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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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und dann unter die Dusche steckten, um mir das Blut abzuwaschen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich mich an den Wasserhähnen festklammerte und meinen Kopf in ein Waschbecken steckte, um mich vor ihren Schlägen zu schützen. Aber sie schlugen erbarmungslos auf meine Arme und Rippen und auf die Nieren und den Hinterkopf ein. Das war das erstemal, daß ich mir die Nase gebrochen habe.«
    Laila streichelte immer noch mein Gesicht und hörte mir zu. Ihre Hände fühlten sich kühl und angenehm an.
    »Daraufhin wurde ich vors Kriegsgericht gestellt, und nachdem die beiden M.P.s ausgesagt hatten, rückte mein Verteidiger mit einer ganzen Schwadron von Zeugen an, die sich für meine Zuverlässigkeit und meinen ansonsten untadeligen Lebenswandel verbürgten. Darunter waren sogar ein paar Zivilpersonen, Frauen von Marinesoldaten, die in der Nähe gewohnt hatten, als ich noch mit Billy und Verna zusammengelebt hatte. Sie alle erzählten von mir und von Billy, und wie ungewöhnlich begabt er gewesen wäre. Dann sagte der Arzt, der mich in der Arrestzelle behandelt hatte, zu meinen Gunsten aus. Er erklärte, daß ich mich zum Zeitpunkt der Schlägerei in einem höchst labilen psychischen Zustand befunden hätte und für meine Taten nicht verantwortlich gemacht werden könnte – und das, obwohl er keinerlei psychologische Ausbildung hatte. Jedenfalls kam mein Verteidiger damit durch, und ich mußte nicht sitzen. Ich wurde lediglich degradiert. Ist es eigentlich sehr heiß hier drinnen, Laila?«
    »Nein, Bumper.« Sie streichelte mir mit der Rückseite ihrer Hand die Wange.
    »Na ja, jedenfalls habe ich dann im Frühjahr 50 meinen Abschied genommen und bin, nachdem ich erst noch ein Jahr verbummelt habe, zur Polizei gegangen.«
    »Warum bist du damals ausgerechnet Polizist geworden?«
    »Ich weiß auch nicht. Ich war ein guter Kämpfer. Das war vermutlich der Grund. Als es in Korea dann losging, wollte ich mich schon wieder zum Corps melden, aber dann las ich irgendwo den Satz: ›Polizisten sind Soldaten, die selbständig handeln.‹ Und das einzige, was mir am Militär eigentlich nicht gefallen hat, war die Tatsache, daß man dort nie was auf eigene Faust tun konnte. Und als Polizist durfte ich das tun. Also wurde ich Polizist.«
    »Hast du nie wieder etwas von Verna gehört?« fragte mich Laila ruhig, und plötzlich spürte ich, wie mir kalt wurde und wie ich zu zittern begann.
    »Etwa sechs Jahre, nachdem ich zur Polizei gegangen war, bekam ich einen Brief von einem Anwalt in Joplin. Ich habe keine Ahnung, wie der Kerl meine Adresse herausgekriegt hat. Jedenfalls teilte er mir mit, sie hätte die Scheidung eingereicht, und danach schickte er mir die Scheidungsurkunde zu. Ich bezahlte sein Honorar und schickte ihr noch etwa fünfhundert Dollar, um ihr den Anfang zu erleichtern. Ich hatte immer gehofft, sie würde einen fleißigen Kerl kennenlernen und mit dem eine eigene Farm aufbauen. Sie war eine Frau, die nichts auf eigene Faust unternehmen konnte. Sie brauchte jemanden, den sie lieben konnte, und dann würde sie natürlich entsprechend leiden, wenn ihr jemand die geliebte Person wegnahm oder diese aus eigenen Stücken von ihr fortging. Sie hatte nie gelernt, in dieser Welt allein zu leiden. Ich fand nie heraus, was eigentlich aus ihr geworden ist. Und ich habe mich auch gar nicht bemüht, das rauszukriegen, weil ich Angst davor hatte, erfahren zu müssen, daß sie vielleicht wieder zu saufen angefangen hatte oder auf den Strich ging oder sonst irgendwie in der Gosse gelandet war.«
    »Bumper?«
    »Ja?«
    »Bitte, nimm heute nacht mein Bett. Dusch dich, und dann schlaf in meinem Bett. Du bist ja ganz naßgeschwitzt. Du wirst dich nur erkälten, wenn du hier auf der Couch schläfst.«
    »Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Du hättest mal sehen sollen, wo ich schon überall geschlafen habe. Gib mir nur eine Decke.«
    »Bitte, Bumper.«
    Sie versuchte, mich hochzuheben, was mich fast zum Lachen gebracht hätte. Sie war zwar ein kräftiges Mädchen, aber keine Frau würde Bumper Morgan hochheben, und schon gar nicht mit dem Wanst, den ich mir an diesem Abend mit gutem Essen und Alkohol vollgeschlagen hatte.
    »Also gut«, brummte ich und stellte fest, daß ich gar nicht mehr so betrunken war, als ich aufstand. Ich wankte in Lailas Schlafzimmer, wo ich mich auszog, und dann nahm ich im Bad eine Dusche. Am Ende stellte ich das Wasser auf kalt. Als ich fertig war, trocknete ich mich in ihrem Badetuch ab, das nach Frau roch,

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