiner Entscheidung erzählt hatte, schien alles in Ordnung zu sein. Und dann erklärt mir Cassie plötzlich, sie möchte ein Kind! Und dann machen ein paar so halbwüchsige Möchtegern-Bolschewiken einen kompletten Idioten aus mir. Was für eine Blamage! Und dann diese Sache mit dem Meineid. Ich kam mir vor, als drückte jemand seine Zigarren an meiner Mageninnenwand aus, und mein Bauch war so hart und aufgedunsen, daß ich meine Knie nur sehen konnte, wenn ich mich kerzengerade aufsetzte. Aber zumindest hatte ich ein Buchmacherbüro ausgehoben, wenn ich dabei auch fast in der Taubenscheiße verreckt wäre.
»Das war vielleicht ein Tag«, murmelte ich, als Laila ins Wohnzimmer kam und sich zu mir auf die Couch setzte.
»Tut mir leid, daß ich dich jetzt auch noch mit meinen Problemen behelligen mußte, Bumper.«
»Nein, nein, sag das nicht. Ich werde das schon hinkriegen. Ich werde dir schon helfen.«
Ohne etwas zu sagen, stand sie auf und setzte sich neben mich auf den Boden. Ihre Augen schimmerten feucht, und ich will doch verdammt sein, wenn sie mir nicht tatsächlich die Hand küßte!
Darauf erhob sie sich wieder, zog mir ohne ein Wort die Schuhe aus und hob meine Beine auf die Couch. Ich kam mir vor wie ein gestrandetes Walroß und fühlte mich inzwischen sogar wieder stärker betrunken. Ich bekam es richtig mit der Angst zu tun, alles könnte sich zu drehen beginnen, so daß ich wieder zu sprechen anfing. »Das war wirklich ein schlimmer Tag.«
»Erzähl mir doch, was alles passiert ist, Bumper.« Laila saß nun wieder neben mir auf dem Fußboden und legte mir ihre kühle Hand auf meine heiße Stirn, während ich mir den Gürtel löste. Mir war absolut klar, daß ich mich in dieser Nacht nicht mehr vom Fleck rühren, geschweige denn aufstehen und meinen Wagen nach Hause fahren konnte. Ich kuschelte mich so lange zurecht, bis meine wunde Schulter die richtige Lage gefunden hatte.
»Deine Hände und dein Gesicht sind zerschnitten, und du
Weitere Kostenlose Bücher